OGH 9Ob53/05t

OGH9Ob53/05t24.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate K*****, vertreten durch Dr. Klaus Gürtler und Dr. Matthias Lüth, Rechtsanwälte in Hall in Tirol, gegen die beklagte Partei Josef S*****, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 43.000 sA infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. August 2005, GZ 2 R 164/05t-26, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 17. Mai 2005, GZ 15 Cg 137/04f-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass den Erblasser eine „sittliche Pflicht" iSd § 785 Abs 3 ABGB getroffen hat, den Beklagten wegen dessen langjähriger und aufwendiger - über seine Verpflichtungen nach § 137 Abs 2 ABGB hinausgehender - Unterstützung angemessene unentgeltliche Zuwendungen aus seinem Vermögen zu gewähren (vgl nur 1 Ob 46/01y). Zu Unrecht vermeint der Revisionswerber unter Berufung auf den Gesetzestext, es komme nicht in Betracht, dass eine Schenkung nur anteilsmäßig als in Entsprechung einer sittlichen Pflicht erbracht bei der Berechnung des Schenkungspflichtteils unberücksichtigt zu bleiben habe. Angesichts des erkennbaren Gesetzeszwecks entspricht es vielmehr ganz herrschender Judikatur, dass - insbesondere bei sehr wertvollen Zuwendungen - nur ein angemessener Teil der sittlichen Verpflichtung zuzuordnen und damit unberücksichtigt zu lassen ist (SZ 70/231, 9 Ob 112/04t ua).

2. Bei der Auslegung des Begriffs „sittliche Pflicht" ist davon auszugehen, dass § 785 ABGB die Gleichstellung aller pflichtteilsberechtigten Kinder bezweckt. Ob und inwieweit eine in den Geboten der Sittlichkeit wurzelnde Verpflichtung des Schenkers (Erblassers) bestand, lässt sich nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der persönlichen Beziehungen zwischen Schenker und Beschenkten, ihres Vermögens und ihrer Lebensstellung entscheiden (RIS-Justiz RS0012972, zuletzt 9 Ob 112/04t). Erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO stellen sich dabei regelmäßig nicht, sofern dem Berufungsgericht nicht im Einzelfall eine grobe Fehlbeurteilung vorzuwerfen wäre. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, als angemessene Zuwendung an den Beklagten für dessen Unterstützung sei ein Vermögenswert von rund EUR 129.000 anzunehmen, stellt keine bedenkliche Fehlbeurteilung dar. Der Revisionswerber führt auch nicht aus, warum den Erblasser eine „sittliche Pflicht" zur Zuwendung eines höheren Werts getroffen haben sollte. Der Verweis auf den Inhalt des Übergabsvertrags, in dem der spätere Erblasser erklärte, dass die unentgeltliche Eigentumsübertragung „auch" in Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung erfolge, reicht nicht aus.

4. Unverständlich ist der Vorwurf des Revisionswerbers, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht ein der Klägerin „im Rahmen der Übergabe des Hofes durch seinen Vater" eingeräumtes Wohnrecht unberücksichtigt gelassen. Einerseits hat der Beklagte die Einräumung eines solchen Wohnrechts im Verfahren erster Instanz gar nicht behauptet und hängst dessen Entstehen nach dem festgestellten Wortlaut des Übergabsvertrags von mehreren - auch vom Beklagten beeinflussbaren - Bedingungen ab. Andererseits gibt es weder Prozessbehauptungen noch sonstige Hinweise darauf, dass die Klägerin nach ihrer Lebensgestaltung (Wohnort) überhaupt in der Lage wäre, ein ihr allenfalls einmal zukommendes Wohnrecht mit für sie ins Gewicht fallenden Vorteilen zu nützen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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