OGH 7Ob112/05d

OGH7Ob112/05d8.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Heinz Sacher, Rechtsanwalt, Freidlgasse 12/I, 9400 Wolfsberg, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K***** GmbH & Co KG, ***** (40 S 67/04z des Landesgerichtes Klagenfurt), gegen die beklagte Partei I***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Mag. Oliver Lorber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung der Versicherungsdeckung (Streitwert: EUR 21.801,85), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24. März 2005, GZ 4 R 127/04k-49, womit das Endurteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 29. März 2004, GZ 23 Cg 194/01f-41, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die spätere Gemeinschuldnerin (in der Folge: klagende Partei) hatte mit der Beklagten zu Polizzen-Nr ***** einen von ihr zum 1. 12. 1999 gekündigten Haftpflichtversicherungsvertrag für das versicherte Risiko Hoch- und Tiefbauunternehmen und Verleih von Maschinen mit einer Pauschaldeckungssumme von S 30 Mio geschlossen, dem die AHVB 1993 und die EHVB 1993 zugrunde lagen.

Gemäß Art 8 Punkt 1.3 AHVB trifft den Versicherungsnehmer die Obliegenheit, den Versicherer umfassend und unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Kenntnis des Versicherungsfalles zu informieren, und zwar schriftlich, falls erforderlich auch fernmündlich oder fernschriftlich.

Nach Punkt 2 Abschnitt B der EHVB 1993 (Baugewerbe und ähnliche Gewerbe) erstreckt sich die Versicherung nach Maßgabe des Deckungsumfangs der AHVB und des Abschnittes A der EHVB insbesondere auch auf Schadenersatzverpflichtungen aus.

2.3. Schäden infolge Unterfahrens oder Unterfangens von Bauwerken;

2.4. Schäden durch Senkung von Grundstücken auch eines darauf errichteten Bauwerkes oder eines Teiles eines solchen sowie durch Erdrutschungen;

2.5. Schäden an benachbarten Bauwerken infolge Unterlassung sachgemäßer Pölzung (auch Versteifungen oder Verspreizungen).

Im Versicherungsvertrag war vereinbart, dass sich der Versicherungsschutz abweichend von Art 1.2 sowie Art 7.1.2 AHVB auch auf die Vertragshaftung aufgrund „genormter Vertragsbedingungen" von Bund, Ländern, Gemeinden oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften einschließlich der ÖBB sowie aufgrund von Ö-Normen bezieht. Dazu war im Versicherungsvertrag unter dem Punkt Vertragshaftung folgendes festgehalten:

„1. Der Versicherungsschutz bezieht sich abweichend von Art 1.2 sowie Art 7.1.2 AHVB nach Maßgabe des Deckungsumfanges dieses Versicherungsvertrages auch auf die Vertragshaftung laut Punkt 4.

Art 2.1. AHVB findet keine Anwendung.

2. Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz bleiben jedenfalls:

- verursachungsunabhängige Haftungen des Versicherungsnehmers,

- Ansprüche wegen Vertragsstrafen jeglicher Art.

3. Insoweit bewiesen werden kann, dass der Versicherungsfall ganz oder teilweise auf Verschulden des Vertragspartners - einschließlich der für den Vertragspartner handelnden Personen - zurückzuführen ist, tritt eine Aufhebung der Minderung der Leistungspflicht des Versicherers nach Maßgabe des festgestellten Verschuldens ein.

4. Versicherte Vertragshaftung:

Vertragshaftung aufgrund genormter Vertragsbedingungen von Bund, Ländern, Gemeinden oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, einschließlich ÖBB, sowie aufgrund von Ö-Normen."

Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung Wasserwirtschaft, als ausschreibende Stelle schrieb für die Stadtgemeinde J***** als Bauherr im offenen Verfahren Hochwasserschutzmaßnahmen am Purbach in Judenburg aus. Die Arbeiten umfassten die Errichtung eines Hochwasserkanals samt allen Leitungsverlegungen und der neuen Straßengestaltung. Da es sich um ein vom Land Steiermark gefördertes Projekt handelte, war die Ausschreibung vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung Wasserwirtschaft, vorzunehmen.

Im Punkt C Allgemeine/Besondere Vorbemerkungen [der Ausschreibungsbedingungen] war in Punkt 5 (= C.5 Arbeitsraum) unter anderem folgendes festgehalten (Beilage ./B):

„Die für Baumaßnahmen benötigte Grundfläche (Grundfläche des Bauwerkes [= Arbeitsraum]) wird dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellt.

