Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Einbringlichkeit der Zollschuld - Bürgschaftshaftung
1. 1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die im Revisionsverfahren des zweiten Rechtsgangs noch bedeutsamen Fakten des Zigarettenschmuggels auf das rumänische Transportunternehmen beziehen. Dazu wurde bereits im ersten Rechtsgang festgestellt, dass die bescheidmäßig vorgeschriebenen Zollschulden uneinbringlich blieben. Auch in diesem Kontext sprach der Oberste Gerichtshofs in der im ersten Rechtsgang erlassenen Entscheidung vom 27. 5. 2003 (1 Ob 40/03v = SZ 2003/61) aus, die Behörden müssten, bevor sie sich an den bürgenden Verband wenden, lediglich dann Zahlung vom "unmittelbar haftenden" Zollschuldner verlangen, wenn es ihnen möglich ist, die Person und deren Aufenthalt durch zumutbare Erhebungen zu ermitteln. Es wäre - wegen der festgestellten Uneinbringlichkeit der Zollschulden - Aufgabe der beklagten Partei gewesen, darzutun, auf welche einfache Weise es der klagenden Partei rasch möglich gewesen wäre, die bestehende Abgabenschuld durch Maßnahmen gegen die unmittelbaren Zollschuldner hereinzubringen. Die beklagte Partei hätte ferner konkret vorbringen müssen, auf Grund welcher bestimmten Vollstreckungsübereinkommen Abgabenschulden gegen alle in den Anlassfällen maßgebenden Abgabenschuldner möglich gewesen wären. Soweit solche Abkommen existieren sollten, hätte sie zudem behaupten und beweisen müssen, dass Exekutionsmaßnahmen gegen die unmittelbaren Abgabenschuldner angesichts deren Einkommens- und Vermögenslage und der Vollstreckungspraxis im jeweils in Betracht kommenden Staat innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeitspanne mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich gewesen wären.
Diese Erwägungen in der Vorentscheidung beruhen auf der dort begründeten Ansicht, die beklagte Partei hafte als für die Zollschulden bürgender Verband - nach Art 8 Abs 7 TIR iVm den im Bürgschaftsvertrag getroffenen, auch nationalem Recht unterliegenden Vereinbarungen - nicht als Bürge und Zahler, sondern im Rahmen einer gemeinen Bürgschaft, bei der dem Bürgen bloß die Einwendung der Vorausmahnung des Hauptschuldners zu Gebote stehe. Eine Ausfallsbürgschaft liege jedenfalls nicht vor.
1. 2. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften (EuGH) gelangt die beklagte Partei zum Ergebnis, es kämen die „Fahrer ... primär als Schuldner der Zollschuld ohne Rücksicht auf deren Wissen über den Einfuhrschmuggel in Betracht". Deshalb hätte die klagende Partei zuerst die „Fahrer", die „für die Zollbehörde identifiziert" gewesen seien, als Hauptschuldner in Anspruch nehmen müssen. Als Stütze dafür beruft sich die beklagte Partei nunmehr auch auf das im Akt erliegende, am 14. 1. 2005 zur AZ 8 Hv 12/02t ergangene und seit diesem Tag „rechtskräftige" Strafurteil des Landesgerichts Eisenstadt. Sie übergeht allerdings die dort getroffene Feststellung, dass die „unmittelbaren Kraftfahrer" des rumänischen Transportunternehmens, die für den im Revisionsverfahren des zweiten Rechtsgangs noch maßgebenden Zigarettenschmuggel verantwortlich waren, „nicht ausgeforscht werden konnten". Sie unterstellt daher auch unzutreffend, der strafgerichtlich Verurteilte sei „einer der ... Fahrer" des rumänischen Transportunternehmens gewesen. Verurteilt wurde vielmehr eine Person, die am Zigarettenschmuggel jedenfalls nicht als Fahrer beteiligt war, und in Ansehung deren die beklagte Partei in der Revision behauptet, es sei „im bisherigen Verfahren nicht bekannt" gewesen, ob gegen sie „ein Verfahren ... anhängig" sei. Wäre daher die auf das erörterte Strafurteil gestützte Argumentation der beklagten Partei, die klagende Partei hätte die identifizierten „Fahrer" des rumänischen Transportunternehmens als Hauptschuldner in Anspruch nehmen können, nicht als eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung (Schluss der Verhandlung erster Instanz im zweiten Rechtsgang 9. 7. 2004) unbeachtlich, so wäre sie gerade durch das ins Treffen geführte Urteil widerlegt.
