OGH 3Ob89/05t

OGH3Ob89/05t11.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Clara G*****, geboren 3. August 2001, und des mj. Elia G*****, geboren am 25. Juni 2003, infolge von Revisionsrekursen der Eltern Mag. Nina L*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar und Mag. Norbert Marschall, Rechtsanwälte OEG in Wien, und Dr. Andrea G*****, Italien, vertreten durch Dr. Alfred Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Februar 2005, GZ 42 R 639/04p-36, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Wien Innere Stadt vom 17. Dezember 2004, GZ 3 P 205/04a-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Beiden Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Vaters nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

2.) Der ergänzende Schriftsatz der Mutter wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Gegenstand des Verfahrens ist der Antrag des italienischen Vaters auf Rückführung der noch nicht 16-jährigen Kinder (der jetzt vierjährigen Clara und des bald zweijährigen Elia), die von ihrer österreichischen Mutter nach Österreich verbracht wurden, an ihren Aufenthaltsort in Italien. Die Kinder sind österreichische und italienische Staatsbürger. Ihre Eltern lebten bis 3. August 2004 in einem - im Eigentum der Mutter stehenden - Einfamilienhaus bei Padua in Lebensgemeinschaft.

Anzuwenden sind auf den vorliegenden Fall das Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. Oktober 1980 BGBl 1988/512 (im Folgenden nur HKÜ), zu dessen Durchführung das Bundesgesetz BGBl 1988/513 (im Folgenden nur DGHKÜ) in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung erging, sowie das Abkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961, BGBl 1975/446 (Haager Minderjährigenschutzabkommen - im Folgenden nur MSA); Italien und Österreich sind jeweils Mitgliedstaaten. Nicht anzuwenden ist hier hingegen die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (im Folgenden kurz EuEheVO nF oder EuGVVO IIa) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (EuEheVO, EheGVVO, EuGVVO II oder Brüssel II-VO), veröffentlicht im Amtsblatt der EU vom 23. Dezember 2003, L 338. Denn deren Art 60 lässt sowohl dem HKÜ als auch dem MSA den Vorrang vor der EuEheVO nF zwischen den Mitgliedstaaten, soweit diese Bereiche betreffen, die in der Verordnung nicht geregelt sind. Die EuEheVO nF ist nach deren Art 72 am 1. August 2004 in Kraft getreten und gilt mit Ausnahme der - für die vorliegende Entscheidung nicht relevanten - Art 67 bis 70, die ab diesem Zeitpunkt gelten, erst ab 1. März 2005. Nach ihrem Art 64 Abs 1 gilt die EuEheVO nF nur für gerichtliche Verfahren, die nach Beginn der Anwendung dieser Verordnung gemäß Art 72 eingeleitet, aufgenommen oder getroffen wurden. Da dies hier nicht der Fall ist, weil die Antragstellung im Oktober 2004 erfolgte, ist die Verordnung noch nicht anwendbar. Über einen Rückführungsantrag nach dem HKÜ ist in Österreich im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden (Hinweis auf § 109 JN in § 5 Abs 1 DGHKÜ).

Überwiegend betreute die Mutter die Kinder, seit Claras Geburt war sie nicht mehr berufstätig. Der Vater leitete das zuvor gemeinsam mit der Mutter betriebene Unternehmen für Software und arbeitete bis etwa zur Geburt des Sohnes bis in den späten Abend. Erst danach beschäftigte er sich etwas mehr mit den Kindern. Er legte Wert darauf, dass diese nur zu gewissen Zeiten gefüttert bzw. gestillt werden durften (strikter Rhythmus von drei Stunden, den er auch dadurch durchzusetzen wusste, dass er zeitweise mit den Kindern spazieren ging, um die Mutter daran zu hindern, der von ihm angeordneten Zeitregelung entwider zu handeln). Er verbot der Mutter auch, die Kinder zu sich zu nehmen, wenn sie schrieen. Diese hielt sich notgedrungen nach ihren Möglichkeiten in Anwesenheit des Vaters im Wesentlichen an dessen Vorgaben.

Meist frühstückte der Vater gemeinsam mit den Kindern, die er nach der festgelegten Ruhezeit von 12 Stunden weckte und anzog. Er kontrollierte, bevor er selbst das Abendessen einnahm, das ganze Haus. Wenn es nicht seinen Vorstellungen entsprechend ordentlich aufgeräumt war, ließ er die Mutter und Kinder seine schlechte Laune merken. Zum Mittagessen kam er nur selten. Wenn er kam, machten die Kinder meist bereits Mittagsschlaf. Er selbst lehnte es ab, zu Mittag etwas zu essen, weil er meinte, die Mutter wolle ihn „mästen". Er selbst hielt sich nicht an die von ihm der Mutter und den Kindern gesetzten Zeitangaben und Verhaltensregeln, machte ihr jedoch Vorwürfe, wenn sie seine Anordnungen nicht einhielt. Er verbot ihr, den Kindern Süßigkeiten zu geben, gab ihnen jedoch selbst welche.

