OGH 7Ob244/05s

OGH7Ob244/05s19.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kristian J*****, vertreten durch Dr. Edith Egger, Rechtsanwältin in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T*****, vertreten durch Dr. Hans Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen (restlich) EUR 27.115,36 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 19. August 2005, GZ 2 R 172/05v-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. Mai 2005, GZ 11 Cg 191/03s-13, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Am 21. 7. 2003 wurde ein am Flughafengelände der beklagten Partei (gegen Leistung eines tarifmäßigen Entgeltes) stationiertes und vom Kläger gehaltenes Flugzeug der Marke Cessna C 150 durch eine Sturmböe in ein anliegendes Maisfeld geschleudert und dabei schwer beschädigt. Der Kläger begehrt hiefür von der beklagten Partei den Ersatz seines mit insgesamt EUR 29.815,36 sA bezifferten Schadens. Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, wobei ein Teilbetrag von EUR 2.700,-- bereits vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen worden war. Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zufolge Einzelfallbezogenheit unzulässig sei. Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen betrug die Windgeschwindigkeit am genannten Tag in etwa 144 km/h (= 76 Knoten); dass sogar Windgeschwindigkeiten von ca 100 Knoten aufgetreten sind, ist durchaus möglich. Am Flughaften I***** waren zuvor noch nie solche Windgeschwindigkeiten aufgetreten. Das Sturmgeschehen war damit als „Jahrhundertereignis" zu beurteilen, sodass die Beschädigungen am Flugzeug letztlich als höhere Gewalt zu beurteilen sind (S 24 des Ersturteiles = AS 197). Eine Quantifizierung dieser Windstärke ex ante war nicht möglich; beim Auftreffen der ersten Böen im Flughafenbereich war für das Sicherungspersonal aus Sicherheitsgründen ein Aufenthalt im Freien im Hinblick auf die sonst bestehende Gefahr für Leib und Leben nicht mehr möglich (insb zwecks Vornahme allfälliger weiterer Sicherungsmaßnahmen nach P. 2.3.2 der Zivilflugplatz-Betriebsordnung [ZFBO]).

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst (1 Ob 285/04z) bei einem von der Kastastrophenwertigkeit her durchaus vergleichbarem Schadensereignis, nämlich einem „nur einmal in tausend bis zweitausend Jahren auftretenden Hochwasser", ausgesprochen, dass eine Pflicht (dort der Behörde nach dem WRG, hier für den Flugplatzhalter nach dem LFG), präventive Maßnahmen zwecks gänzlicher Verhinderung von Schäden aus derartig seltenen und katastrophenartig eintretenden Ereignissen zu treffen, von den (dort wasserrechtlichen, hier luftfahrtrechtlichen) Bestimmungen „nicht einmal intendiert" werde; nur dann, wenn die Organe der (hier wie dort) beklagten Partei trotz erkennbaren Vorliegens einer konkreten Gefahrensituation untätig geblieben wären, hätten sie ihre Handlungspflicht verletzt und erwiese sich die Unterlassung derartiger Handlungspflichten als rechtswidrig.

Eine derartige Situation war (auch) hier gegeben. Das Flugzeug war am Flughafengelände ordnungsgemäß abgestellt und mit von der beklagten Partei zur Verfügung gestellten Betonklötzen befestigt. Bereits bei Herannahen und Bekanntwerden der von der Wetterdienststelle angekündigten Gewitterfront, deren Spitzenböen hiebei bloß als im normalen Durchschnitt gelegen angekündigt worden waren, wurde das hiefür vorgesehene und vom Erstgericht im Einzelnen näher beschriebene Standardverfahren (ua auch mit Überprüfung, ob die Flugzeuge befestigt waren) eingeleitet und auch die Feuerwehr in Einsatzbereitschaft versetzt.

Die Auswahl der bei dauerhaft abgestellten Flugzeugen jeweils vor Ort verbleibenden und vom jeweiligen Piloten eigenständig ohne Zutun vom Flughafenpersonal angebundenen Befestigungsgewichte ist grundsätzlich Aufgabe der Piloten. Der Kläger, der sein Flugzeug erst wenige Monate zuvor gebraucht gekauft hatte, hatte auch die von seinem Rechtsvorgänger gebrauchten Gewichte übernommen. Dass der Kläger je wegen einer besseren Befestigungsmöglichkeit für sein Flugzeug bei der beklagten Partei angefragt hätte, konnte nicht festgestellt werden; hätte er dies allerdings getan, so hätte er solche auch (gegen Ausstellung eines sog Leistungsscheines) erhalten. Dass die Beklagte für nicht einem solchen „Jahrhundertereignis" entsprechende sonstige Wetterumschwünge ihren Piloten untaugliches Material bzw Einrichtungen zur Verfügung gestellt hätte, ist nach dem Beweisverfahren nicht hervorgekommen und auch nach den vorinstanzlichen Feststellungen nicht gegeben.

Nach herrschender Meinung liegt (grundsätzlich haftungsbefreiende) höhere Gewalt, auf welche sich die beklagte Partei bereits in ihrem Einspruch gegen den erlassenen Zahlungsbefehl ausdrücklich berufen hatte, insbesondere vor, wenn ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung außergewöhnlich und unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit in Kauf zu nehmen ist (vgl Scheffen, Änderungen schadenersatzrechtlicher Vorschriften im Hinblick auf betroffene Kinder und Jugendliche, ZRP 2001, 380; OLG Hamm NZV 2005, 41). Die Haftung der beklagten Partei ist daher schon deshalb zutreffend von den Vorinstanzen verneint worden, zumal auch in P. 6 der zwischen den Streitteilen maßgeblichen Gebührenordnung eine Haftung der beklagten Partei nur für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz zugrundegelegt wurde. Davon kann nach den maßgeblichen Sachverhaltskonstellationen keineswegs ausgegangen werden. Dass auch diese Gebührenordnung im Verhältnis der Streitteile nicht anzuwenden sei, behauptet der Rechtsmittelwerber selbst nicht (der sich bloß auf die Nichtgeltung der Zivilflugplatz-Benützungsbedingungen [ZFBB) mangels Verlautbarung durch Anschlag gemäß § 74 Abs 5 LFG beruft). Damit wird - insgesamt - tatsächlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO releviert; dies gilt auch im Zusammenhang mit den - unzulässigerweise (§ 503 ZPO; Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 502) - als „Falschwürdigungen" und „Vorbringensmissachtung" monierten Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit. Die vom Berufungsgericht zutreffend betonte Einzelfalltypizität des vorliegenden Falles ist schon durch die Einmaligkeit des verfahrensgegenständlichen Schadensereignisses verwirklicht (vgl auch 7 Ob 38/05x, ebenfalls bei einem Sturmschadensfall).

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