Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 499,39 (darin enthalten EUR 83,23 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Heinz G***** wurde am 6. 11. 1999 beim Einstieg in den von der Beklagten betriebenen Vierersessellift „Rettenbachjoch" schwer verletzt. Die Klägerin ist obligatorischer Unfallversicherer im Sinne des schweizerischen Unfallversicherungsgesetzes (UVG) und erbrachte aufgrund dieses Unfalls Leistungen über CHF 44.932,65 (EUR 30.327,119 an Taggeld und Heilungskosten.
Mit ihrer am 5. 6. 2001 überreichten Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten Zahlung von S 100.265,50 (EUR 7.286,58) sA. Ihr stehe nach Art 41 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung das Rückgriffrecht gegenüber einem haftpflichtigen Dritten hinsichtlich der erbrachten Leistungen zu. Die Beklagte hafte aus dem Titel des Schadenersatzes und nach dem EKHG, weil der Liftwart den Lift zu spät angehalten habe, nachdem sich fünf Personen zum gleichzeitigen Einstieg in den Vierersessel aufgestellt hatten. Aus Vorsichtsgründen werde derzeit nur ein Viertel der Aufwendungen eingeklagt, wobei eine Ausdehnung ausdrücklich vorbehalten werde.
Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, den Versicherungsnehmer der Klägerin treffe das Alleinverschulden am Unfall; dieser sei für sie unabwendbar gewesen.
In der Tagsatzung vom 14. 5. 2003 erklärte die Klägerin ausdrücklich, sich ein Mitverschulden ihres Versicherungsnehmers von 50 % anrechnen zu lassen und dehnte gleichzeitig das Klagebegehren auf EUR 15.163,55 aus.
Die Beklagte sprach sich gegen die Ausdehnung des Klagebegehrens und wendete bezüglich des „erhöhten Klagebegehrens" Verjährung ein.
Das Erstgericht ließ mit einem in das Ersturteil aufgenommenen Beschluss die Klagsänderung - unbekämpft - zu und gab dem Klagebegehren im Umfang von EUR 7.286,58 statt. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wies es ab.
Es ging im Wesentlichen davon aus, dass den Liftbediensteten der Beklagten, für dessen Verschulden sie einzustehen habe, ein geringfügiges, mit einem Viertel zu bemessendes Verschulden am Unfall des Versicherungsnehmers der Klägerin treffe, weshalb sie von der Beklagten den Ersatz von einem Viertel der von ihr getätigten Aufwendungen ersetzt begehren könne; das über das ursprünglich in der Klage geltend gemachte Begehren hinausgehende Begehren sei verjährt, weil es erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist geltend gemacht worden sei.
Der Zuspruch von EUR 1.821,64 blieb unbekämpft. Das von der Beklagten hinsichtlich eines Zuspruchs von EUR 5.464,94 angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Es bejahte vorerst (nach Wiedergabe der bezughabenden Bestimmungen des schweizerischen Bundesgesetzes über die Unfallversicherung bzw des Bundesgesetzes über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts) ausdrücklich die nach schweizerischem Recht zu beurteilende Aktivlegitimation der Klägerin und führte weiter aus, vertragliche (Art 4 Abs 2 EVÜ) Ansprüche und Schadenersatzansprüche (§ 48 Abs 1 IPRG), die aus dem vom Versicherungsnehmer der Klägerin erlittenen Unfall in dem von der Beklagten betriebenen Schigebiet in Sölden abgeleitet würden, seien nach österreichischem Recht zu beurteilen.
Gemäß § 1489 ABGB sei jede Entschädigungsklage in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt worden sei. Für die Verjährung des durch die Legalzession erworbenen Anspruchs gelte diejenige Verjährungsvorschrift, der der zivilrechtliche Anspruch des Verletzten unterliege; für den Anspruch des Legalzessionars laufe keine eigene Verjährung, ausgenommen wenn der Verletzte im Zeitpunkt der Legalzession noch keine Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen gehabt habe.