Die Mutter verbrachte im Juli 2004 drei Wochen mit den Kindern im Haus ihrer Eltern in Mondsee. Der Vater kam nur am ersten Wochenende am Samstag und am Ende des Aufenthalts. Er vereinbarte mit ihr, dass sie jeweils mit einem PKW, aber gemeinsam nach Padua zurückfahren würden. Daran hielt er sich aber nicht, weil er der Mutter sagte, er habe einen geschäftlichen Termin. In der Nacht nach der Ankunft in Italien kam es zu verbalen Auseinandersetzung zwischen den Eltern. Die Mutter hielt dem Vater sein Verhalten vor, insbesondere dass er sie und die Kinder tyrannisiere. Sie teilte ihm mit, sie werde sich von ihm trennen und mit den Kindern nach Österreich zurückgehen. Dazu äußerte sich der Vater zunächst nicht. Den Erwartungsvorstellungen des Vaters konnte auch unter objektiven Gesichtspunkten nicht nachgekommen werden, die Mutter versuchte dies so lange, bis dieser Zustand für sie psychisch nicht mehr verkraftbar war. Das war für den Vater auch erkennbar, aus einer Ich-Bezogenheit heraus negierte er dies jedoch völlig. Das Gesamtverhalten des Vaters war für die Mutter Anlass, auf Dauer nach Österreich zurückzukehren und zunächst zu ihren Eltern nach Mondsee zu fahren.

Nachdem der Vater am 3. August 2004 das Haus verlassen hatte, fuhr die Mutter mit den Kindern zunächst zu einer Bekannten in die Nähe von Venedig. Sie wollte eine Auseinandersetzung bei der tatsächlichen Abreise im Beisein der Kinder verhindern. Die mütterliche Großmutter kam ihnen entgegen. Am betreffenden Tag und in der folgenden Nacht sowie am 4. August 2004 versuchte der Vater, die Mutter telefonisch zu erreichen. An diesem Tag rief sie ihn an und teilte ihm mit, dass sie mit den Kindern bereits in Österreich bei ihren Eltern und gut angekommen sei. Er versuchte sie zu bewegen, mit den Kindern wieder zu ihm zurückzukommen, was sie jedoch aus den dargelegten Gründen ablehnte, da sie in seinem Verhalten keine Änderung erkennen konnte. Bereits vor der Geburt des Sohnes war es zu einer vorübergehenden Trennung gekommen, die Mutter war jedoch über Ersuchen des Vaters, der eine Verhaltensänderung zugesagt hatte, wieder zu ihm zurückgekehrt. Vom 4. August 2004 bis Ende August 2004 blieb die Mutter mit den Kindern im Haus ihrer Eltern. Der Vater kam nach telefonischer Absprache mit ihr dorthin und konnte die Kinder besuchen. Dabei überließ ihm die Mutter die Kinder ohne ihr Beisein und die Anwesenheit anderer Personen. Der Vater brachte sie jeweils wieder zum Haus der mütterlichen Großeltern zurück.

Ab etwa Mitte September 2004 veränderte der Vater sein Verhalten und äußerte sich dahin, dass er zu jeder Zeit und unter den von ihm gesetzten Bedingungen seine Kinder sehen können müsse. Entgegen seinen Behauptungen konnte er seine Kinder sehr wohl besuchen. Bei einem Besuch am 4./5. September verspätete er sich. Als ihn daraufhin die Mutter zur Pünktlichkeit aufforderte und ihm vorwarf, sich nicht entsprechend gegenüber den Kindern zu verhalten, weil er etwa den Sohn nicht frisch gewickelt und die Tochter sich auf das Gittertor beim Haus der Großeltern setzen habe lassen, wobei sie sich verletzte, bezeichnete er die Mutter und ihre Familie als „Tiere" und „Monster".

Mit seiner - innerhalb der Jahresfrist des Art 12 Abs 1 HKÜ - erfolgten Antragstellung (nach dem 5. Oktober 2004) gemäß Art 3 lit a HKÜ wollte der Vater die Mutter unter Druck setzen, um sie zunächst dazu zu veranlassen, zu ihm zurückzukehren, was ihm wichtiger war, als die Kinder zu sehen. Außerdem wollte er das Rechtsinstitut als Pressionsmittel benutzen, um sich Vorteile in der finanziellen Auseinandersetzung mit der Mutter zu verschaffen.

