Spruch:
1.) Die außerordentliche Revision des Klägers wird, soweit die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Kostenpunkt (als nichtig) bekämpft wird, als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen (§ 528 Abs 2 Z 3; § 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
2.) Im Übrigen wird die außerordentliche Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Der Kläger, der als selbständiger Unternehmer ein Personalbereitstellungsbüro betreibt, hat bei der Beklagten eine Kollektiv-Unfallversicherung für Berufs- und Wegunfälle für seine sämtlichen im Ausland dienstlich tätigen Monteure, ua auch für den Nebenintervenienten, abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag wurden die Allgemeinen Bedingungen für Unfallversicherungen (AUVB 1995) zugrundegelegt, die ua die Bestimmung enthalten (Art 24), die Vorschriften der §§ 75 ff VersVG seien mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem Versicherungsnehmer zustehe.
Am 20. 6. 2001 wurde der Nebenintervenient auf einer Baustelle in Deutschland, wo er als Monteur arbeitete, schwer verletzt. Er wurde zunächst in einem deutschen Krankenhaus versorgt und dann mit der Flugambulanz nach Österreich transportiert. Dem Kläger liefen im Zusammenhang damit Kosten (Transportkosten, Besuchskosten der Ehefrau des Nebenintervenienten, die er übernahm etc) von insgesamt EUR 833,87 auf. Sowohl der Kläger als auch der Nebenintervenient erstatteten Unfallsmeldungen an die Beklagte. In einem Telefonat mit dem Nebenintervenienten kündigte der Kläger diesem die Versicherungsleistung der Beklagten an. Schließlich zahlte die Beklagte entsprechend dem beim Nebenintervenienten festgestellten Invaliditätsgrad eine Versicherungssumme von insgesamt EUR 20.711,75 an den Nebenintervenienten aus. Der Kläger wurde davon erst Monate später (im Frühjahr 2003) informiert. Er hatte seine Zustimmung zur Direktabwicklung des Schadenfalles mit dem Nebenintervenienten nicht erteilt und beabsichtigt, sich seine unfallskausalen Auslagen von der Versicherungssumme abzuziehen.
Der Kläger begehrt im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten die (der Höhe nach unstrittige) Versicherungssumme, die rechtmäßig nur an ihn ausbezahlt hätte werden dürfen.
Die Beklagte wendete ein, bei der gegenständlichen Versicherung handle es sich um eine solche auf fremde Rechnung nach § 179 Abs 2 VersVG, sodass die Ansprüche des Versicherten vom Versicherungsnehmer als Treuhänder geltend zu machen seien. Durch ihre Leistung an den verunfallten Nebenintervenienten habe sie den Anspruch aus dem Versicherungsvertrag erfüllt. Sei aber der Rechtsstandpunkt des Klägers zutreffend und wäre demnach ihre Leistung an den Nebenintervenienten rechtsgrundlos erfolgt, habe sie einen Aufwand gemacht, den der Kläger nach dem Gesetz dem Nebenintervenienten selbst hätte machen müssen. Sie habe daher einen auf § 1042 ABGB, die Normen über die Geschäftsführung ohne Auftrag und jede weitere erdenkliche Rechtsgrundlage gestützten Rückforderungsanspruch in Höhe des Klagsbetrages, der dem Begehren des Klägers aufrechnungsweise entgegengehalten werde.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwar könne eine schuldbefreiende Zahlung nur dann erfolgen, wenn die Zahlung in der vereinbarten Form erbracht worden sei, wobei eine Weisung zur Zahlung an einen Dritten im vorliegenden Fall aus den Begleitumständen nicht interpretierbar sei, doch müsse die vorliegende Konstellation in Anwendung des § 1042 ABGB auf vertragliche Pflichten dahingehend gelöst werden, dass auch bei irrtümlicher Zahlung einer fremden Schuld der Anspruch nach § 1042 ABGB zu gewähren sei. Da es sich im Übrigen bei den eingewendeten Forderungen des Klägers um solche aus dem Dienstverhältnis und nicht um solche aus dem Treuhandverhältnis handle, greife das Aufrechnungsverbot gemäß § 1440 ABGB und könnten die vom Kläger für den Nebenintervenienten getätigten Leistungen nicht gegen den Regressanspruch der Beklagten eingewendet werden.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers dahin teilweise Folge, dass es die Klagsforderung mit EUR 20.711,75 und die Gegenforderung der Beklagten mit EUR 19.877,88 als zu Recht bestehend erkannte und die Beklagte demnach dazu verurteilte, dem Kläger EUR 833,87 sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren von EUR 19.877,88 sA wurde abgewiesen.