1. 3. Nach den Ausführungen unter 1. 1. hielt der erkennende Senat die Voraussetzungen für eine subsidiäre Inanspruchnahme der beklagten Partei als bürgendem Verband für Zollschulden, die gegenüber den Hauptschuldnern uneinbringlich waren, bereits im ersten Rechtsgang für verwirklicht. Hätte es sich dabei um einen abschließend erledigten Streitpunkt gehandelt, so hätte dieser nach dem ergangenen Aufhebungsbeschluss im fortgesetzten Verfahren erster Instanz nicht mehr aufgerollt werden können (siehe allgemein dazu Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 511 ZPO Rz 1 f mN aus der Rsp). Da die beklagte Partei indes gar nicht versuchte, diesen Streitpunkt neuerlich aufzurollen, weil sie insofern im fortgesetzten Verfahren keinerlei Vorbringen erstattete, kann dahingestellt bleiben, ob auf ein Vorbringen zur möglichen Inanspruchnahme bestimmter „Fahrer" als Hauptschuldner Bedacht zu nehmen gewesen wäre.
1. 4. Zu der von der beklagten Partei vermissten Inanspruchnahme der „Fahrer" als Zollschuldner sei überdies noch Folgendes angemerkt:
Die beklagte Partei hätte als bürgender Verband nach dem auch auf nationalem Recht beruhenden, sie bindenden Bürgschaftsvertrag gemäß § 1356 ABGB auch dann „zuerst belangt werden" können, „wenn der Hauptschuldner ... zur Zeit, als die Zahlung geleistet werden sollte, unbekannten Aufenthaltes" gewesen wäre (Näheres dazu bei P. Bydlinski in KBB § 1356 Rz 1, 3 f; Gamerith in Rummel, ABGB³ § 1356 Rz 1, 4, 8). Diese Rechtsfolge müsste umso mehr in einem Fall eingreifen, in dem die Hauptschuldner, die nach Ansicht der beklagten Partei „primär" in Anspruch zu nehmen gewesen wären, nicht hätten ausgeforscht werden können. Angesichts dessen ließe sich der Standpunkt der beklagten Partei jedenfalls nicht erfolgreich auf die in der Revision ins Treffen geführte Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen vom 28. 12. 2004 (TRANS/WP.30/2005/6) stützen, wird doch dort unter RNr 44 der Einfluss des auf Bürgschaftsverträge jeweils anzuwendenden nationalen Rechts erörtert und unter RNr 45 klargestellt, dass der Grad der Subsidiarität der Haftung bürgender Verbände nach dem TIR-Abkommen wegen der bei dessen Anwendung bestehenden Ungewissheit und Uneinheitlichkeit deutlicher zum Ausdruck gebracht werden sollte. Diesem Dokument ist ferner nicht zu entnehmen, dass die Inanspruchnahme der subsidiären Haftung bürgender Verbände als Ergebnis einer angestrebten Änderung des Abkommens bestimmte, konkret umschriebene Maßnahmen zur Ausforschung unbekannt gebliebener Zoll(haupt)schuldner über einen bestimmten Zeitraum voraussetzen soll. Im erörterten Kontext wäre daher - entgegen der Ansicht der beklagten Partei - auch der Vorschlag der EU-Kommission im informellen und vertraulichen Dokument Nr 1 des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen vom 17. 5. 2005 über eine Änderung der Art 8 und 11 des TIR-Abkommens, ferner aber auch der Bericht des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen vom 13. 6. 2005 (TRANS/WP.30/2005/24) irrelevant.
1. 5. Zur Frage nach den Hauptschuldnern von Zollschulden ist im noch zu beurteilenden Rahmen abschließend anzumerken, dass für den Obersten Gerichtshof nicht zu erkennen ist, dass das Berufungsgericht die Urteile des EuGH in den Rechtssachen C-414/02 (Spedition Ulustrans gg Finanzlandesdirektion für Oberösterreich) und C-238/02 , C-246/02 (Hauptzollamt Hamburg-Stadt gg Kazimieras Viluckas/Ricardas Jonusas) als Voraussetzung der Zulässigkeit der Revision in unvertretbarer Weise ausgelegt hätte (siehe dazu Zechner aaO § 502 ZPO Rz 40 mN aus der Rsp).
