OGH 13Os15/05p

OGH13Os15/05p28.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer in der Strafsache gegen Monika G***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 8. November 2004, GZ 603 Hv 10/04t-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftig gewordenen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde die Angeklagte Monika G***** zu A./ des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie zu B./ des Vergehens „der Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht" nach §§ 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie, soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung A./ in ihrer Eigenschaft als Leiterin einer Beratungsregion der R***** die ihr durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, Kredite in Eigenkompetenz bis 100.000 Euro und Überziehungen bis 20.000 Euro zu gewähren, durch nachstehende Handlungen zu nachstehenden Zeiten wissentlich missbraucht und dadurch der Raiffeisen-Regionalbank Gänserndorf einen Vermögensnachteil in der Höhe von 2,913.099,63 Euro zugefügt, nämlich

I./ im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Verkauf der Liegenschaft EZ *****, KG *****, durch die H***** GmbH an die M***** GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Peter He*****, die zwecks Finanzierung des Kaufpreises Kreditanträge an die R***** gestellt hatte, dadurch, dass sie „vor Bewilligung dieser Kredite durch die Geschäftsleitung"

1./ am 18. Dezember 2002 303.772 Euro von dem von ihr eröffneten Konto Nr. *****, lautend auf Peter He*****, an den Treuhänder Rechtsanwalt Mag. Gerhard S***** zwecks Entrichtung der Grunderwerbssteuer überwiesen hat, „wobei der Schaden der R***** nach Rücküberweisung des die Grunderwerbssteuer übersteigenden Betrages 111.189,70 Euro beträgt";

2./ am 27. Dezember 2002 eine Barbehebung von dem zu Punkt A./I./1./ bezeichneten Konto von 303.772 Euro durch Peter He***** ermöglicht hat;

3./ am 30. Dezember 2002 insgesamt 2,470.885,62 Euro von vier von ihr fingierten (im Ersturteil bezeichneten) Konten überwiesen hat (Gesamtschaden durch die Fakten A./I./1-3.: 2,885.847,32 Euro);

II./ am 29. März 2002 durch Überweisung von 27.252,31 Euro von dem von ihr fingierten, auf Brigitte B***** lautenden Konto Nr. *****, obwohl keine Deckung vorhanden war.

Rechtliche Beurteilung

Der auf Z 4, 5 und „9 a" des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung des Antrages, „der R***** (im Folgenden: RRG) aufzutragen, den kompletten Akt Brigitte B***** vorzulegen, insbesondere die Exekutionsakten und Gerichtsakten, zum Beweis dafür, dass die von der hier vernommenen Zeugin genannten Geburtsdaten, auch das ihres Ehegatten, erst im Zuge von Recherchen gegenüber Brigitte B***** bekannt geworden sind, das insbesondere die aus dem Akt ersichtliche Adresse ***** zum damaligen Zeitpunkt die richtige Adresse der Brigitte B***** war, für die auch das Konto eröffnet worden ist und die eben eine verschiedene Person von der hier vernommenen Brigitte B*****" ist (S 100/IV). Zu Recht wurde der Antrag abgewiesen. Denn ungeachtet des Erhebungsergebnisses, wonach eine Brigitte B***** sowohl an der angeführten Anschrift als auch bei der für dieses Wohnhaus zuständigen Hausverwaltung unbekannt ist (S 477/I), und der Aussage des Zeugen S*****, dass die aus den vorhandenen Unterlagen ersichtlichen Anschriften Grundlage der gepflogenen Erhebungen waren (S 67/II), legt die Beschwerdeführerin nicht dar, weshalb diese Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und deshalb auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis abzielt (Ratz WK-StPO § 281 Rz 330). Außerdem ist dem Begehren nicht zu entnehmen, inwieweit die Identität der Kontoinhaberin für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung sein sollte (Ratz aaO Rz 327), zumal die Angeklagte die Überweisung an ihren Schwager Leo E***** jedenfalls von einem keinerlei Deckung aufweisenden Konto veranlasste.