... Alle Arbeiten sind so durchzuführen, dass an den angrenzenden Grundstücken keine Schäden entstehen. Werden durch die Bauarbeiten trotzdem Beschädigungen verursacht, sind diese durch den Auftragnehmer auf dessen Kosten einwandfrei wieder zu beheben und der vorherige Zustand herzustellen. Der Auftragnehmer haftet in vollem Ausmaß für alle durch die Baumaßnahmen entstandenen Schäden. ..."

Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung Wasserwirtschaft, verwendete damals bei allen geförderten Hochwasserprojekten in den Ausschreibungsbedingungen dieselben „Allgemeinen Vorbemerkungen". Sie wurden allen damals ausgeschriebenen Bauprojekten dieser Art zugrundegelegt. Ihre Formulierung erfolgte durch die Techniker der Fachabteilung Wasserwirtschaft des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung. Der Text dieser „Allgemeinen Vorbemerkungen" war nicht durch Gesetz, Verordnung oder Erlass vorgegeben. Gewollt war (mit dieser Bestimmung), dass Bauherrn jedenfalls nicht für Schäden haften.

Die klagende Partei legte entsprechend den Ausschreibungsbedingungen ein Angebot. Da es sich um eine öffentliche Ausschreibung handelte, hätten Vorbehalte oder die Nichtannahme von Ausschreibungsbedingungen zur Nichtberücksichtigung ihres Angebotes geführt.

Die klagende Partei war Bestbieter; ihr wurde der Zuschlag erteilt. Sie führte die beauftragten Arbeiten vom 25. 5. 1998 bis 4. 8. 2000 durch. Im Jahr 1998 wurde der Hochwasserkanal hergestellt, 1999 die Leitungsverlegungen und die Straßengestaltung und 2000 die Abschlussarbeiten durchgeführt. Unterfangungen wurden bis zum 6. 10. 1998 vorgenommen.

Durch die Bauarbeiten verursachte die klagende Partei an den angrenzenden Häusern *****gasse 6, 7, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 19 und 23 Schäden, die vor allem in Rissen an den Gebäudeteilen und im Gebäudeinneren bestanden. Diese Schäden sind auf Baumaßnahmen, die vor dem 1. 12. 1999 erfolgt sind, zurückzuführen - und zwar überwiegend auf Unterfangungsarbeiten - und haben sich zum Teil erst nach mehreren Monaten gezeigt. Nicht auszuschließen ist, dass Schäden auch auf Grabungsarbeiten und den Einsatz schwerer Baumaschinen zurückzuführen sind; jedoch ist dieser Ursachenanteil geringfügig.

Zur Behebung der Schäden ist „schätzungsweise" ein Betrag von EUR 16.401,53 erforderlich.

Die Ausführung der Arbeiten erfolgte überwiegend fachgerecht. Bei unsachgemäßer Arbeitsweise wären die Schadensbilder wesentlich gravierender gewesen. Alle Schäden waren nicht vermeidbar.

Ein von der ausschreibenden Stelle beauftragtes Zivilingenieurbüro stellte vor und nach den Bauarbeiten zwecks Beweissicherung den Zustand der insgesamt 24 angrenzenden Häuser fest. Durch diese Maßnahme und die von der klagenden Partei erfolgte gute Baudokumentation sind die Schäden, ihre Ursachen, ihr Entstehungszeitpunkt und die Kosten ihrer Behebung rekonstruierbar. Die Schäden sind erst bei zwei Häusern behoben worden.

Die klagende Partei wurde von ihrem Auftraggeber schriftlich zur Behebung der Schäden bis 30. 2. 2002 aufgefordert. Im Fall der Nichtbehebung wurde die Einbringung der Klage angedroht.

Aufgrund der eingetretenen Schäden zeigte die klagende Partei am 5. 9. 2000 ihrem damaligen Haftpflichtversicherer und Nachversicherer, der beklagten Partei, den Versicherungsfall an. Dieser Versicherer beauftragte den Sachverständigen DI Gerald L***** mit der Erstattung eines Gutachtens. In diesem Gutachten vom 30. 10. 2002 (Beilage ./G) war ausgeführt, dass die Schäden mit großer Wahrscheinlichkeit bereits vor dem 1. 6. 1999 aufgetreten sind. Aufgrund dieses Gutachtens zeigte die klagende Partei durch die sie in Versicherungsangelegenheiten betreuende Versicherungsberatung GmbH in Graz der Beklagten zunächst telefonisch und dann mit Schreiben vom 23. 1. 2000 unter Anschluss einer Ablichtung des Gutachtens den Versicherungsfall an.