Das Berufungsgericht führte dazu im Wesentlichen aus, die Unfallversicherung könne auch als Versicherung für fremde Rechnung genommen werden (§ 179 Abs 1 VersVG). Die Unfallversicherung für fremde Rechnung unterliege den allgemeinen Vorschriften nach den §§ 75 bis 79 VersVG. Das bedeute, dass auch hier der Versicherungsnehmer Vertragspartner des Versicherers sei. Die Rechte aus dem Vertrag stünden aber im Zweifel dem Versicherten zu; hingegen sei der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer zur Geltendmachung und zur Disposition über die Versicherungsleistung befugt. Im Innenverhältnis sei der Versicherungsnehmer bei einer Fremdversicherung verpflichtet, die erlangte Versicherungsleistung an den Versicherten herauszugeben. Rechtsgrund sei ein gesetzliches Treuhandverhältnis. Auf das Bestehen eines sonstigen Rechtsverhältnisses zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten komme es nicht an. Die Fremdunfallversicherung trete häufig als Gesamtversicherung (Kollektivversicherung) auf: zB bei der Versicherung der Schüler oder Hörer einer Bildungsanstalt, bei der Versicherung der Arbeitnehmer oder Angestellten eines Unternehmens. Dass die Versicherung hier im Ergebnis nur dem Dienstnehmer aber nicht dem Dienstgeber zugute kommen darf, werde noch durch folgenden Gedanken unterstützt: Das Grundprinzip der Schadensversicherung, dass sich nämlich ein Versicherungsnehmer niemals durch eine Versicherung bereichern dürfe, gelte auch für Gruppenversicherungen betreffend einen Dienstgeber für die bei ihm tätigen Dienstnehmer (EvBl 1970/342; vgl Wahle in seiner Anm zu 3 Ob 509/59 in VersR 1961, 45 f).
Die Beklagte habe dem Kläger die Versicherungsleistung ungeachtet dessen zu erbringen, dass er als Versicherungsnehmer die Leistung an den Versicherten weiterzuleiten habe. Aus diesem Grund sei die Zahlung an den versicherten Nebenintervenienten nicht schuldbefreiend erfolgt. Der Kläger könne daher neuerlich Zahlung fordern. Da er aber, wie ausgeführt, seinerseits verpflichtet sei, die Versicherungsleistung an den Versicherten weiterzuleiten, sei er durch die Zahlung der Beklagten an den Versicherten von dieser Verpflichtung befreit worden. Die Beklagte könne daher gegenüber dem Kläger eine Gegenforderung gestützt auf § 1042 ABGB in Höhe der Leistung an den Versicherten einwenden.
Bei der Versicherung für fremde Rechnung könne der Versicherungsnehmer allerdings nach Lehre und Rechtsprechung dem Anspruch des Versicherten auf Herausgabe der Versicherungsleistung (zumindest) jene Gegenforderungen entgegensetzen, die aus demselben Unfallereignis entspringen. Im vorliegenden Fall den festgestellten Betrag von EUR 833,87, „der aus dem Unfall stammt". Der Kläger habe durch die Zahlung der Beklagten an den Versicherten seine Forderung gegen den Versicherten auf Ersatz des für ihn aus dem Unfallereignis getätigten Aufwandes nicht verloren. Er könne sie daher dem Regressanspruch (der Gegenforderung) der Beklagten entgegensetzen. Daher bestehe die Gegenforderung der Beklagten nur mit EUR 19.877,88 sA zu Recht.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, „weil keine erhebliche Rechtsfrage zu beurteilen war".
