OGH 11Os83/05y

OGH11Os83/05y27.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. September 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian K***** wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 29. Juni 2005, GZ 37 Hv 14/05m-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian K***** des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (A) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (B) schuldig erkannt. Danach hat er, soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung,

(A) am 9. Februar 2005 den praktischen Arzt Dr. Gerhard K***** durch die Äußerung, ob er wisse, was so eine Patrone anrichte, vorne mache sie ein kleines Loch und hinten sei es so groß, dass man eine EWE-Küche aufstellen könne, wobei er eine täuschend echt wirkende Attrappe einer Gewehrpatrone, die zu einem Klappmesser mit einer 4,3 cm langen, geschliffenen Klinge umfunktioniert worden war, vorwies, mithin durch Drohung mit dem Tod, zur Ausstellung eines Rezeptes für den Bezug von Substidol genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Teil des Schuldspruchs gerichtete, auf Z 5, 8 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) die Feststellung angreift, die vom Beschwerdeführer drohend vorgewiesene Patronenattrappe sei „zu einem Klappmesser umgearbeitet worden" (US 6), bezieht sie sich nicht auf entscheidende Tatsachen, weil dieser Umstand weder (in abstracto) tatbestandsessentiell noch (in concreto) schuld- oder subsumtionsrelevant ist. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Tatrichter - der Beschwerde zuwider - keine dieser Konstatierung widersprechenden Beweisergebnisse übergingen, sondern sich vielmehr - aktenkonform (S 217) - auf die Angaben des Zeugen Dr. Ku***** stützten (US 10) und die Aussage der Zeugin T***** in diesem Zusammenhang zu Recht nicht erörterten, weil diese nur deponierte, die Patronenattrappe nicht als Klappmesser „betrachtet" zu haben (S 223), über die tatsächliche Funktionsweise - die im Übrigen vom Beschwerdeführer selbst zugestanden wird (S 215 iVm S 77a) und durch die behördliche Sicherstellung objektiviert ist (S 65) - aber keine Aussage traf.

Das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen, der Beschwerdeführer habe keine verbalen Drohungen geäußert, entfernt sich zur Gänze von der Aktenlage (US 7, 8; S 217, 219, 223 f, 227). Mit dem Einwand, der Beschwerdeführer habe nicht (auch) nach der Mitteilung, dass die Gebietskrankenkasse das von ihm begehrte Rezept nicht genehmigen werde, sondern während des diesbezüglichen Telefonats Drohgebärden mit der Patronenattrappe gesetzt, bezieht sich die Rüge erneut nicht auf entscheidende Tatsachen. Indem die Beschwerde aus dem anhand ihrer diesbezüglichen Erwägungen konstruierten zeitlichen Ablauf des Tatgeschehens die mängelfrei begründete (US 11) Feststellung des Kausalitätszusammenhangs zwischen den Drohungen und der Rezeptübergabe (US 8) als unzutreffend bezeichnet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Mit der Behauptung aus Z 8, die Konstatierung des die übrigen Drohungen unterstützenden Vorweisens einer zu einem Klappmesser umfunktionierten Patronenattrappe überschreite die Anklage, argumentiert die Rüge abermals nicht auf der Basis des Akteninhalts (S 177). Soweit die Beschwerde mit diesem Vorbringen die Verwendung des Ausdrucks „spielte ... herum" (US 6) kritisiert, verkennt sie das Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes, der nicht auf die Wortgleichheit der Anklage- und Urteilsformulierungen, sondern darauf abstellt, ob Anklage und Urteil denselben Lebenssachverhalt meinen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 502), was hier außer Zweifel steht. Es sei daher nur der Vollständigkeit halber festgehalten, dass in concreto der - primär allein maßgebliche (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 503) - Urteilstenor mit dem Anklagetenor sogar wörtlich übereinstimmt (S 177, US 2).

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Feststellung begehrt, der Beschwerdeführer habe Dr. K***** gefragt, „ob dieser beim Militär gewesen sei bzw ob dieser eine militärische Ausbildung erfahren habe", bezieht sie sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen. Mit der auf Basis dieser vermissten Konstatierung entwickelten Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe Dr. K***** durch die urteilsgegenständliche Äußerung bezüglich der Wirkungsweise der Gewehrpatrone (nicht bedroht, sondern) nur über seinen militärischen Wissensstand befragt, wendet sich die Beschwerde nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Der Beschwerdeansatz, der Tatbestand der Nötigung verlange die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB), den Genötigten in Furcht und Unruhe zu versetzen, entbehrt der logischen Ableitung aus dem Gesetz. Der Einwand (gemeint wohl:) mangelnder objektiver Eignung der eingesetzten Nötigungsmittel, den angestrebten Erfolg herbeizuführen, entzieht sich mangels argumentativen Substrats einer sachbezogenen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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