Entgegen der eine unvollständige Begründung (Z 5 zweiter Fall) behauptenden Mängelrüge haben sich die Tatrichter mit der Verantwortung der Angeklagten, das Geld irrtümlich vom Konto der Brigitte B***** abgebucht zu haben, sehr wohl auseinandergesetzt, diese aber als unglaubwürdig verworfen (US 21) und dabei auch berücksichtigt, dass zugunsten des Leo E***** bei der Er***** im Jahre 1983 vier Sparbücher eröffnet wurden, deren Realisat in der Folge auf sechs Sparbriefen veranlagt und daraus in weiterer Folge angeblich ein anonymes Wertpapierdepot eingerichtet wurde (US 13). Weiters erblickt die Beschwerde eine Unvollständigkeit bzw Widersprüchlichkeit (Z 5 zweiter bzw dritter Fall) in den Urteilsgründen darin, dass nach Ansicht des Erstgerichtes aus einem Gebührenverzeichnis des öffentlichen Notars Dr. J*****, wonach dieser die Beglaubigung der Fertigstellung auf zwei Pfandbestellungsurkunden zugunsten der RRG vom 19. Oktober 2002 in Rechnung stellte, nichts gewonnen werden könne, zumal sich daraus nicht ergebe, dass im Zeitpunkt der eigenmächtigen Überweisung an die RRG die Angeklagte tatsächlich über eine dingliche Sicherheit verfügt habe. Denn daraus ergebe sich entgegen der Ansicht der Tatrichter, dass (im weiteren Verlauf in Verstoß geratene) Pfandbestellungsurkunden vorlagen (was auch der Zeuge Thomas Ma***** in seiner Aussage S 87, 89/IV bestätigt hätte), daher solche Urkunden „jedenfalls vorhanden waren, mit welchen jederzeit ein Pfandrecht im Grundbuch einverleibt hätte werden können".

Auch mit diesem Vorbringen wird keine entscheidende Tatsache angesprochen, behauptet doch die Beschwerde selbst nicht, dass zum Zeitpunkt der (Befugnis missbräuchlichen) Auszahlungen eine dingliche Sicherheit gegeben gewesen wäre. Im Übrigen lässt die Beschwerde unerwähnt, dass die Angeklagte bereits am 18. Dezember 2002 eine Überweisung vornahm (A./I./1.).

Mangels Entscheidungswesentlichkeit war somit auch eine Erörterung der Aussage des Zeugen M***** hiezu entbehrlich.

Dass nachträglich ein Pfandrecht grundbücherlich einverleibt wurde, ist für die Beurteilung des deliktischen Verhaltens der Angeklagten (und den Schadenseintritt) ohne Relevanz.

Letztlich betrifft auch die teils das Neuerungsverbot missachtende Kritik der Feststellung, die Angeklagte hätte vier Monate nach ihrer fristlosen Entlassung zusammen mit ihrem Ehegatten ein Baugrundstück in Hohenruppersdorf gekauft, auf den sich die beiden ein wechselseitiges Veräußerungs- und Belastungsverbot einräumten, keine entscheidende Tatsache.

Nominell auch aus Z 9 lit a als mit „Feststellungsmängeln" behaftet, inhaltlich aus Z 5 zweiter und vierter Fall, bekämpft die Beschwerde umfänglich und vorwiegend unter Hinweis auf unterzeichnete (allerdings nicht vorgelegte) Versicherungsverträge, die (verschollenen) Pfandbestellungsurkunden und ihre Ausbildung sowie mit spekulativen Erörterungen der Geschäftsaussichten und einer letztlich erfolgten teilweisen Kredittilgung, die Feststellung ihres bedingten Schädigungsvorsatzes, zeigt solcherart jedoch keine Mängel der logischen, grundlegenden Erfahrungssätzen nicht widersprechenden und alle bedeutsamen Umstände einbeziehenden Schlüsse der Tatrichter (US 17 f) auf.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermeint, der RRG sei ein Schaden im Hinblick auf die bislang fristgerecht erfolgten Rückzahlungen gar nicht oder in bloß geringerer Höhe erwachsen, negiert sie die für die Schadensberechnung relevanten Feststellungen (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK-StGB² § 153 Rz 41), wonach die Angeklagte die Auszahlung der von der Geschäftsleitung nicht genehmigten Kreditvaluta, zum überwiegenden Teil an die Verkäuferin der Liegenschaft, eigenmächtig veranlasste, ohne dass dieser Transaktion irgendeine Sicherheit gegenübergestanden wäre, sodass es, was die Angeklagte ernstlich für möglich hielt und womit sie sich abfand, zu einem Totalverlust hätte kommen können (US 8 bis 10, 23). Sie geht daher prozessordnungswidrig nicht von den gesamten Urteilsannahmen aus.

Mit der Behauptung von Feststellungsmängeln zum Schädigungsvorsatz unternimmt die Beschwerde lediglich den Versuch, mit großteils spekulativen Erwägungen insbesondere zu einer möglichen Besicherung des ausgezahlten Geldbetrages und zum Wert der Liegenschaft, aber auch zu einem erzielbaren Gewinn für den Fall der Realisierung des ursprünglich angestrebten (von der Angeklagten aber gerade nicht realisierten) Projektes, andere - im Vergleich zum Erstgericht für die Angeklagte günstigere - Schlussfolgerungen zu ziehen. Damit wendet sie sich jedoch nach Art einer Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach - in Übereinstimmung mit der ausführlich begründeten Ansicht der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass über die Berufung das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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