OGH 14Os48/05y

OGH14Os48/05y7.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Artur H***** und andere Angeklagte wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und anderer strafbarer Handlungen über den Antrag der Angeklagten Artur H*****, Margarit Y***** und Armen H***** auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 10. März 2005, GZ 12 Hv 4/05h-43, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag der Angeklagten Artur H*****, Margarit Y***** und Armen H***** auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung von Rechtsmitteln gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 10. März 2005, GZ 12 Hv 4/05h-43, wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem bezeichneten Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht wurde Artur H***** des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB sowie Margarit Y***** und Armen H***** der Vergehen des versuchten Diebstahls als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 15, 127 StGB und der versuchten Vollstreckungsvereitelung nach §§ 15, 162 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Weiters fasste das Schöffengericht unter anderem den Beschluss, vom Widerruf einer den drei Angeklagten mit Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 6. Juli 2004, AZ 22 Hv 92/04a, gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen, die Probezeit jedoch jeweils auf fünf Jahre zu verlängern. Unmittelbar nach Verkündung dieser Entscheidung und nach erteilter Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden erklärten die Angeklagten Artur H***** und Margarit Y***** (jeweils in Anwesenheit ihrer Verteidiger und der Dolmetscherin), auf Rechtsmittel gegen das Urteil und den Beschluss auf Probezeitverlängerung zu verzichten. Armen H***** erbat sich hingegen Bedenkzeit, ließ in der Folge jedoch die Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels gegen das Urteil ungenützt verstreichen (S 262 ff).

Mit einer am 8. April 2005 zur Post gegebenen, zwar mit unleserlichem Schriftzug, aber nach dem Absender und den anderen im Akt erliegenden Unterschriften eindeutig von der Zweitangeklagten unterfertigten handschriftlichen, an das Landesgericht Steyr gerichteten Eingabe begehren (angeblich) alle drei Verurteilten die „Wiederaufnahme der Verhandlung" mit der Begründung, strafbare Handlungen nicht begangen und ihren Verteidigern deshalb den Auftrag zur „Einreichung von Berufungen" erteilt zu haben. Einziger Grund, weshalb die Verteidiger diesen Aufträgen nicht entsprochen hätten, könnten nur die zwischen ihnen und den Verteidigern bestehenden Sprachschwierigkeiten gewesen sein, zumal die Dolmetscherin nicht mehr anwesend gewesen sei und sie daher die Antworten der Verteidiger nicht verstanden hätten (ON 73). Soweit dieser Antrag nach seiner weiteren Begründung auch als solcher auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens gemäß § 353 StPO gemeint war, wurde er mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 22. April 2005 bereits abgewiesen (ON 79).

Rechtliche Beurteilung

Ein aus ON 73 abgeleitetes Begehren der Verurteilten um Wiedereinsetzung iSd § 364 StPO gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde geht schon aus formalen Gründen fehl:

Laut Amtsvermerk des Vorsitzenden vom 25. April 2005 (ON 81) und den Stellungnahmen der Verteidiger der Angeklagten Artur H***** und Margarit Y***** (ON 78 und 83) ist allen Verurteilten noch vor Abgabe ihrer Rechtsmittelerklärungen Gelegenheit zur Besprechung mit ihren Verteidigern in Anwesenheit der Dolmetscherin geboten worden. Margarit Y***** spricht im Übrigen sehr gut Deutsch, sodass eine Verständigung mit ihrer Verteidigerin (der gegenüber sie den Rechtsmittelverzicht damals ausdrücklich bestätigt hat - vgl ON 78) auch ohne Beisein eines Dolmetschers möglich gewesen wäre. Wie im Antrag ON 73 auch gar nicht in Abrede gestellt wird, haben die Angeklagten Artur H***** und Margarit Y***** nach Belehrung auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet. Dieser Verzicht kann nicht widerrufen werden, auch nicht bei Irrtum oder Missverständnis (Mayerhofer StPO5 § 285a E 29 und 30). Die ausdrückliche und unmissverständliche Erklärung dieser Angeklagten, kein Rechtsmittel gegen das Urteil erheben zu wollen, kann aber auch nicht durch einen Wiedereinsetzungsantrag ungeschehen gemacht werden; durch dieses Rechtsinstitut können nämlich nur die Folgen einer Unterlassung, nicht aber jene einer Prozesshandlung beseitigt werden (Mayerhofer aaO § 364 E 12; 11 Os 98/02).

Daher ist der Wiedereinsetzungsantrag der Angeklagten Artur H***** und Maragit Y***** unzulässig.

Dasselbe gilt auch für den angeblich vom Verurteilten Armen H***** gestellten Wiedereinsetzungsantrag:

Nach der Ausnahmebestimmung des § 364 StPO kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dem Beschuldigten, nicht aber anderen Personen (somit auch nicht jenen, die berechtigt sind, zu seinen Gunsten ein Rechtsmittel zu ergreifen) gewährt werden (Mayerhofer aaO § 364 E 14).

Der Antrag ON 73 wurde - wie bereits angeführt - ersichtlich nicht von Armen H*****, sondern von Margarit Y***** allein, allerdings auch im Namen ihrer Mitverurteilten gestellt. Ob sie hiezu von Armen H***** beauftragt worden ist, kann dahingestellt bleiben. Im Übrigen wäre dem Verurteilten Armen H***** die Wiedereinsetzung selbst bei zutreffender Antragsbehauptung nicht zu bewilligen, läge in diesem Fall doch seinem Verteidiger (der dann trotz Verständigungsschwierigkeiten eine klärende weitere Unterredung mit seinem Mandanten im Beisein eines Dolmetschers innerhalb der offenen Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde pflichtwidrig unterlassen hätte) ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last (§ 364 Abs 1 Z 1 StPO).

Der Wiedereinsetzungsantrag war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen.

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