Ein Verstoß gegen § 405 ZPO liege nicht vor. Aus § 406 Satz 1 ZPO sei abzuleiten, dass die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung für die Entscheidung maßgeblich sei. Daher müssten bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz alle anspruchsbegründenden Tatsachen und auch alle Prozessvoraussetzungen gegeben sein. Für die rechtliche Beurteilung sei daher im Allgemeinen der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung maßgebend. Für das Bestehen eines Anspruchs als Voraussetzung der Verurteilung sei daher der Stand zur Zeit der Fällung der Entscheidung und nicht jener der Klagseinbringung maßgebend.
Die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ein 50 %-iges Mitverschulden ihres Versicherungsnehmers eingeräumt und dementsprechend ihr Begehren auf die Hälfte der erbrachten Leistungen ausgedehnt. Bei Annahme einer Haftung der Beklagten von 25 % werde das Urteilsbegehren daher nicht überschritten, wenn sich der Zuspruch innerhalb von 25 % der Gesamtaufwendungen der Beklagten bewege.
Gemäß § 1497 werde die Verjährung einer Forderung durch Einbringung der Klage innerhalb der Verjährungsfrist unterbrochen. Für eine Unterbrechung der Verjährung sei nur das tatsächlich und eindeutig erhobene Klagebegehren zu berücksichtigen; dabei werde der geltend gemachte Anspruch durch den Urteilsantrag umschrieben, der bei Geldschulden ziffernmäßig genau bestimmt sein müsse. Bei teilbaren Forderungen unterbreche die Teilklage nur die Verjährung des eingeklagten Teils, soweit nicht auch die Feststellung des Ganzen begehrt werde. Der nunmehr zugesprochene Betrag entspreche exakt jenem Betrag, der von der Klägerin innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist geltend gemacht worden sei, weshalb diesbezüglich eine Unterbrechung der Verjährung gemäß § 1497 ABGB eingetreten sei. Der Umstand, dass die Klägerin vorerst kein Mitverschulden ihres Versicherungsnehmers eingeräumt habe, sondern erst in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung schade nicht, auch wenn bis zur ausdrücklichen Einräumung eines Mitverschuldens das ursprüngliche Begehren um die Mithaftungsquote des Versicherungsnehmers der Kläger zu kürzen gewesen wäre. Bereits mit der Klagsführung sei der anspruchsbegründende Sachverhalt, nämlich der Unfall beim Besteigen des Schiliftes der Beklagten am 6. 11. 1999, vorgebracht und zu dem geltend gemacht worden, dass der Klägerin eben aus diesem Unfallereignis ein Anspruch in Höhe des Klagsbetrages zustehe. Daran habe sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nichts geändert. Die ausdrückliche Einräumung eines Mitverschuldens stelle weder eine Klagsausdehnung noch -änderung dar, sondern lediglich eine Präzisierung, weil der in der Klage geltend gemachte Anspruch auch schon zu dieser Zeit und vor Ablauf der Verjährungsfrist in voller Höhe der Klägerin zugestanden sei.
Das Berufungsgericht gab schließlich teilweise wörtlich die Entscheidung 2 Ob 286/99y wieder und vertrat zusammenfassend die Ansicht, das von der Klägerin in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung ausdrücklich eingeräumte Mitverschulden wirke auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung zurück, weshalb der schon mit der Klage geltend gemachte und nunmehr zugesprochene Betrag nicht noch um die Mitverschuldensquote des Versicherungsnehmers der Klägerin wegen Verjährung zu kürzen sei.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage, ob die Einräumung eines Mitverschuldens bei Teileinklagung auch nach Ablauf der Verjährungsfrist noch mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung nachgetragen werden könne und somit eine auch nur teilweise Verjährung der mit der Klage geltend gemachten Forderung nicht eintrete, bislang nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen worden sei und dieser Frage im Hinblick auf die bei Schadenersatzprozessen immer wieder vorkommende Teileinklagung bei erst später ausdrücklicher Einräumung eines Mitverschuldens über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass sie lediglich zur Zahlung von EUR 1.821,64 verurteilt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin macht im Wesentlichen geltend, nach stRspr sei bei bloßer Teileinklagung ohne ausdrückliche Einräumung eines Mitverschuldens lediglich der gerichtlich geltend gemachte Betrag maßgeblich; dieser schließlich unter Bedachtnahme auf das Mitverschulden (bzw Mithaftung) entsprechend zu teilen.