Nach allen bisherigen Erwägungen besteht somit kein Anlass, ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH - einer Anregung in der Revision entsprechend - einzuleiten. Entgegen der Ansicht der beklagten Partei mangelt es auch an einer Rechtsänderung, die im zweiten Rechtsgang für eine unterschiedliche Beurteilung deren Haftung als bürgender Verband ausschlaggebend sein könnte.
2. Abgangszollamt - Annahme Carnet TIR
2. 1. Der erkennende Senat legte den Art 8 Abs 4 iVm Art 3 TIR im ersten Rechtsgang dahin aus, dass die Haftung der bürgenden Verbände nach dem TIR-Verfahren gegenüber den Zollbehörden der Transitländer, durch die die Waren mit einem Carnet TIR befördert werden, mit der jeweiligen Einfuhr der Waren in diese Länder beginnt. Diese Haftung setze demnach „die Annahme des Carnet TIR durch eine Abgangszollstelle nicht voraus".
2. 2. Die beklagte Partei beruft sich nunmehr auf das als „vertraulich!" bezeichnete „informelle Dokument Nr 22 (2002)" des TIR-Verwaltungsausschusses vom 5. 6. 2002 und auf die RNr 41-43 des Dokuments TRANS/WP.30/AC.2/2003/9 dieses Ausschusses, in deren Wortlaut auch der Inhalt des informellen Dokuments Nr 22 eingeflossen sein soll, als Stütze für ihren Standpunkt, der Oberste Gerichtshof sei wegen dieser Änderung der Rechtslage nicht mehr an seine im ersten Rechtsgang ausgesprochene Rechtsansicht gebunden. Diese Dokumente seien deshalb erst im Berufungsverfahren des zweiten Rechtsgangs vorgelegt worden, weil sie der beklagten Partei vorher nicht zur Verfügung gestanden seien.
Dass ein informelles und vertrauliches Dokument des TIR-Verwaltungsausschusses keine Änderung des materiellen Rechts indiziert, die für den im Revisionsverfahren des zweiten Rechtsgangs noch betroffenen Teil des Klagebegehrens ausschlaggebend sein könnte, bedarf als Selbstverständlichkeit keiner weiteren Begründung. Es lässt sich aber auch aus den RNr 41-43 des Dokuments TRANS/WP.30/AC.2/2003/9 retrospektiv nichts ableiten, was die innerprozessuale Bindung des Obersten Gerichtshofs gemäß § 511 Abs 1 ZPO (siehe dazu Zechner aaO § 511 ZPO Rz 5 f, 8 f mN aus der Rsp) an die im ersten Rechtsgang über die Voraussetzungen der Haftung der beklagten Partei als bürgender Verband ausgesprochene Rechtsansicht beseitigen könnte. Ungeachtet der Frage nach dem Wesen dieses Dokuments als Rechtsquelle unter Bedachtnahme auf die Aufgaben des TIR-Verwaltungsausschusses nach Art 1a der Anlage 8 zum TIR-Abkommen folgt aus ihm nur, dass die Beratungen über die Anwendbarkeit der „TIR-Garantie" im Fall einer durch Fälschung vorgetäuschten Annahme eines gültigen Carnet TIR durch das Abgangszollamt fortgesetzt wurden, dieser Missbrauch mit allen den Zollbehörden verfügbaren Mitteln auszumerzen sei und der Ausschuss deshalb beschlossen habe, die Vertragsparteien etwa über die „falsche Annahme" eines Carnet TIR durch das Abgangszollamt - gemeint dürfte eine durch Fälschungen vorgetäuschte Annahme sein - zu informieren und diese an ihre Verpflichtungen auf Grund des TIR-Abkommens zu erinnern. Aus diesem Dokument ist somit nicht ableitbar, in welcher Weise sich der angesprochene Missbrauch auf die Haftung eines bürgenden Verbands gegenüber dem Rechtsträger der Zollbehörden eines Transitlandes auswirken soll, finden sich doch jene Passagen aus dem „informellen Dokument Nr 22 (2002)" des TIR-Verwaltungsausschusses vom 5. 6. 2002, auf die sich die beklagte Partei nunmehr beruft, nicht in den RNr 41-43 des Dokuments TRANS/WP.30/AC.2/2003/9.