Mit Schreiben vom 4. 12. 2000 teilte die Beklagte der V***** GmbH mit, dass der klagenden Partei im Ausmaß von 50 % Versicherungsschutz gewährt wird. Dies mit der Begründung, dass nicht konkret abgegrenzt werden könne, welche Schäden durch welche Arbeiten dann verursacht worden sein könnten und dass das Auftreten von Rissbildungen im Rahmen von derartigen Bautätigkeiten bis zum Nachweis des Gegenteils mit hoher Wahrscheinlichkeit als unvermeidbar anzusehen sei. Deshalb sei primär eine verschuldensunabhängige Haftung des Bauherrn bzw des Auftraggebers im Rahmen von nachbarrechtlichen Ausgleichsansprüchen zu prüfen. Auf den Hinweis der Versicherungsberatung GmbH, das eine vertragliche Haftung von der klagenden Partei übernommen wurde, hat sich ein ausschließlich zur Frage des Versicherungsschutzes für vertragliche Haftung geführter Schriftwechsel zwischen der Beklagten und der Versicherungsberater GmbH entwickelt. In diesem Zusammenhang wurden der Beklagten auszugsweise die Ausschreibungsbedingungen mit dem zitierten Punkt C.5 und eine von der klagenden Partei eingeholte Stellungnahme des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung Wasserwirtschaft, vom 22. 3. 2001 übermittelt. In dieser Stellungnahme wird ausgeführt, dass es sich bei Punkt C.5 der Vorbemerkungen um eine „Standardformulierung" handelt. Weitere Unterlagen wurden von der Beklagten nicht benötigt.

Mit Teilanerkenntnisurteil vom 12. 2. 2002 (ON 8, 9) wurde die Deckungspflicht des beklagten Versicherers gegenüber der nunmehrigen Gemeinschuldnerin (im Folgenden: klagende Partei) aus dem Versicherungsvertrag Polizzen Nr 3***** für die im Zuge der Ausführung des Bauvorhabens P***** Hochwasserschutz, Stadtgemeinde J*****, an den Häusern M*****gasse 6, 7, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 19 und 23, alle in ***** J*****, eingetretenen Schäden, beschränkt mit der im Versicherungsvertrag festgelegten Haftungshöchstsumme von S 30,000.000, sofern sich die Haftung der Klägerin gegenüber den Geschädigten aus gesetzlicher Haftpflicht ergibt, rechtskräftig festgestellt.

Mit dem angefochtenen, vom Berufungsgericht bestätigten Endurteil gaben die Vorinstanzen dem auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten aus diesem Versicherungsvertrag für die im Zuge der Bauausführung des gegenständlichen Bauvorhabens an den genannten Häusern eingetretenen Schäden, beschränkt mit der im Versicherungsvertrag festgelegten Haftungshöchstsumme von S 30,000.000 auch insoweit statt, als sich die Haftung der klagenden Partei gegenüber dem Geschädigten aus übernommener Vertragshaftung ergibt.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, die erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO einerseits in der angeblich unrichtigen Auslegung des Begriffs „genormte Vertragsbedingungen von Bund, Ländern, Gemeinden oder sonstigen öffentlich- rechtlichen Körperschaften, einschließlich der ÖBB" (laut Punkt 4. der laut Versicherungsvertrag ausdrücklich versicherten „Vertragshaftung" aufgrund derartiger Bedingungen) und andererseits darin erblickt, dass das Berufungsgericht von der höchstgerichtlichen Rsp abgewichen sei, wonach eine Feststellungsklage unzulässig ist, wenn der Kläger seinen Anspruch bereits mit Leistungsklage geltend machen kann.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, dass die Revision dann zulässig wäre, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen oder des Verfahrensrechts abhinge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Dies ist hier jedoch nicht der Fall:

Nach § 228 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass jenes Rechtsverhältnis oder Recht durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Auch die Verbindung eines Feststellungsbegehrens mit einem Leistungsbegehren ist nach der Rechtsprechung zulässig, wenn ein Teil der Ansprüche bereits fällig, mit weiteren Ansprüchen - wie im vorliegenden Fall - jedoch zu rechnen ist und daher durch das Feststellungsbegehren die Häufung von Rechtsstreiten vermieden werden kann (RIS-Justiz RS0038944, RS0038970 ua). Dass bereits eingetretene Schäden mit Leistungsklage geltend zu machen sind, hindert die Feststellungsklage dann nicht, wenn durch den Leistungsanspruch der Feststellungsanspruch (wegen künftig eintretender Nachteile) nicht erschöpft ist (9 Ob 411/97z ua). Nur dann, wenn wirklich feststeht, dass ein bereits anhängiger Leistungsstreit alles bringen kann, was mit dem Feststellungsbegehren erreicht werden könnte, oder wenn zumindest über das Leistungsbegehren hinausgehende Forderungen nach menschlichem Ermessen auszuschließen sind, ist im Hinblick auf ein anhängiges Leistungsverfahren das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Deckungspflicht zu verneinen (RIS-Justiz RS0038817, RS0038965 ua; zuletzt: 9 ObA 5/04g).

