OGH 3Ob119/05d

OGH3Ob119/05d23.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Zanger und Dr. Meinhard Novak, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei h*****Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Pistotnik Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 42.000 EUR), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 18. April 2005, GZ 7 R 12/05b, 7 R 13/05z, 7 R 14/05x, 7 R 15/05v, 7 R 33/05s-43, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Tulln vom 14. Dezember 2004, GZ 5 E 7016/04f-14, 15. Dezember 2004, GZ E 7016/04f-15a, 16. Dezember 2004, GZ E 7016/04f-17a, 17. Dezember 2004, GZ E 7016/04f-18a, und 12. Jänner 2005, GZ E 7016/04f-35, abgeändert wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

1. Die betreibende Partei bringt zur Zulässigkeit ihres Rechtsmittels u. a. vor, ein Rekurssenat des LGZ Wien habe in der Entscheidung 47 R 778/04s „zutreffend daran festgehalten, dass der zugrundeliegende Exekutionstitel dem Bestimmtheitsgebot des § 7 Abs 1 EO" entspreche. Der angefochtene Beschluss widerspreche überdies der Entscheidung „1

R 132/04" des OLG Wien (vollständig wohl: 1 R 132/04w). Damit sei der „vorliegende Titel selbst dahingehend ergänzt" worden, dass „die Verbotsverfügung Handlungen betreffe, „'sofern dadurch gegen Rechtsvorschriften oder behördlich erteilte Aufträge oder Auflagen verstoßen'" werde. Ausfertigungen oder Kopien der zitierten Entscheidungen von Rekurssenaten sind dem Revisionsrekurs nicht angeschlossen.

Rechtliche Beurteilung

2. Der erkennende Senat sprach in der Entscheidung 3 Ob 297/01z (= ecolex 2002, 366 [Tonninger]) aus, es könne auch die Uneinheitlichkeit der Rsp von Rekursgerichten oder der Rsp verschiedener Spruchkörper eines Rekursgerichts über eine bestimmte Frage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Interesse der Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit aufwerfen, dürfe es doch auf Dauer nicht von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung bzw. der Geschäftsverteilung eines bestimmten Gerichts abhängen, ob ein- und dieselbe Rechtsfrage einheitlich oder unterschiedlich gelöst werde. Wenn jedoch die Leitlinien der Rsp des Obersten Gerichtshofs einen Beurteilungsspielraum eröffneten, seien auf deren Grundlage auch unterschiedliche Entscheidungen denkbar, ohne dass eine dieser Entscheidungen zwangsläufig auf einer erheblichen Verkennung der Rechtslage beruhen müsse. Es könne zwar nur eine der Entscheidungen richtig sein, die jeweiligen Umstände des Einzelfalls könnten jedoch auch einer gegenteiligen Entscheidung in vertretbarer Weise als Stütze dienen, ohne die Grenzen des angesprochenen Beurteilungsspielraums zu überschreiten. An diesen Leitlinien ist festzuhalten.

3. Wie etwa die Beurteilung der Schlüssigkeit eines Parteivorbringens eröffnet naturgemäß auch die Beurteilung der Bestimmtheit eines Exekutionstitels nach § 7 Abs 1 EO einen Beurteilungsspielraum. Innerhalb dessen Grenzen kann eine Streitfrage vertretbar unterschiedlich gelöst werden. In solchen Fällen wird eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO nur dann aufgeworfen, wenn der angefochtene Beschluss auf einer gravierenden Fehlbeurteilung beruht.

3. 1. Das Rekursgericht berief sich als Stütze für den angefochtenen Beschluss insbesondere auf Leitlinien der zu 16 Ok 11/04, 7 Ob 327/98h und 4 Ob 362/86 ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (s ferner zum gleichen Problemkreis 6 Ob 246/04a; RIS-Justiz RS0000878). Vor deren Hintergrund ist eine dem angefochtenen Beschluss anhaftende gravierende Fehlbeurteilung - eine solche wird auch von der betreibenden Partei nicht explizit behauptet - nicht zu erkennen. Nach dem im Provisorialverfahren erwirkten Titel hat die verpflichtete Partei die Geschäftstätigkeit und Werbemaßnahmen „auf oder über öffentlichem Grund ... entgegen einer Rechtsvorschrift oder wenn hiefür nicht alle erforderlichen Genehmigungen erteilt wurden", zu unterlassen. Nach diesen Wendungen des Exekutionstitels besteht aber, wie bereits das Rekursgericht ausführte, die Gefahr, die Lösung der Streitfrage, ob die verpflichtete Partei das Unterlassungsgebot verletzte, ins Exekutionsverfahren zu verlagern, ein Gesichtspunkt, der etwa auch die Entscheidung 16 Ok 11/04 trägt. Eine dem Anlassfall ähnliche Problemlage wurde ferner bereits in der Entscheidung 4 Ob 362/86 erörtert.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht.

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