Erst im Zuge der (auch vermögensrechtlichen) Auseinandersetzungen der Eltern erhob der Vater Anzeige nach dem italienischen Strafgesetzbuch wegen Vorenthaltens der Kinder und beantragte beim italienischen Familiengericht in Venedig die Übertragung der alleinigen Obsorge an ihn. Auch mit diesen Maßnahmen wollte er die Mutter bezüglich seiner Wünsche betreffend ein jederzeitiges Besuchsrecht sowie die finanzielle Auseinandersetzung unter Druck setzen. Er strebt auch keine Betreuung der Kinder durch ihn allein an. Bis zum Besuch der Kinder in Österreich strebte er die Rückkehr der Mutter mit den Kindern nach Italien an.

Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters auf Rückführung der Kinder ab und traf im Wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Für die Frage des bestehenden (Mit-)Sorgerechts des Vaters wendete das Erstgericht italienisches innerstaatliches Recht an und bejahte die Anwendbarkeit des HKÜ. Der Mutter sei aber der Nachweis einer zumindest konkludenten Zustimmung des Vaters zum Aufenthalt seiner Kinder in Österreich nach Art 13 Abs 1 lit a letzter Fall HKÜ gelungen. Außerdem ergebe sich durch die Rückführung eine schwerwiegende Gefahr eines jedenfalls seelischen Schadens beider Kinder iSd Art 13 Abs 1 lit b HKÜ.

Das Rekursgericht änderte nach mündlicher Rekursverhandlung diese Entscheidung dahin ab, dass es der Mutter die Rückführung der beiden Kinder nach Italien auftrug, wobei sie diese Anordnung erst nach Rückgabe sämtlicher Schlüssel für ihr Haus in Italien durch den Vater durchzuführen habe.

In der mündlichen Rekursverhandlung ergänzte das Rekursgericht das Beweisverfahren durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch die Einvernahme beider Elternteile und stellte danach ergänzend fest:

Der Vater strengte in Italien vor dem Jugendgericht in Venedig ein Verfahren iSd Art 317bis c.c. gegen die Mutter an. Dieses Obsorgeverfahren wurde zur Durchführung einer - bis jetzt erfolglosen - Familienmediation unterbrochen. Für Mitte März 2005 war eine weitere Verhandlung anberaumt. Beide Kinder sind somatisch-intellektuell, emotional und sozial lebensalterstypisch gereift und weisen keine Anzeichen einer Verwahrlosung oder Mangelversorgung auf, es sind auch keine neurotischen Reaktionen oder Persönlichkeitsentwicklungsstörungen zu beobachten. Die Mutter ist erziehungssuffizient, hat sie doch die Kinder altersgemäß gefördert. Auch der Vater erweist sich durchaus als erziehungssuffizient, wenn auch Anzeichen eines zwanghaft ordnenden Charakters vorliegen. Er geht mit den Kindern liebevoll und herzlich um, wobei eine offenbar inzwischen aufgetretene Sprachbarriere die verbale Kommunikation mit Clara behindert. Beide Kinder sind derzeit in Österreich altersmäßig sozialisiert, Clara besucht den Kindergarten und scheint nunmehr hier ein „Heim erster Ordnung" gefunden zu haben. Die Mutter wird von ihren Eltern unterstützt und muss auf Grund dieser finanziellen Absicherung derzeit keiner alltäglichen Arbeit nachgehen. Eine Rückführung der Kinder nach Italien würde keine körperliche Gefahr bedeuten, eine Trennung von der Mutter aber eine seelische Irritation der Kinder nach sich ziehen. Intellektuell werden die Kinder nicht nur durch die sprachliche Situation belastet, sie würden ihre derzeit suffiziente enge emotionale Bindung an die Mutter verlieren, es käme zu einem Trennungsschock, der sowohl als akute Erlebnis- und Belastungsreaktion als auch als psychiatrische Diagnose festzustellen wäre. Dies würde in eine posttraumatische Erlebnis- und Belastungsreaktion übergeführt werden, die schließlich zu einer Persönlichkeitsentwicklungsstörung führen würde. Darunter versteht man intellektuelle, emotionale und soziale Störungen auf Grund eines permanent deviierenden Erziehungseinflusses mit häufig psychosomatischen Erscheinungen. Die Mutter hat die Lebensgemeinschaft mit dem Vater emotional und sozial aufgekündigt. Müsste sie an einem unerwünschten Wohnsitz gemeinsam mit dem Vater als Lebensgefährten leben, würde das eine psychische Veränderung der Mutter nach sich ziehen, die sich auf die Kinder negativ auswirkt. Kinder im 2. und 3. Lebensjahr entwickeln eine Wohnidentität. Für den eineinhalbjährigen Elia ist daher aus entwicklungspsychologischer Sicht die Entwicklung einer solchen Wohnidentität noch nicht fortgeschritten. Für ihn ist es ähnlich wie für einen Säugling noch gleichgültig, wohin er - wenn er gepflegt wird - gebracht wird. Die Bindung der Kinder an die Mutter ist jedenfalls höherwertig als die an den Vater.