In der außerordentlichen Revision, mit der der Kläger auch die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Kostenpunkt ausdrücklich - als nichtig - bekämpft, wird im Wesentlichen lediglich geltend gemacht, die Ansicht der Vorinstanzen, die Beklagte könne seinem berechtigten Anspruch auf Leistung der Versicherungssumme eine bereicherungsrechtliche Gegenforderung nach § 1042 ABGB entgegenhalten, sei materiell- und verfahrensrechtlich verfehlt. Die Beklagte habe einen „glatten Vertragsbruch" begangen und sei daher die Geltendmachung einer Gegenforderung durch sie sittenwidrig. Die Rechtsansicht der Unterinstanzen führe dazu, dass im Bereich der Versicherungen für fremde Rechnung vereinbarungswidrige Auszahlungen des Versicherers für diesen rechtlich und tatsächlich folgenlos bleiben würden. Durch die vertragswidrige Direktauszahlung würde dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit genommen, seine Gegenforderungen vor der Weiterleitung sogleich in Abzug zu bringen. Das führe im Fall eines zahlungsunfähigen Dritten dazu, dass der Versicherungsnehmer leer ausgehe. Dass er als Versicherungsnehmer eine Art gesetzlicher Treuhänder für die Versicherungsleistung sei, möge zwar zutreffen, betreffe aber nur sein Verhältnis zum Versicherten und nicht sein Verhältnis zur beklagten Versicherung. Für den vorliegenden Versicherungsrechtsstreit sei daher auch die Frage ohne Belang, ob und in welchem Umfang es der Kläger zur Weiterleitung der Versicherungssumme an den Versicherten verpflichtet gewesen wäre und in welchem Umfang er von dieser Verpflichtung befreit worden sei. Beim Anspruch nach § 1042 ABGB handle es sich um einen Unterfall des Verwendungsanspruches nach § 1041 ABGB. Im dreipersonalen Verhältnis werde der sog. „Versionsanspruch" abgelehnt. Die Gegenforderung der Beklagten bestehe daher nicht zu Recht. Die Beklagte habe primär die Möglichkeit der Leistungskondiktion gegenüber dem Nebenintervenienten, was den Anspruch nach § 1042 ABGB ausschließe.
Das Berufungsgericht habe infolge teilweiser Stattgebung der Berufung eine eigenständige, neue Kostenentscheidung getroffen. Diese Kostenentscheidung sei mit einer in jedem Verfahrensstadium wahrzunehmenden Nichtigkeit behaftet. Er habe nämlich nie die Gelegenheit erhalten, zu den geltend gemachten Kostenersatzansprüchen der Beklagten und des Nebenintervenienten Stellung zu nehmen, obwohl es sich bei Kostenersatzansprüchen um „civil rights" gemäß Art 6 EMRK handle.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen wird keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vom Revisionswerber aufgezeigt: Einzuräumen ist diesem zwar, dass keine oberstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliegt, ob der Versicherer, der bei einer Versicherung für fremde Rechnung die Leistungsauszahlung ohne Zustimmung des bezugsberechtigten Versicherungsnehmers direkt an den Versicherten anstatt an den Versicherungsnehmer vornimmt, bei seiner späteren gerichtlichen Inanspruchnahme durch den Versicherungsnehmer diesem mit Erfolg eine auf § 1042 ABGB gestützte Gegenforderung entgegenhalten könne. Diese Frage hängt aber letztlich immer von den Umständen des konkreten Falles, insbesondere von den konkreten Vereinbarungen zwischen den Beteiligten ab und lässt sich daher nicht allgemeingültig beantworten. Dass in einem Fall wie dem vorliegenden kein anderes Ergebnis als das vom Berufungsgericht erzielte, vertretbar wäre, liegt auf der Hand. Der Kläger leugnet ja selbst gar nicht, dass die Versicherungsleistung allein dem Nebenintervenienten zusteht. Er weist lediglich auf die Möglichkeit von Gegenforderungen des Versicherungsnehmers gegen den Versicherten hin. Gerade diesem Einwand wurde aber vom Berufungsgericht ohnehin Genüge getan, das ja die Rechtsmeinung vertritt, derartige Gegenforderungen des Versicherungsnehmers müssten auch gegenüber der Kompensandoforderung des beklagten Versicherers in einem Fall wie dem vorliegenden eingewendet werden können. Eine mögliche Insolvenz des Versicherten stellt gerade in einem Fall wie dem vorliegenden entgegen der Meinung des Revisionswerbers kein Risiko dar (lediglich eine Insolvenz des Versicherers hätte im vorliegenden Fall zu einem Ausfall des Klägers führen können).
