OGH 15Os78/05t

OGH15Os78/05t25.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lang als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian R***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 zweiter Satz zweiter Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Mai 2005, GZ 39 Hv 71/05y-40, und die (implizierte, § 498 Abs 3 StPO) Beschwerde gegen den zugleich gefassten Widerrufsbeschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Christian R***** wurde (I) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 zweiter Satz zweiter Fall und 15 StGB und (II) (richtig:) der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Innsbruck

(I) zwischen dem 7. Dezember 2004 und 13. April 2005 nachgenannten Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, wobei er die Einbruchsdiebstähle in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1) Verfügungsberechtigten des S***** vorzufindendes Bargeld, nachdem er mit einem Schraubenzieher die Tür aufzwängte, wobei die Tat beim Versuch blieb;

2) Verfügungsberechtigten der I*****, nachdem er mit einem Schraubenzieher ein Fenster aufzwängte, einen Möbeltresor samt Zahlenschloss, einen schwarzen Kassenteil einer Registrierkasse und Bargeld, Schaden insgesamt 1.497,52 Euro;

3) Verfügungsberechtigten der Innsbrucker So***** GmbH, nachdem er die Eingangstür mit einem Messer aufbrach, vorzufindendes Bargeld, wobei die Tat beim Versuch blieb;

4) dem DI F*****, nachdem er die Eingangstür mit einem Brotmesser aufbrach, vorzufindendes Bargeld, wobei die Tat beim Versuch blieb;

5) Verfügungsberechtigten des S***** GmbH, nachdem er die Eingangstür mit Gewalt aufzwängte, eine Spiegelreflexkamera der Marke Canon samt Filmen, eine Ledergeldtasche sowie zwei Kaffeekassen (jeweils unerhobenen Wertes) und Bargeld in Höhe von 380 Euro;

6) Verfügungsberechtigten der D*****, nachdem der mit Körpergewalt die Eingangstür aufbrach, ein Handy und zwei Handkassen samt Bargeld in Höhe von insgesamt 321 Euro;

7) Verfügungsberechtigten der Firma G*****, nachdem er einen Kaffeeautomaten mit einem Messer aufzwängte, einen Bargeldbetrag von 136,54 Euro;

II) nachangeführte Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes gebraucht werden, nämlich

  1. 1) am 8. Februar 2005 einen Metroausweis;
  2. 2) von 3. bis 8. Februar 2005 einen Führerschein des Hans C*****, FS-Nr. ***** der BPD Innsbruck.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Zu Unrecht reklamiert die Verfahrensrüge (Z 4) die Ablehnung des in der Hauptverhandlung vom 9. Mai 2005 gestellten Antrages auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte heroinabhängig ist" (S 375). Wie das Erstgericht in seinen abweisenden Zwischenerkenntnis (S 377) im Ergebnis zutreffend darlegt, konnte die Beweisaufnahme ohne Verletzung von Verteidigungsrechten unterbleiben, weil die Tatrichter das im Antrag bezeichnete Beweisthema ohnehin als erwiesen bzw ausreichend klargestellt angesehen haben (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 342). Abgesehen davon betrifft das Beweisthema nicht einen für die Schuld- oder Subsumtionsfrage, sondern die Strafzumessung erheblichen Umstand.

Die in der Beschwerde dazu nachgetragenen Erwägungen (in Richtung Beschaffungskriminalität iSd § 35 Abs 2 SMG) haben dabei außer Betracht zu bleiben, weil bei Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets von der Verfahrenslage zum Zeitpunkt der Entscheidung darüber und denn dazu vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer/Holländer, StPO5 § 281 Z 4 E 40 und 41). Soweit die Mängelrüge (Z 5) „erhebliche Bedenken gegen die Feststellung der Gewerbsmäßigkeit" geltend macht, erweist sie sich als nicht prozesskonform ausgeführt. Das weitere, die Gewerbsmäßigkeit anzweifelnde Vorbringen der Mängelrüge versucht unter Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten vor der Untersuchungsrichterin, er wisse nicht, warum er sich zu den Straftaten habe hinreißen lassen, seine massive Alkohol- und Drogenerkrankung und deren Auswirkung auf sein Verhalten seien vom Erstgericht „nicht vollständig" gewürdigt worden, und unter Anstellen eigener Beweiserwägungen unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer in kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung zu bekämpfen, ohne damit einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. Die Tatrichter haben - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) Rechnung tragend - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigens Denkens und grundlegenden Erfahrenssätzen begründet dargelegt, von welchen Verfahrensergebnissen ausgehend sie zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit gekommen sind und in welchem Umfang sie die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten durch Alkohol- und Suchtgiftabhängigkeit als eingeschränkt, jedoch nicht aufgehoben angesehen haben (US 12 und 13). Dass sie sich im Rahmen der Beweiswürdigung nicht mit jedem möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandergesetzt haben, vermag den herangezogenen Nichtigkeitsgrund ebensowenig herzustellen wie der Umstand, dass das Gericht nicht den vollständigen Inhalt der Aussagen des Angeklagten im Einzelnen erörtert und darauf untersucht hat, inwieweit dieser für oder gegen diese oder jene Darstellung spricht.

Auch die Rechtsrüge versagt.

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt, wobei unerheblich ist, ob die mit dem Gesetz zu vergleichenden Feststellungen einwandfrei zustandegekommen oder dargestellt sind oder erheblichen Bedenken begegnen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581 ff).

Die Rechts- (Z 9 lit a, der Sache nach Subsumtions-)rüge (Z 10) behauptet einen Mangel an Feststellungen zur subjektiven Tatseite betreffend die Gewerbsmäßigkeit, übergeht aber mit ihren Einwänden - im Gegensatz zu oben dargelegten Prozessvorschriften - die Urteilsannahmen zur Gewerbsmäßigkeit in ihrer Gesamtheit (US 12 iVm S 14) und legt nicht dar, welche Feststellungen darüber hinaus auf Aktengrundlage noch getroffen hätten werden sollen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).

Die Mängel von Feststellungen zur subjektiven Tatseite betreffend das Faktum II (Urkundenunterdrückung) monierende weitere Rechtsrüge ignoriert gleichfalls die diesbezüglichen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (S 14 unten) und bekämpft im Übrigen - auch im Rahmen der Rechtsrüge unzulässig - lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter zu diesem Faktum.

Damit lassen Rechts- und Subsumtionsrüge die nötige Ausrichtung an der Prozessordnung vermissen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Ansicht der Generalprokuratur, jedoch entgegen der auf die Argumente der Nichtigkeitsbeschwerde verweisenden Äußerung der Verteidigung gemäß § 35 Abs 2 StPO - teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO, zum Teil iVm § 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte