OGH 3Ob141/05i

OGH3Ob141/05i27.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Paul Georg Appiano und Dr. Bernhard Kramer, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Josef L*****, wegen 9.289,20 EUR sA, infolge Revisionsrekurses des dienstbarkeitsberechtigten Josef L*****, vertreten durch Oberhofer-Lechner-Hiebler, Rechtsanwälte in Innsbruck-Lienz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 23. März 2005, GZ 3 R 392/04p-56, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 25. Mai 2005, AZ 3 R 392/04p, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 15. Oktober 2004, GZ 6 E 91/02h-52, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht bewilligte einer Bank, dem Land (Wohnbauförderung) und einer weiteren Gläubigerin die Zwangsversteigerung der bebauten Liegenschaft des Verpflichteten. In Ansehung der Bank geschah dies im Rang des Pfandrechts C-LNR 11a, in Ansehung des Landes im Rang des Pfandrechts C-LNR 6a. Zu C-LNR 3 und 4 ist das Wohnungsrecht sowie das Ausgedinge für den Revisionsrekurswerber eingetragen. Beim Pfandrecht der Bank ist der Vorrang vor dem Wohnungsrecht und dem Ausgedinge (C-LNR 3 und 4) angemerkt.

Auf Grund der Ergebnisse der Schätzung der Liegenschaft - das Gutachten ergab einen Schätzwert einschließlich Zubehör ohne Berücksichtigung der Dienstbarkeiten von 275.716 EUR - ordnete das Erstgericht die Versteigerung der Liegenschaft auf Grund der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen an und gab den Schätzwert mit 275.716 EUR an. Dem Versteigerungsedikt ist zu entnehmen, dass zur Liegenschaft kein Zubehör gehört und keinerlei Rechte ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sind.

Die (parzellenweise) versteigerte Liegenschaft wurde um ein Meistbot von (insgesamt) 170.100 EUR zugeschlagen.

Das Erstgericht wies im Meistbotsverteilungsbeschluss 157,82 EUR Grundsteuer als Vorzugspost vorweg zu und in der bücherlichen Rangordnung der betreibenden Bank zunächst 25.450 EUR zur teilweisen Berichtigung ihrer Forderung unter Berücksichtigung des Vorrangs vor den unter C-LNR 3 und 4 einverleibten Dienstbarkeiten und Rechten, jedoch unter gleichzeitiger Beachtung des Nachrangs vor der unter C-LNR 6a einverleibten Hypothekarforderung zu. Dem Dienstbarkeitsberechtigten wies es 25.450 EUR als kapitalisierte Ablösung seiner Rechte zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zu; dem Land auf Grund der unter C-LNR 6a sichergestellten Hypothekarforderung 15.011,52 EUR zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung und schließlich der betreibenden Bank restliche 104.030,66 EUR zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung. Darüber hinaus verteilte es die Zinsen im Verhältnis der aus dem Kapital zugewiesenen Beträge und erließ die entsprechende Auszahlungsanordnung. Zur Zuweisung an den Dienstbarkeitsberechtigten verwies es begründend auf die zwischen Ersteher und Berechtigten erzielte Einigung auf Kapitalablöse des Rechts. Der Bank komme ungeachtet der Vorrangeinräumung vor den Rechten des Dienstbarkeitsberechtigten nur in Höhe des Kapitalbetrags zur Abfindung der Dienstbarkeit und Reallast Vorrang zu, im Übrigen sei der Zwischenberechtigte, das Land (C-LNR 6a) zu berücksichtigen.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der betreibenden Bank und unter Aufrechterhaltung der Berücksichtigung der Grundsteuer, der vorrangigen Zuweisung an die Bank (25.450 EUR) sowie der Zuweisung an das Land den Meistbotsverteilungsbeschluss dahin ab, dass der betreibenden Bank ihre restliche Forderung von 113.874,74 EUR zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen wird, dem Dienstbarkeitsberechtigten hingegen nur das restliche Meistbot von 15.605,92 EUR. Die Verteilung der Meistbotszinsen änderte das Rekursgericht entsprechend den geänderten Kapitalzuweisungen ab und behielt die Erlassung der Auszahlungsanordnung dem Erstgericht vor. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ es - nach diesbezüglichem Abänderungsantrag des Revisionsrekurswerbers - mit der Begründung zu, es fehle Rsp des Obersten Gerichtshofs zu § 150a EO idF EO-Nov 2000, insb zur Frage der alleinigen Maßgeblichkeit der Lastenübernahme nach dem Versteigerungsedikt. Da das zurücktretende Recht nicht ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen gewesen sei, finde § 150a EO keine Anwendung. Die Barzuweisung an den Dienstbarkeitsberechtigten auf Grund einer Vereinbarung zwischen Ersteher und Gläubiger über die wertmäßige Berichtigung seiner Rechte anstelle der Übernahme in Anrechnung auf das Meistbot sei unbestritten; die an und für sich sonst erforderliche zinstragende Anlegung könne daher unterbleiben. Gemäß § 30 Abs 4 GBG gehe das vortretende Recht, wenn - wie hier - nichts anderes vereinbart sei, dem zurücktretenden Recht auch an seiner ursprünglichen Stelle vor. Das bedeute, dass nach der Zuweisung an das Land die betreibende Bank mit ihrer restlichen Forderung und erst dann das zurücktretende Recht (der Dienstbarkeits- und Reallastberechtigte) zum Zug komme.

