OGH 1Ob89/05b

OGH1Ob89/05b2.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosa Z*****, vertreten durch Dr. Markus Skarics, Rechtsanwalt in Imst, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen EUR 27.983,96 sA und wiederkehrender Leistung (Streitwert EUR 11.781), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. Februar 2005, GZ 4 R 22/05z-47, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 15. November 2004, GZ 18 Cg 139/98k-43, in der Hauptsache bestätigt und im Kostenpunkt abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird als nichtig aufgehoben und die Rechtssache zur Verhandlung und neuerlichen Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin EUR 27.983,96 sA sowie ab September 2003 einen entgangenen Unterhalt von monatlich EUR 327,25 zu zahlen. In der von der beklagten Partei gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung wurde ausdrücklich beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen (Punkt 6a der Berufungsschrift).

Das Berufungsgericht gab in nichtöffentlicher Sitzung der Berufung in der Hauptsache keine Folge, änderte aber die Kostenentscheidung teilweise ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

In ihrer gegen diese Entscheidung gerichteten außerordentlichen Revision macht die beklagte Partei als Nichtigkeitsgrund geltend, dass das Gericht zweiter Instanz trotz ausdrücklichen Antrags der beklagten Partei keine Berufungsverhandlung abgehalten, sondern in nichtöffentlicher Sitzung entschieden habe.

Die außerordentliche Revision ist infolge einer dem Berufungsgericht unterlaufenen Nichtigkeit zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Beantragte eine Partei gemäß § 492 Abs 1 ZPO ausdrücklich die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung und wurde eine solche - mangels Anwendbarkeit des § 501 Abs 1 ZPO - nicht durchgeführt, so verwirklicht das nach ständiger Rechtsprechung den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (1 Ob 295/02t; RIS-Justiz RS0042118, RS0042245) und hat die Nichtigkeit des Berufungsurteils zur Folge. Die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung trotz gegenteiligen Antrags ist im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtseinheit jedenfalls zu korrigieren (SZ 70/260).

In Stattgebung der Revision ist daher das Urteil des Gerichts zweiter Instanz als nichtig aufzuheben. Eine Befassung des Obersten Gerichtshofs mit den weiters geltend gemachten Revisionsgründen ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht zulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO. Da nur die Entscheidung des Berufungsgerichts ohne ein vorausgegangenes Verfahren aufgehoben wurde, findet § 51 ZPO nicht Anwendung (M. Bydlinski in Fasching II/12 Rz 2 zu § 51 ZPO mwN; 1 Ob 295/02t).

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