OGH 6Ob157/05i

OGH6Ob157/05i25.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann S*****, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Jöstl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 55.231,35 EUR, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. März 2005, GZ 1 R 260/04a-22, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 11. August 2004, GZ 8 Cg 151/02k-18, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

Wohl enthält ein Bruttoentgelt im Regelfall die Umsatzsteuer (RIS-Justiz RS0038198), entscheidend sind aber immer die Umstände des Einzelfalls. Wenn dem Kläger dasselbe Bruttoentgelt wie den beiden Gesellschaftern der Beklagten zugestanden wurde und er nur wegen seiner andrängenden Gläubiger nicht Gesellschafter der Beklagten wurde und andererseits an deren Gewinn über seine Gesellschafterstellung in den ausländischen Unternehmen zu einem Drittel teilnahm und teilnehmen sollte, ist die Parteienabsicht über eine Gleichbehandlung der drei Personen indiziert. Die Parteien besprachen eine allfällige Umsatzsteuerpflicht für die Entlohnung des Klägers nicht, gingen aber wohl schon deshalb von keiner Umsatzsteuerpflicht aus, weil der Kläger mit Scheinvertrag im Ausland tätig war und von der Londoner Firma bezahlt wurde. Der Rückgriff auf den hypothetischen Parteiwillen ist daher berechtigt (RS0017899). Ungeachtet der Unredlichkeit aller Beteiligten bei der Steuerhinterziehung kommt es demnach auf die fiktive Absicht redlicher Parteien an, was sie für den nicht vorbedachten Fall vereinbart hätten. Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung des Begriffs „brutto" die Gesamtumstände beurteilt und ist zum Ergebnis gelangt, wonach der hypothetische Parteiwille etwa so formuliert werden könnte: Für den Fall der Aufdeckung der Steuerhinterziehungskonstruktion und des Scheingeschäfts des Klägers mit dem Londoner Unternehmen sowie einer rechtskräftigen Vorschreibung einer Umsatzsteuer für die Entlohnung des Klägers ersetzt ihm die Beklagte die Umsatzsteuerbeträge, für die sie vorsteuerabzugsberechtigt ist. Dieses Ergebnis deckt sich mit der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung SZ 60/50, die zu einem vergleichbaren Sachverhalt erging.

Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung auf. Dies gilt auch für die Frage der Verjährung. Eine Vertragsanpassung nach dem hypothetischen Parteiwillen wurde erst durch die Umsatzsteuervorschreibung und die damit feststehende steuerrechtliche Qualifikation des Vertrags als Werkvertrag aktuell. Die zivilrechtliche Qualifikation (Werkvertrag oder Dienstvertrag des Klägers mit der Beklagten) spielt für die Frage des Ersatzes nach ergänzender Vertragsauslegung keine entscheidende Rolle. Dass der Kläger die Umsatzsteuervorschreibung verhindern hätte können, wird von der Revisionswerberin nicht releviert.

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