Der Rekurs des Dienstbarkeitsberechtigten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 150a EO ist im Fall einer nur relativ wirksamen Vorrangseinräumung iSd § 30 Abs 3 GBG bei der Meistbotsverteilung das vortretende Recht an seiner ursprünglichen Stelle zu berücksichtigen, wenn das Recht, das nach seinem ursprünglichen Rang vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen ist, zurücktritt und ein seiner Natur nach verschiedenes Recht vortritt. Diese mit der EO-Nov 2000 eingeführte Bestimmung entspricht dem früheren § 47 Abs 3 der dritten Teilnovelle zum ABGB, welcher Bestimmung § 150a EO materiell derogierte (3 Ob 83/04h = JBl 2004, 800 = RdW 2005, 29 mwN). Wie sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, den auch die Erläuterungen zur RV der EO-Nov 2000 wiederholen (93 BlgNR 21. GP, 38), regelt die Bestimmung allein die (mangelnde) Wirkung eines Rangtausches beim vortretenden Recht für die Verteilung des Meistbots. Es wird weder angeordnet, dass das zurücktretende Recht bei dieser an seiner bisherigen Stelle zu beteilen wäre, noch dass schon Vorwirkungen auf den Ausspruch im Versteigerungsedikt gemäß § 170 Z 8 EO eintreten sollten (3 Ob 83/04h). § 150a EO dient allein dem Schutz der Zwischenberechtigten, nicht aber dem des Inhabers des zurücktretenden Rechts, weshalb man nicht zwingend zu einer völligen Unwirksamkeit des Rangtausches gelangt. An der ursprünglichen Stelle (vor dem Rangtausch) ist vielmehr § 30 Abs 4 GBG anzuwenden, wonach mangels anderer Vereinbarung das vortretende Recht dem zurücktretenden Recht auch an dessen ursprünglicher Stelle vorgeht, was im Verhältnis der Inhaber dieser beiden Rechte die Wirkung des Rangtausches auch im Rahmen der Meistbotsverteilung entsprechend der getroffenen Vereinbarung aufrecht lässt. § 150a EO ist - schon zur Vermeidung sachlich nicht zu rechtfertigender Begünstigungen von Zwischenberechtigten durch gänzlichen Wegfall der vor dem Rangtausch vorrangigen Last - teleologisch dahin zu reduzieren, dass sich seine Wirkung auf die Verhinderung eines Nachteils für die Zwischenberechtigten beschränkt (vgl 3 Ob 83/04h; 3 Ob 81-83/92 = SZ 65/161; Angst in Angst, § 150a EO Rz 1 mwN). Da im vorliegenden Fall die allein geschützten Interessen des Zwischenberechtigten (das Land als Wohnbauförderungsgeber erlangt vollständige Befriedigung aus dem Meistbot) nicht mehr nachteilig berührt werden können, besteht kein Grund, der Vorrangseinräumung die Wirksamkeit zu versagen (3 Ob 81-83/92).

Überdies entspricht es der - auch zu § 150a EO von Angst aaO Rz 2 gebilligten - Rsp des Obersten Gerichtshofs, dass § 47 Abs 3 der dritten Teilnovelle zum ABGB nur anzuwenden und eine ohne Zustimmung der Zwischenberechtigten vereinbarte Vorrangseinräumung daher nur dann unwirksam ist, wenn in den rechtskräftig gewordenen Versteigerungsbedingungen festgelegt ist, dass das zurücktretende Recht vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen ist (3 Ob 81-83/92; 3 Ob 217/99d = SZ 73/85). Davon zur sinngleichen Bestimmung des § 150a EO abzugehen besteht auch nach den bloß die Rekursentscheidung ablehnenden Ausführungen im Revisionsrekurs kein Anlass, zumal allein die Versteigerungsbedingungen dafür maßgebend sind, welche Lasten der Ersteher und in welcher Form er sie zu übernehmen hat (3 Ob 81-83/92 mwN; RIS-Justiz RS0013795).

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.

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