Dazu ist aber vorweg auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes, die auch die Aspekte des internationalen Privatrechtes behandelte, zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Ergänzend ist noch anzumerken.
Nach der Rechtsprechung darf bei einer nur teilweisen Geltendmachung eines eingetretenen Schadens ohne ausdrückliche oder zumindest erschließbare Einräumung eines Mitverschuldens oder Mithaftung über das Begehren des Klägers nicht hinausgegangen werden. In diesem Fall ist nicht die entsprechende Quote des Gesamtschadens zuzuerkennen, sondern der eingeklagte Teilschaden als Gesamtanspruch zu betrachten und um die Mitverschuldensquote zu kürzen. Eine entgegen diesem Grundsatz dennoch vorgenommene Bemessung des Ersatzbetrages verstößt gegen § 405 ZPO (RIS-Justiz RS0027184; 2 Ob 81/00; 2 Ob 323/98h; Danzl/Gutiérrez-Lobos/Müller, Schmerzengeld8 210; Fucik in Fasching/Konecny2 III § 405 ZPO Rz 36).
Abgesehen davon, das ein allenfalls dem Erstgericht unterlaufener Verstoß gegen § 405 ZPO nur eine bloße Mangelhaftigkeit begründet, die nur im Berufungsverfahren, nicht aber im Revisionsverfahren geltend werden kann, ist noch anzufügen, dass der erkennende Senat bereits in der Entscheidung 2 Ob 97/95 = JUS Extra Z 2024 festgehalten hat, der Grundsatz des Verbots des Zuspruchs über das eingeklagte Begehren bei mangelnder Einräumung eines Mitverschuldens komme dann nicht zur Anwendung, wenn sich der Kläger im Laufe des Verfahrens ein Mitverschulden anrechnen lasse; in diesem Fall sei ihm ein der Mitverschuldensquote entsprechender Anteil des Gesamtschadens zuzusprechen. Es schade auch nicht, wenn das Mitverschulden nur „vorerst" eingeräumt werde; ein Kläger sei auch nicht verhalten, auf den nicht eingeklagten Rest des Gesamtschadens zu verzichten, um den Zuspruch des der Mitverschuldensquote entsprechenden Anteil des Gesamtschadens zu erhalten. Es komme darauf an, ob ein Kläger bei seiner Prozessführung auf eine Mitverschuldensquote Bedacht genommen habe.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin „aus Vorsichtsgründen unter Vorbehalt der Ausdehnung" vorerst lediglich ein Viertel des (der Höhe nach außer Streit gestellten) Gesamtschadens gerichtlich geltend gemacht. In der Folge hat sie sich ausdrücklich ein 50 %-iges Mitverschulden des verletzten Versicherten anrechnen lassen. Sie hat somit ihr Vorbringen in der Klage lediglich präzisiert und bei der Prozessführung auf ein Mitverschulden Bedacht genommen. Dass dies erst nach Ablauf der Verjährungsfrist des weiteren Gesamtschadens erfolgte, schadet nicht, weil maßgeblicher Zeitpunkt der Schluss der Verhandlung erster Instanz ist. Zu diesem Zeitpunkt lag jedenfalls eine ausdrückliche Einräumung eines Mitverschuldens vor. Dazu wäre eine unklare Erklärung, ob auf ein Mitverschulden Bedacht genommen wurde oder nicht, ohnehin erörterungsbedürftig (Fucik in Fasching/Konecny² aaO).
Der Zuspruch des infolge Klageeinbringung nicht verjährten Teils der Gesamtforderung erfolgte ohne Rechtsirrtum.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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