OGH 10ObS34/05f

OGH10ObS34/05f9.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher und Dr. Erwin Blazek (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing. Dr. Johann S*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. August Rogler, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Pensionsanpassung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Februar 2005, GZ 11 Rs 115/04 t-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 1. Oktober 2004, GZ 32 Cgs 127/04x-5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 19. 10. 1992 hat die beklagte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft dem Kläger ab 1. 4. 1992 die Alterspension in einer Höhe von ATS 17.562,30 (= EUR 1.276,30) monatlich zuerkannt und ausgesprochen, dass darin ein besonderer Steigerungsbetrag für die Beiträge zur Höherversicherung (ATS 1.000,40 = EUR 72,70) enthalten ist.

Mit Bescheid vom 19. 3. 2004 hat die beklagte Partei die Höhe der Alterspension ab 1. 1. 2004 mit monatlich EUR 1.527,23 (darin EUR 86,94 als besonderer Steigerungsbetrag für die Beiträge zur Höherversicherung) festgestellt.

Mit der dagegen erhobenen Klage begehrte der Kläger erkennbar ab 1. 1. 2004 die Gewährung einer Pension von EUR 1.527,84 monatlich, also gegenüber dem angefochtenen Bescheid einen um EUR 0,61 monatlich höheren Betrag. Er habe zwischen 18. 12. 1990 und 26. 3. 1992 mindestens ATS 181.200,-- als Beiträge zur Höherversicherung unter der Zusicherung geleistet, dass der besondere Steigerungsbetrag für die Höherversicherungsbeiträge jährlich um den gleichen Prozentsatz angehoben werde wie der Pensionsbetrag. Unter Bruch des Vertrauensgrundsatzes und der erwähnten Zusicherung sei die Pensionserhöhung des Höherversicherungsbeitrags im Ausmaß von lediglich EUR 0,57 aus der allgemeinen Pensionserhöhung herausgelöst worden. Auch ihm stehe statt einer Anpassung um einen Fixbetrag eine prozentmäßige Erhöhung (um 0,7 %) zu.

Das Erstgericht wiederholte den Inhalt des angefochtenen Bescheides und wies das Mehrbegehren des Klägers ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Nach der im Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, enthaltenen Übergangsbestimmung, in der die Pensionsanpassung der Jahre 2004 und 2005 abweichend vom Dauerrecht geregelt werde, würden alle Pensionen bis zur Höhe der Medianpension entsprechend der Erhöhung der Verbraucherpreise erhöht und alle übrigen Pensionen mit einem Fixbetrag, der der Erhöhung der Medianpension auf Grundlage der Erhöhung der Verbraucherpreise entspreche. Für das Jahr 2004 seien die Pensionen, die nicht höher als die mit EUR 667,80 monatlich festgesetzte Medianpension seien, um 1,5 % zu erhöhen; höhere Pensionen würden um einen Fixbetrag von EUR 10,02 monatlich angepasst (BGBl II 2003/598). Das Berufungsgericht habe keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Regelung. Im Prinzip falle es in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine einmal geschaffene Rechtsposition (und umso mehr eine bloße Anwartschaft) auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Allerdings müsse die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt habe, sachlich begründbar sein, weil ohne solche Rechtfertigung der Eingriff dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz widerspreche. Die nur übergangsweise für die Jahre 2004 und 2005 angeordnete Pensionsanpassung mittels Fixbetrag - und dies auch nur bei Pensionen, die höher als die Medianpension seien - stelle keinen schwerwiegenden Eingriff in eine erworbene Rechtsposition dar. Der vom Kläger errechnete Verlust von EUR 0,61 monatlich sei geringfügig und wohl auch verkraftbar, weshalb schon aus diesem Grund eine Verletzung des Vertrauensgrundsatzes nicht vorliege. Nicht mehr entscheidend sei daher, ob diese Änderung angesichts der bisherigen Pensionsanpassungen auch (zu) plötzlich erfolgt sei, was aber ebenfalls zu verneinen wäre.

Auch die vom Kläger speziell kritisierte Norm des § 50 Abs 2 GSVG sei nicht gleichheitswidrig: Gerade im Sozialversicherungsrecht sei eine durchschnittliche Betrachtungsweise erforderlich, die auf den Regelfall abstelle und damit Härten im Einzelfall nicht ausschließen könne. Angesichts der den Kläger treffenden Einkommensminderung könne nicht von einem Härtefall gesprochen werden. Außerdem entspreche es exakt der vom Gleichheitsgrundsatz geforderten Durchschnittsbetrachtung, wenn die Erhöhung mittels Fixbetrag von der Medianpension, also von einem durchschnittlichen Pensionsbezieher abhängig gemacht werde. Nur diejenigen Versicherten, deren Pension - sei es mit oder ohne Höherversicherungsbeitrag - über der Medianpension lägen, seien vom „Deckelungseffekt" des Fixbetrags betroffen, und dies auch nur vorübergehend für die Jahre 2004 und 2005. Hingegen würden die Pensionen, die insgesamt die Medianpension nicht überschritten, prozentmäßig erhöht, gleichgültig, ob darin ein Höherversicherungsbeitrag enthalten sei oder nicht.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO sei zulässig, da der Oberste Gerichtshof zur Frage der Verfassungsmäßígkeit des § 50 Abs 2 GSVG iVm § 607 Abs 3a ASVG idF BGBl I Nr.71/2003 bislang noch nicht Stellung genommen habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn sowie auf Anfechtung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich nicht am Revisionsverfahren beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Prozessrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigende Rechtsfrage insbesondere dann nicht vor, wenn das Revisionsgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt (10 ObS 2/05z mwN; RIS-Justiz RS0116943).

Der Oberste Gerichtshof hat zuletzt zu 10 ObS 92/04h im Zusammenhang mit der mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl I 2004/142, außer Kraft gesetzten Bestimmung des § 299a ASVG zum Wertausgleich durch Einmalzahlungen Stellung genommen und unter Bezugnahme auf die Entscheidung 10 ObS 81/02p (SSV-NF 16/78) dargelegt, dass in der Sozialversicherung nicht der Grundsatz einer vollen Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung gilt, da der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht (RIS-Justiz RS0110085). Speziell ist zur Argumentation des Klägers noch auszuführen, dass er aufgrund seiner Beiträge zur Höherversicherung einen besonderen Steigerungsbetrag erhalten hat und erhält. Fraglich ist im vorliegenden Fall allein, ob es im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers liegt, die Gesamtpension (einschließlich des besonderen Steigerungsbetrages) mit einem Fixbetrag zu erhöhen oder ob aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls eine prozentuelle Erhöhung geboten ist. Letzteres ist nach der dargestellten Judikatur nicht der Fall.

Hegt das Gericht - wie hier - keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung, besteht kein Anlass zur Antragstellung gemäß Art 140 B-VG (10 ObS 148/03t = SSV-NF 17/68; 10 ObS 92/04h).

Mangels erheblicher, für die Entscheidung des Verfahrens relevanter Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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