OGH 9ObA16/05a

OGH9ObA16/05a31.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Walter Zeiler und Mag. Bernhard Achitz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Herbert S*****, Zugchef, *****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichische Bundesbahnen, Elisabethstraße 9, 1010 Wien, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen EUR 1.100,22 sA und Zurverfügungstellung von Arbeitsmitteln und einer Unterbringungsmöglichkeit (Streitwert EUR 100; Gesamtstreitwert EUR 1.200,22), über außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Oktober 2004, GZ 8 Ra67/04s-15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger begehrt unter Berufung auf die von ihm behauptete Verletzung der Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstgeberin ua die Zurverfügungstellung einer Signalhandlaterne für einen Zugchef iSd Dienstvorschrift V2. Die Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstgebers nach § 1057 ABGB muss im Allgemeinen der Dienstnehmer beweisen (Krejci in Rummel, ABGB³ § 1157 Rz 46 mwN; 1 Ob 54/32 = SZ 14/100; 8 Ob 13/85 ua). Dies entspricht dem herrschenden Grundsatz, dass jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen beweisen muss (Rechberger in Rechberger, ZPO² Vor § 226 Rz 11 mwN; RIS-Justiz RS0037797, RS0039939 ua). Zureichende Gründe, weshalb im Fall einer Signalhandlaterne, bei der entgegen der Behauptung des Dienstnehmers nicht festgestellt werden konnte, ob und wie oft sie fehlte, von dieser Auffassung abgegangen werden soll, vermag der Revisionswerber nicht zu nennen. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird insoweit nicht aufgezeigt.

Der Dienstgeber ist dem Versicherten zum Ersatz des Schadens, der diesem durch eine Verletzung am Körper infolge eines Arbeitsunfalls entstanden ist, nur dann verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall vorsätzlich verursacht hat (§ 333 Abs 1 ASVG; „Dienstgeberhaftungsprivileg“). Vorsatz iSd § 333 ASVG ist gleichbedeutend mit „böser Absicht“, die nach § 1294 ABGB nur gegeben ist, wenn der Schaden widerrechtlich mit Wissen und Willen verursacht worden ist. Der Vorsatz muss Eintritt und Umfang des Schadens umfassen, wobei bedingter Vorsatz genügt. In letzterem Fall hält der Schädiger den Erfolg ernstlich für möglich und findet sich mit der möglichen Verwirklichung ab (vgl Koziol/Welser II12 300 ua; vgl für den Bereich des Strafrechts die Definitionen in § 5 Abs 1 StGB und § 8 Abs 1 FinstrG). Derartiges kam jedoch nicht hervor. Es reicht nicht aus, dass vorsätzlich Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht eingehalten werden, solange der Schadenseintritt nicht vom Vorsatz umfasst ist. Überbeanspruchung bei der Arbeit oder Verweigerung zweckentsprechender Arbeitskleidung trägt daher für sich allein noch nicht die Annahme vorsätzlicher Schädigung iSd § 333 ASVG (vgl Schwimann/Neumayr, ABGB³ VIII § 333 ASVG Rz 54 mwN). Auch gröblichste Fahrlässigkeit ist dem Vorsatz nicht gleichzuhalten (9 ObA 60/03v ua). Vom Revisionswerber wird auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Seine außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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