Die Mutter lebte von September 1998 bis 3. August 2004 hauptsächlich in Italien. Sie hat ihre Kontakte in Italien zwar hauptsächlich von ihrem Lebensgefährten und seiner Familie abgeleitet, aber doch auch eigene Kontakte in Italien aufgebaut. Sie hat in Italien wegen der ursprünglich vom Vater angezeigten Delikte bzw. des Entzugs der Kinder aus dem gemeinsamen Sorgerecht eine Verhaftung nicht zu befürchten.

Darüber hinaus befasste sich das Rekursgericht mit der seiner Ansicht nach im Rekurs des Vaters nicht ausdrücklich, jedoch inhaltlich bekämpften erstgerichtlichen Feststellung, wonach der Vater der Mutter gegenüber sowohl telefonisch als auch per E-Mail bzw. SMS seine Zustimmung für den künftigen Aufenthalt der Kinder mit der Mutter in Österreich ausgedrückt habe und eine entsprechende Regelung seines Besuchsrechts haben wollte. Aus dem in der Rekursbeantwortung vorgelegten E-Mail vom 10. September 2004 sei eine solche Zustimmung nicht ableitbar. Ein Vorschlag über eine zukünftige Trennungsvereinbarung könne ebenso wenig als Zustimmung im rechtlichen Sinn angesehen werden wie die Tatsache, dass nach mehreren Einigungsversuchen der Rückführungsantrag erst am 5. Oktober 2004 gestellt worden sei.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Rekursgericht zur Anwendung des HKÜ in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Grundvoraussetzung für die Anwendung des HKÜ sei zunächst, dass der Vater nach Art 3 lit a HKÜ in seinem (Mit-)Sorgerecht verletzt worden sei. Relevant sei dabei die Frage des anzuwendenden Rechts, weil dem (unehelichen) Vater nach österreichischen Recht keine Obsorge zukomme, wohl aber nach italienischem Recht. Unstrittig hätten die Kinder bis zu ihrer Verbringung am 3. August 2004 nach Österreich ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Italien gehabt. Art 3 Abs 1 lit a HKÜ enthalte eine Gesamtverweisung, weshalb auch die italienischen kollisionsrechtlichen Normen anzuwenden seien. Nach hL gingen dabei die Bestimmungen des MSA den innerstaatlichen Kollisionsnormen vor. Nach Art 3 MSA sei die Frage der Obsorge nach dem Heimatrecht der Kinder zu beurteilen, dabei handle es sich um eine Sachnormverweisung. Das MSA regle die Frage des anzuwenden Rechts bei Kindern mit Doppelstaatsbürgerschaft nicht. Nach der Lehre sei die Staatsangehörigkeit maßgebend, mit der die Minderjährigen am engsten verbunden seien. Es sei dafür insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Kindes und dessen soziale Eingliederung von Bedeutung. Wegen Art 3 Abs 1 lit a HKÜ sei als Beurteilungszeitpunkt jener unmittelbar vor der Verbringung der Kinder heranzuziehen. Sonst würde man Art 12 des HKÜ den Anwendungsbereich nehmen. Lange wie hier ein Rückführungsantrag innerhalb der Jahresfrist bei Gericht an, komme die Verweigerung der Rückgabe mit der Begründung, dass sich das Kind in die neue Umgebung eingelebt habe, nicht in Betracht. Demnach seien die einschlägigen italienischen Normen (Art 316 ff c.c.) anzuwenden, wonach beiden Eltern die gemeinsame Obsorge zukomme, wenn sie zusammen lebten. Daher seien im Zeitpunkt der Verbringung beide Eltern obsorgeberechtigt gewesen. Zu Recht habe daher das Erstgericht materielles italienisches Recht angewendet.