2. 3. Auch aus den erst am 14. 5. 2005 in Kraft getretenen Änderungen des TIR-Abkommens (BGBl III 2005/68) lässt sich retrospektiv - entgegen der Ansicht der beklagten Partei - nichts ableiten, was die Selbstbindung des Obersten Gerichtshofs an die im ersten Rechtsgang geäußerte Rechtsansicht zur Haftung der bürgenden Verbände durchbrechen könnte.
Aus dem von der beklagten Partei der Revision beigelegten Rechtsgutachten eines Mitarbeiters der IRU, des Zusammenschlusses der bürgenden Verbände der Vertragsstaaten des TIR-Abkommens als Verein, folgt, dass der Gutachter die vom Obersten Gerichtshof im ersten Rechtsgang zur Haftung der bürgenden Verbände vertretene Ansicht nicht teilt. Das kann indes an dessen innerprozessualen Bindung an die im ersten Rechtsgang erläuterte Sicht der Rechtslage gemäß § 511 Abs 1 ZPO gleichfalls nichts ändern. Es ist allerdings nach den maßgebenden Feststellungen in Erinnerung zu rufen, dass „die LKW in Rumänien unter Aufsicht der rumänischen Zollbehörde legal mit Zigaretten beladen und von Zollbeamten bis zur Staatsgrenze eskortiert worden waren", der ungarischen Zollbehörde als erster Durchgangszollstelle jedoch gefälschte Carnets TIR präsentiert wurden. Insofern war bereits im ersten Rechtsgang gesichert, dass jedenfalls nicht rumänische Zollbeamte eine nach den Bestimmungen des TIR-Abkommens illegale Zollabfertigung unter Annahme von Carnets TIR vornahmen. Soweit daher unter Punkt II. 2. 1. der Entscheidung 1 Ob 40/03v - möglicherweise etwas missverständlich - die Rede davon ist, der Oberste Gerichtshof unterstelle „den folgenden Erörterungen nicht, das rumänische Abgangszollamt habe Carnets TIR angenommen und eine Verplombung der LKW deshalb vorgenommen", bezieht sich das im erörterten Kontext auf die Frage nach einer Verplombung auf Grund der der ungarischen Durchgangszollstelle präsentierten gefälschten Carnets TIR. Diese Sicht wird auch durch Punkt II. 2. 5. jener Entscheidung getragen. In diesem Sinn ist somit der Ausspruch zu verstehen, dass die Haftung der bürgenden Verbände die Annahme des (Anm: einer Durchgangszollstelle präsentierten) Carnet TIR durch die Abgangszollstelle nicht voraussetzt. Es ist daher - entgegen der Ansicht der beklagten Partei - nicht davon auszugehen, dass „kein Abgangszollamt" eingeschritten wäre.
3. Ausschluss von Personen vom TIR-Transport
In der Revision wird - im Licht bestimmter nunmehr behaupteter Tatsachen - die Ansicht verfochten, die österreichische Zollbehörde hätte einen Ausschluss des rumänischen Transportunternehmens vom TIR-Verfahren in die Wege leiten müssen, jedoch keine „Maßnahmen zur Verhinderung weiterer betrügerischer Handlungen" ergriffen. Diese Ausführungen beruhen auf im Rechtsmittelverfahren unzulässigen Neuerungen. Für diese Beurteilung ist nicht maßgebend, ob der beklagten Partei die am 3. 3. 1995 angenommene „Resolution Nr 49 der UNECE Arbeitsgruppe für Zollfragen betreffend Transport", die sie der Berufung im zweiten Rechtsgang beischloss, bereits vor Schluss der Verhandlung erster Instanz im zweiten Rechtsgang zur Verfügung stand.
4. Ergebnis
Nach allen bisherigen Erwägungen hängt die Entscheidung über die Revision der beklagten Partei nicht von der Lösung einer erhebliche Rechtsfrage ab. Deren Rechtsmittel ist somit, ohne dass es dafür einer weiteren Begründung bedarf, zurückzuweisen.
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