OGH 12Os85/05z

OGH12Os85/05z15.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Popelka als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef Z***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Februar 2005, GZ 022 Hv 3/05b-15, nach Anhörung der Generalprokuratur zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagte fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Josef Z***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB (I.) und des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien

I. in wiederholten Angriffen zu nicht mehr feststellbaren Zeiten zwischen Jänner 2003 und dem 9. August 2003 sich von der Ö***** Ö***** GmbH anvertraute Güter im Wert von mehr als (richtig) 50.000 EUR, nämlich den Verkaufserlös für Autobahnvignetten von 67.507,51 EUR sowie Autobahnvignetten im Wert von 31.714,96 EUR mit dem (gemeint) Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung zugeeignet;

II. am 9. August 2003 den zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten der Bundespolizeidirektion Wien, Inspektor M***** und Revierinspektor S*****, die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung dadurch wissentlich vorgetäuscht, dass er angab, ein unbekannt gebliebener Täter habe ihn in der von ihm gepachteten Agip-Tankstelle am selben Tag gegen 22.45 Uhr durch Versetzen von Schlägen 5.000 EUR Bargeld und ca 1.000 Autobahnvignetten abgenötigt.

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Die eine unvollständige Begründung der Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz (I.) reklamierende Mängelrüge (Z 5) verfehlt ihr Ziel. Mit Bereicherungsvorsatz (§ 133 Abs 1 StGB) handelt, wer zum Zeitpunkt der Zueignungshandlung sein Vermögen (oder das eines Dritten) zumindest zeitweilig um die anvertraute Sache oder ihren wirtschaftlichen Wert unrechtmäßig vermehren will; die Zueignung des anvertrauten Gutes muss keineswegs für immer intendiert sein. Ein Handeln mit Bereicherungstendenz liegt daher jedenfalls schon darin, dass eine anvertraute Sache (hier die Einnahmen aus dem Vignettenverkauf) rechtswidrig für einen erheblichen Zeitraum in das Vermögen des Täters (oder eines anderen) überführt werden soll, ohne dass hiefür ein von der Rechtsordnung gebilligter Grund vorliegt. Ein auf spätere Zurückerstattung veruntreuter Geldbeträge gerichteter Täterwille steht daher als bloßes, für den Schuldspruch irrelevantes Vorhaben einer künftigen Schadensgutmachung der Annahme eines Bereicherungsvorsatzes nicht entgegen (vgl Mayerhofer StGB5 § 133 E 81 f; 12 Os 191/78; 9 Os 80/82).

Nach den - unbekämpft gebliebenen - erstgerichtlichen Urteilsannahmen waren die dem Angeklagten von der Ö***** Aktiengesellschaft (Ö*****) anvertrauten Erlöse aus dem Kommissionsverkauf von Autobahnvignetten, die er sich durch Verwendung für eigene Zwecke zueignete, monatlich abzurechnen und an die Ö***** abzuführen (US 5 ff, 11). Sämtliche vom Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt eines von ihm behaupteten beabsichtigten Zahlungsausgleiches unterjährig nicht gemeldeter Verkaufserlöse zum Jahresende relevierten Verfahrensergebnisse zu einer entsprechenden, bereits in den Vorjahren von ihm geübten - im Übrigen nach den (mängelfreien) Urteilsannahmen (US 11 f) von Seiten der Ö***** keineswegs tolerierten - Zahlungsgebarung betreffen daher bloß das für die Frage des Bereicherungsvorsatzes irrelevante, auf zukünftige Schadensgutmachung gerichtete innere Vorhaben, das unter dem Aspekt der Urteilsnichtigkeit nicht erörterungsbedürftig ist. Gleiches gilt für die in der Beschwerde unter Behauptung eines - den Bereicherungsvorsatz ausschließenden - präsenten Deckungsfonds ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse zur Ersatzfähigkeit des Angeklagten. Denn einem solchen kommt nur dann entscheidende Bedeutung zu, wenn der Täter im Zeitpunkt der Zueignung zum sofortigen oder jedenfalls unverzüglichen vollständigen Ersatz willens und fähig ist (vgl Mayerhofer aaO § 133 E 87; Kienapfel BT II3 § 133 Rz 88; Leukauf/Steininger Komm3 § 133 RN 25). Nach den Urteilsannahmen hat der Angeklagte in den einzelnen Abrechnungszeiträumen tatsächlich erzielte Verkaufserlöse durch Unterlassung der gebotenen Meldung gegenüber der Ö***** verheimlicht (US 6 f) und diente der fingierte Raubüberfall (II.) ausschließlich dem Zweck, die Veruntreuung der Geldbeträge gegenüber dem genannten Unternehmen zu verschleiern (US 13), sodass schon ein Ersatzwille des Angeklagten zu den jeweiligen Tatzeitpunkten nicht vorgelegen ist (vgl SSt 46/14).

Hinzu kommt, dass nach den eigenen Einlassungen des Angeklagten die relevierten Zahlungseingänge anlässlich der Beendigung des mit Ende August 2003 gekündigten Tankstellenpachtvertrages tataktuell in der Betriebsgebarung nicht präsent waren (vgl S 255, 275), der vom Angeklagten vorgebrachte Bankabbuchungsauftrag über rund 70.000 EUR (S 327) bloß eine nicht unter Beweis gestellte Behauptung ist, und - von der Beschwerde übergangen - ersichtlich nicht effektuiert wurde. Die gegen den Schuldspruch Punkt II. gerichtete Tatsachenrüge (Z 5a) vermag, indem sie mit eigenständigen, teils spekulativen Erwägungen die Plausibilität der erstgerichtlichen Annahme einer Selbstverletzung bestreitet, auf der Aktengrundlage keine erheblichen Bedenken gegen die entscheidungsrelevanten Feststellungen des Schöffengerichtes (US 12 ff) hervorzurufen.

Die gegen den Schuldspruch I. gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie unter dem Prätext von mit Beziehung auf die bereits in der Mängelrüge relevierten Verfahrensergebnisse - überdies ohne Darlegung der rechtlichen Relevanz der damit angesprochenen Umstände für den Schuldspruch - behaupteten Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite den festgestellten Bereicherungsvorsatz (US 7) bestreitet und damit den gebotenen Vergleich des Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz unterlässt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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