Der Rechtssatz der Rechtsprechung, dass die Feststellungsklage nicht zuzulassen ist, wenn die Leistungsklage eingebracht werden kann, gilt also nur dann, wenn durch den Leistungsanspruch auch der Feststellungsanspruch ausgeschöpft wird (RIS-Justiz RS0038817 [T9 und T11]; zuletzt: 7 Ob 137/04d), das heißt, wenn weitere als die durch das Leistungsbegehren gezogenen Rechtsfolgen aus der Feststellung des fraglichen Rechtsverhältnisses oder Anspruches nicht in Betracht kommen (RIS-Justiz RS0039021 zuletzt: 9 ObA 5/04g). Demgemäß wird - wie die außerordentliche Revision selbst festhält - auch in der Entscheidung 7 Ob 310/01s lediglich ausgeführt, „dass die Klage mangels Feststellungsinteresses abzuweisen ist, wenn die Höhe des Schadens, für den Versicherungsdeckung begehrt wird, bis zum Schluss des Verfahrens feststeht".

Ein derartiger Fall ist hier jedoch nicht gegeben, weil im vorliegenden Verfahren lediglich feststeht, welcher Betrag „schätzungsweise" zur Behebung der Schäden an den eingangs angeführten Häusern erforderlich sein wird, und dass die Schäden erst bei zwei Häusern behoben wurden (S 6 f des Ersturteils bzw S 6 f der Berufungsentscheidung). Auf die zuletzt (unter Berufung auf den vom Geschäftsführer der klagenden Partei angegebenen Zeitpunkt des Auslaufens der Bankgarantie für den Haftrücklass) angestellten Hypothesen betreffend (allenfalls) bereits erfüllter Schadenersatzverpflichtungen ist daher schon deshalb nicht einzugehen, weil sie von diesen unangefochtenen Feststellungen (die Beklagte hat in der Berufung nur eine Rechts- bzw Kostenrüge erhoben) abweichen.

Außerdem hat die Beklagte einen Feststellungsanspruch betreffend ihre Deckungspflicht für deliktische Handlungen der klagenden Partei im Zuge des Verfahrens sogar ausdrücklich anerkannt (ON 8 insbesondere Seite 5). Hinsichtlich der Feststellung dieser Deckungspflicht - soweit sich die Haftung der klagenden Partei aus gesetzlicher Haftpflicht ergibt - liegt daher für die gegenständlichen Schäden sogar ein rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil (ON 8, 9) vor. Weshalb für den Feststellungsanspruch betreffend die Deckungspflicht aus der versicherten „Vertragshaftung", wie er im bekämpften Endurteil zuerkannt wird, etwas anderes gelten sollte, ist nicht zu erkennen.

Was aber den in der außerordentlichen Revision aufrecht erhaltenen Standpunkt betrifft, die Regelung in Punkt C.5 der Ausschreibungsbedingungen (Beilage ./B Seite 13) sei nicht dem Begriff „genormte Vertragsbedingungen" zu subsumieren, bleibt unberücksichtigt, dass sich das Berufungsgericht mit dieser Frage bereits beschäftigt hat und dabei zu folgendem Ergebnis gelangt ist:

Aus den dargestellten Versicherungsbedingungen folge eine auch vertragliche Haftung und der Ausschluss der Begrenzung der Deckungspflicht im Umfang des Art 7.1.2 AHVB [für vertragliche Ansprüche]. Dass die vorliegenden Schäden „verursachungsunabhängig", also ohne Zutun der klagenden Partei aufgetreten wären, sei nicht hervorgekommen; vielmehr seien diese Schäden auf die Tätigkeit der klagenden Partei im Zuge ihrer Werkleistungen zurückzuführen. Es treffe auch nicht zu, dass die klagende Partei in der Lage wäre, die Schadenshöhe exakt zu beziffern. Die Bedeutung des Wortes „Norm" im Sinnverständnis einer Richtschnur, einer Regel, als Grundlage der Rechtsordnung bzw als „Größenanweisung in der Technik" (Duden, Deutsche Rechtschreibung) bzw als Regel, Gesetz, Richtschnur (Österreichisches Wörterbuch - vgl auch ON 10) lasse die vom Erstgericht vorgenommene Deutung des vom Wort Norm abgeleiteten Begriffes „genormt" zwanglos zu. Die Auffassung der Beklagten, dass die Ausschreibungsbedingungen durch Gesetz, Verordnung oder Erlass, also von öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Anweisungen) abgeleitet sein müssten, sei nicht überzeugend, zumal etwa die ÖBB keine Normsetzungsbefugnis aufweise; ÖNormen gehörten (meistens) als bloße Richtlinien ausschließlich dem Tatsachenbereich an und seien ohne Einbezug in einen Vertrag oder gesetzliche bzw auf [Ver-]Ordnung beruhende Verweisung grundsätzlich nicht rechtsverbindlich (vgl Kramer in Straube HGB3, 346 HGB Rz 13). Dass die gegenständlichen Vertragsbedingungen „genormte Vertragsbedingungen des Landes Steiermark" sind, sei klar bewiesen. Die Stadtgemeinde J***** habe auch keine Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich dieser Vertragsbedingungen gehabt, weil die Zugrundelegung dieser Bedingungen die Voraussetzung für die Erlangung öffentlicher Förderungsmittel gewesen sei. Der Deckungsanspruch sei daher unter Berücksichtigung des Schadensumfanges zu bejahen (Grubmann VersVG5 [2002] § 12 E 117; Seite 25 f der Berufungsentscheidung).

Weshalb in dieser Beurteilung, die der stRsp zur Auslegung von Versicherungsbedingungen (vgl dazu zuletzt: 7 Ob 32/05i) in keiner Weise widerspricht, eine erhebliche Rechtsfrage liegen sollte, ist nicht ersichtlich. Die Rechtsmittelwerberin ist vielmehr auf die unstrittigen Feststellungen des Ersturteils zu verweisen, wonach die hier vereinbarte Vertragshaftung auf Punkt C.5 „Allgemeine/Besondere Vorbemerkungen" der Ausschreibungsbedingungen, also - entgegen den Ausführungen der außerordentlichen Revision - auf „genormten Vertragsbedingungen" der Stadtgemeinde J***** beruht, die damals bei allen geförderten Hochwasserprojekten verwendet wurden; wobei die gegenständlichen Schäden (von denen feststeht, dass sie trotz „überwiegend fachgerechter" Arbeitsweise eintraten [bei unsachgemäßer wären die Schadensbilder wesentlich gravierender gewesen], und dass alle Schäden [jedenfalls] nicht vermeidbar waren) von der klagenden Partei auch tatsächlich verursacht worden sind.

Von dieser Tatsachengrundlage ausgehend kam der im Rechtsmittel erörterten Frage, ob für die Stadtgemeinde auch eine andere Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich dieser Vertragsbedingungen bestand, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, und ein unzulässiger Haftungsausschluss zugunsten des Bauherrn war hier ebenfalls nicht zu erkennen, sodass auch auf die Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen nicht weiter einzugehen ist.

Der Revision ist daher nur noch zu erwidern, dass der Versicherer selbst den Deckungsumfang im vorliegenden Versicherungsvertrag „abweichend" von Art 1.2 sowie Art 7.1.2. AHVB 1993 (= Ausschluss von Ansprüchen, die über die gesetzliche Haftpflicht für Schadenersatzverpflichtungen hinausgehen) hinsichtlich der besonders vereinbarten „Vertragshaftung" dahin erweitert hat, dass letztlich nur noch Ansprüche aus Vertragsstrafen und für „verursachungsunabhängige" Haftungen des Versicherten weiterhin vom Versicherungsschutz ausgeschlossen blieben (Punkt 2 der vereinbarten Vertragshaftung aufgrund „genormter Vertragsbedingungen"). Dieser Vorgabe entspricht aber auch die hier zu beurteilende Haftungsbestimmung lt Punkt C.5 „Allgemeine/Besondere Vorbemerkungen" der Ausschreibungsbedingungen, wonach die klagende Partei als Auftragnehmer in vollem Ausmaß für „alle durch die Baumaßnahmen entstandenen Schäden", also verschuldensunabhängig haftet; hat die Beklagte doch auch dafür die Deckungspflicht, ähnlich einer - zulässigen - sog „Allgefahrendeckung" vertraglich übernommen (vgl dazu Beckmann/Matusche-Beckmann Versicherungshandbuch § 41 Rn 22; Honsell Berliner Kommentar zum dVVG und öVersVG Vorbem §§ 49-68a Rn 13, § 129 Rn 8 ff), sodass sie sich jetzt nicht auf die Sittenwidrigkeit einer dadurch begründeten „schrankenlosen Haftung" berufen kann. Ein auf Vorsatz abzielendes Vorbringen wurde von der Beklagten nicht erstattet.

Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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