Nach der in diesem Punkt übereinstimmenden Lehre (vgl Armbruster im Versicherungshandbuch § 6 Rn 11 ff Knappmann in Prölls Martin VVG27, § 179 Rn 11) ist der Versicherungsnehmer bei einer Versicherung „auf fremde Rechnung" Treuhänder des Versicherten und ist daher vertraglich verpflichtet, die erhaltene Versicherungsleistung (nach allfälligem Abzug eigener Spesen) dem Versicherten weiterzuleiten. Tut er dies nicht, so wäre er vertragswidrig bereichert.
Rechtsdogmatische Bedenken gegen die Anwendung des § 1042 ABGB in einem Fall wie dem vorliegenden bestehen wohl nicht zu Recht. Das Wesen des Anspruches nach dieser Gesetzesstelle ist es, dass jemand (ein anderer, der Bereicherte; im vorliegenden Fall der Kläger) aus dem Rechtsgut des Eigentümers (des Verkürzten, des Verletzten; hier der Beklagten) ohne Rechtsgrund einen Vorteil zieht; der Vorteil fließt dem Berechtigten aber nicht unmittelbar, sondern durch Abnahme einer Last durch eine Leistung des Verkürzten an eine Mittelsperson (den Dritten), an die nach dem Gesetz der Bereicherte zu leisten hatte, zu; nach herrschender Auffassung wird nur der Ausdruck „nach dem Gesetz" dahin verstanden, dass der Ersatz des Aufwandes gefordert werden kann, zu dem ein anderer aus welchem Rechtsgrund immer verpflichtet war (SZ 52/79 mwN). Die Bestimmung des § 1042 ABGB hat jedoch nur eine ergänzende Funktion und kommt nicht zur Anwendung, wenn die Vermögensverschiebung in einem Rechtsverhältnis zwischen dem Verkürzten und dem Bereicherten einen ausreichenden Rechtsgrund hat oder sonst durch das Gesetz gerechtfertigt oder geregelt ist (JBl 1978, 434; SZ 39/82 ua). Außerdem scheidet die Anwendung des § 1042 ABGB immer dann aus, wenn der Aufwand durch ein Vertragsverhältnis zwischen dem Aufwendenden und dem Empfänger gerechtfertigt war (SZ 52/79 mwN), insbesondere also, wenn der Verkürzte infolge einer eigenen Rechts- insbesondere Vertragspflicht an den Dritten zu leisten hatte. Das war im vorliegenden Fall, in dem zwischen der Beklagten und dem Nebenintervenienten eben kein Vertragsverhältnis bestand, gerade nicht der Fall. Im vorliegenden Fall kann § 1042 ABGB daher wohl angewendet werden, da hier weder zwischen den Streitteilen, noch zwischen der Beklagten und dem Nebenintervenieten, an den sie geleistet hat, sondern nur zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenieten eine Rechtsbeziehung bestand, die im Falle der Auszahlung der Versicherungsleistung an den Kläger diesen zum Aufwand an den Nebenintervenienten verpflichtet hätte.
Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher
1.) in Ansehung der darin enthaltenen Bekämpfung der Entscheidung des Berufungsgerichtes im Kostenpunkt als gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig,
2.) und war im Übrigen gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
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