OGH 2Ob5/04f

OGH2Ob5/04f23.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Aufteilungssache der Antragstellerin Vera M*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Mag. Norbert Marschall, Rechtsanwälte OEG in Wien gegen den Antragsgegner Franz M*****, vertreten durch Dr. Ulla Heindl, Rechtsanwältin in Wien als Substitutin für Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. November 2003, GZ 43 R 788/03f-71, womit infolge Rekurses beider Parteien der Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 8. September 2003, GZ 2 F 82/01k-61, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden insoweit aufgehoben, als damit der Antrag, das Wohnrecht des Antragsgegners auf der B***** der Liegenschaft EZ ***** für erloschen zu erklären und im Grundbuch die Einverleibung der Löschung anzuordnen und den Antragsgegner zum Ersatz der Kosten und Gebühren zu verhalten, abgewiesen wurde (Punkt 3. des erstinstanzlichen Beschlusses).

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrt nach rechtskräftiger Scheidung der zwischen den Streitteilen geschlossenen Ehe die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens in der Weise, dass die Hauptmietrechte der Antragstellerin an der Wohnung 1100 Wien, Karplusgasse ***** (der ehemaligen Ehewohnung) an den Antragsgegner übertragen gegen Leistung einer Ausgleichszahlung übertragen werden und dass das Wohnrecht des Antragsgegners auf B***** der Liegenschaft EZ ***** für erloschen erklärt und die Einverleibung der Löschung angeordnet und der Antragsgegner auch verpflichtet werde, die Kosten und Gebühren für die Löschung des Wohnrechtes zu tragen.

Zum letzteren allein noch strittigen Punkt brachte die Antragstellerin vor, ihre Mutter habe ihr während der aufrechten Ehe im Jahr 1990 134/279 Anteile an der Liegenschaft EZ ***** Stegersbach mit der Auflage geschenkt, auch für die Mutter, die aus der Ehe entstammenden Kinder und den Antragsgegner ein Wohnrecht einzuräumen. Da das auf der Liegenschaft befindliche Haus während der Ehe von ihr und vom Antragsgegner regelmäßig benützt worden sei, handle es um eheliches Gebrauchsvermögen.

Der Antragsgegner hielt dem entgegen, dass er auf das Wohnrecht hinsichtlich der Liegenschaft in Stegersbach nicht verzichte. Das Wohnrecht sei ihm von der Mutter der Antragstellerin deshalb eingeräumt worden , weil er seine Arbeitskraft in das Haus investiert habe. Dieses Haus sei von der Mutter der Antragstellerin geschenkt worden und unterliege nicht dem Aufteilungsverfahren.

Das Erstgericht hat - soweit noch verfahrensgegenständlich - unter Punkt 3. seiner Entscheidung den Antrag, das dem Antragsgegner eingeräumte Wohnrecht für erloschen zu erklären, abgewiesen. Es ging von nachstehenden wesentlichen Feststellungen aus:

Mit Schenkungsvertrag vom 19. 6. 1990 (während aufrechter Ehe) erhielt die Antragstellerin von ihrer Großmutter und ihrer Mutter 82/279 Anteile an der EZ *****, mit welchen Anteilen das Wohnungseigentum an der Wohnung top 1 untrennbar verbunden ist, geschenkt. Gemäß Punkt 12b, Aa des Schenkungsvertrages erfolgte die Schenkung unter der Auflage des lebenslänglichen, unentgeltlichen Wohnrechts für die Mutter der Antragstellerin, den Antragsgegner und die der Ehe entstammenden drei Kinder.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, das Wohnrecht des Antragsgegners sei nicht in die Aufteilung einzubeziehen, weil das Haus der Antragstellerin geschenkt worden sei. Das Wohnrecht sei weder Wertanlage noch diene es dem Gebrauch beider Eheleute.

Das gegen den abweisenden Teil (Punkt 3) der Entscheidung von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht gab deren Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei.

Es teilte die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, die Liegenschaftsanteile seien der Antragstellerin von ihrer Mutter geschenkt worden und unterlägen, weil es sich nicht um die Ehewohnung handle, nicht der Aufteilung. Probleme, die sich daraus ergeben könnten, dass der Antragsgegner ein Wohnungsrecht habe, seien nicht im Rahmen des Aufteilungsverfahrens zu lösen. Der Grundsatz, dass die Lebensbereiche der Streitteile möglichst zu trennen seien, könne nur dort angewendet werden, wo eine Entscheidung über der Aufteilung unterliegende Gegenstände zu fällen sei.

Die Antragstellerin begehrt in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs die Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahingehend, dass ihrem Antrag, das Wohnrecht des Antragsgegners für erloschen zu erklären, stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner begehrt in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben, bzw ihn als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil Rechtsprechung zum vorliegenden Sachverhalt fehlt; er ist auch im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

Die Antragstellerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, bei der Schenkung der Eigentumswohnung handle es sich im Zusammenhang mit der Einräumung eines Wohnrechts um ein einheitliches Rechtsgeschäft. Die Entscheidung verstoße auch gegen § 84 EheG, wonach sich die Lebensbereiche der geschiedenen Eheleute möglichst wenig berühren sollen.

Dazu ist auszuführen:

In die Aufteilung fallen nach § 81 Abs 1 EheG das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse. Auch ein Wochenendhaus (oder wie hier offensichtlich eine zu Erholungszwecken dienende Eigentumswohnung) kann Bestandteil des ehelichen Gebrauchsvermögens sein (Bernat in Schwimann ABGB2 Rz 15 zu § 81 EheG mwN). Der Aufteilung unterliegen aber nicht Sachen die (nur) einem Ehegatten von einem Dritten geschenkt wurden. Hingegen unterliegen Geschenke an beide Eheleute, sofern es sich um eheliches Gebrauchsvermögen handelt, der Aufteilung. Im Zweifel - sofern kein anderer Wille des Dritten erkennbar ist - ist davon auszugehen, dass eine Zuwendung, die während der Ehe beiden Eheleuten zur Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse zugute kommen soll, ein Geschenk an beide ist und daher zum aufzuteilenden Vermögen gehört (Hopf/Kathrein, Eherecht, Rz 5 zu § 82 EheG mwN).

Hier haben die Mutter und die Großmutter der Ehefrau mit einem Rechtsgeschäft der Ehefrau die Eigentumswohnung geschenkt und gleichzeitig - offenbar ebenfalls schenkungsweise - dem Ehemann ein Wohnrecht eingeräumt. Nach den obigen Ausführungen handelt es sich daher um eine Zuwendung, die beiden Eheleuten zur Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse zugute kommen sollte und daher der Aufteilung unterliegt. Die vom Erstgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht zitierte Entscheidung 4 Ob 185/99f (= EFSlg 90.413) steht dem nicht entgegen, weil im dort zu entscheidenden Fall die Ehefrau dem Ehemann an dem ihr gehörenden, nicht der Aufteilung unterliegenden Haus ein Fruchtgenussrecht eingeräumt hat und somit keine Zuwendung dritter Seite vorlag.

Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren auch das Wohnrecht der Aufteilung zu unterziehen haben.

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