OGH 4Ob93/05p

OGH4Ob93/05p14.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für Oberösterreich, *****, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Christine M*****, vertreten durch WKG Wagner-Korp-Grünbart Rechtsanwälte GmbH in Andorf, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 32.500 EUR), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 4. Februar 2005, GZ 4 R 6/05p-10, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 9. Dezember 2004, GZ 4 Cg 62/04v-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegen die ihrem Vertreter am 16. 2. 2005 zugestellte einstweilige Verfügung des Rekursgerichts erhob die Beklagte einen außerordentlichen Revisionsrekurs (ON 12), der von ihrem Vertreter am 10. 3. 2005 zur Post gegeben wurde. Das Erstgericht wies das Rechtsmittel mit Beschluss vom 15. 3. 2005 (ON 14), dem Vertreter der Beklagten am 17. 3. 2005 zugestellt, als verspätet zurück. Die Beklagte gab daraufhin am 24. 3. 2005 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsrekursfrist, verbunden mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs, zur Post (ON 15). Das Erstgericht gab dem Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom 29. 3. 2005 (ON 16) statt und legte den außerordentlichen Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof vor. Ungeachtet der vom Erstgericht bewilligten Wiedereinsetzung ist das Rechtsmittel verspätet:

Nach § 58 Abs 2 EO findet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens einer Frist im Exekutionsverfahren - und damit gemäß § 402 Abs 4 EO auch im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung - nicht statt. Der entgegen dieser Bestimmung vom Erstgericht gefasste Beschluss auf Bewilligung der Wiedereinsetzung ist somit gesetzwidrig.

Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0002135 und RS0002122) und überwiegender Lehre (Heller/Berger/Stix 636 f; Kodek in Angst, EO § 402 Rz 19; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 58 Rz 11; aA Neumann, ZPO4 I 730; Jakusch in Angst, EO § 58 Rz 3) ist eine entgegen § 58 Abs 2 EO bewilligte Wiedereinsetzung unwirksam und für den Obersten Gerichtshof unbeachtlich. Die - soweit überblickbar - einzige gegenteilige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (1 Ob 242/53) wird in nunmehr einhelliger Rechtsprechung aus der Erwägung abgelehnt, dass ein dem Gesetz fremder Beschluss keine rechtlichen Wirkungen haben könne (RIS-Justiz RS0002135 [T4]).

Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzugehen. Eine versäumte Rechtsmittelfrist kann durch einen im Gesetz nicht vorgesehenen Rechtsbehelf nicht restituiert werden. Die Auffassung von Jakusch (aaO), den gesetzwidrigen Bewilligungsbeschluss als wirksam, aber - entgegen der Rechtsmittelbeschränkung des § 153 ZPO - im Rechtsmittelweg bekämpfbar zu beurteilen, findet im Gesetz keine Stütze. Die Rechtskraft eines Beschlusses kann nicht durch die Rechtskraft des die Wiedereinsetzung bewilligenden Beschlusses konterkariert werden; bei gegenteiliger Auffassung stützte man sich beim Bewilligungsbeschluss auf das Institut der Rechtskraft, das man bei der zuvor gefassten Entscheidung aber ignoriert (so zutreffend Rassi aaO).

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist demnach ohne inhaltliche Überprüfung auf das Vorliegen von erheblichen Rechtsfragen (§ 528 Abs 1 ZPO) zurückzuweisen.

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