Nach der Rsp treffe die Mutter, die sich der Rückgabe widersetzt, die volle Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen von Rückführungshindernissen nach Art 13 Abs 1 lit 1 und b HKÜ. Den Beweis einer nachträglichen Zustimmung des Vaters habe sie, wie dargelegt, nicht erbringen können. Nach gefestigter Rsp zu Art 13 Abs 1 lit b HKÜ bestehe keine Verpflichtung zur Rückgabe des Kindes, wenn die Person, die sich dieser widersetze, nachweise, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden sei oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringe. Wenn die Weigerung der Mutter, das Kind bei der Rückführung zum antragstellenden Vater zu begleiten, eine schwerwiegende Gefahr für das Kind begründen könnte, dann vermöge dies eine Rückführung dann nicht zu verhindern, wenn es ihr nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zumutbar sei, mit dem Kind gemeinsam in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Auf Grund der ergänzenden Feststellungen könne dem Antrag des Vaters, die Kinder zu ihm an den bisherigen Aufenthaltsort zurückzustellen, nicht stattgegeben werden. Eine Trennung von Mutter und Kind komme aus Sicht des Kindeswohls nicht in Frage. Die Belastungssituation, mit dem bisherigen Lebensgefährten, von dem sie sich getrennt habe, nach den letzten Ereignissen wieder unter einem Dach zu wohnen, widerspreche ebenso dem Kindeswohl. Der mit einem neuen Umzug der Mutter verbundene Aufwand sei aber nicht derart gravierend, dass dies für sie als unzumutbar angesehen werden müsste. Sie habe immerhin selbst längere Zeit in Italien gewohnt, das zuletzt gemeinsam bewohnte Haus stehe in ihrem Eigentum. Der Vater habe sich im Verfahren ausdrücklich bereit erklärt, das Haus bis zur Klärung des Sorgerechtsstreits in Italien nicht mehr zu betreten. Es sei daher nur noch sicherzustellen, dass der Mutter diese Wohnmöglichkeit tatsächlich auch ohne weitere Belastung zur Verfügung stehe. Durch die Erklärung des Vaters stelle die über den Antrag hinausgehende Verknüpfung mit der Übergabe der Schlüssel eine Maßnahme im Interesse der Kinder dar, um dem Vater die Ausübung seines Sorgerechtes in Italien zu ermöglichen. Die Mutter habe auch eigene Kontakte in Italien zugestanden, weshalb die aus der Isolierung zu befürchtende Belastung nicht so schwer wiege, dass sie als Rückführungshindernis anerkannt werden könnte. Zwar sei die Sozialisation der mj. Clara in Österreich schon weiter fortgeschritten, es sei auch besondere Vorsicht angebracht, weil ein Kind nicht wie ein Postpaket hin und hergeschoben werden solle. Die Belastung erscheine aber unter den Umständen einerseits noch verkraftbar, andererseits sei seine Wohnidentität Ausfluss der Entführung, worauf im Hinblick auf den gegenständlichen Antrag nicht abgestellt werden dürfe. Beim mj. Elia sei auf Grund seines Alters eine Wohnidentität noch nicht ausgebildet. Nach den im Einzelnen dargestellten Zwecken des HKÜ müssten jene Belastungen für die Kinder in Kauf genommen werden, die generell mit dem neuerlichen Wohnsitzwechsel für diese verbunden seien, wobei dies durch die angeordneten Maßnahmen möglichst gering gehalten würden.

Es sei daher die Rückführung nur gemeinsam mit der Mutter nach Sicherstellung einer eigenen Wohnmöglichkeit anzuordnen gewesen. Dies stelle deshalb keinen unberechtigten Eingriff in die Rechte des Vaters dar, weil er sich ausdrücklich bereit erklärt habe, das Haus bis zur Beendigung des Sorgerechtsstreits nicht zu betreten.

Die von der zweiten Instanz - mit der Begründung, es fehle Rsp zur Frage, auf welchen Zeitpunkt nach den Kollisionsnormen des MSA zur Klärung der Frage abzustellen sei, welches Recht als Heimrecht von Doppelstaatsbürgern anzusehen sei - zugelassenen Revisionsrekurse beider Eltern, die jeweils auch Revisionsrekursbeantwortungen erstatteten, sind iSd in einem Fall hilfsweise gestellten, im anderen vom Abänderungsantrag umfassten Aufhebungsantrags berechtigt.

Ad 1.):

Rechtliche Beurteilung

a) Zum anzuwendenden Recht, zum Bestehen eines (Mit-)Sorgerechts des Vaters und zum „gewöhnlichen Aufenthalt" der Kinder: Zutreffend und auch in dritter Instanz von den Parteien nicht bekämpft hatten die Vorinstanzen die Frage der Rückführung der beiden Kinder nach dem HKÜ geprüft. Nach dessen Art 12 Abs 1 ordnet das zuständige Gericht oder die zuständige Verwaltungsbehörde die sofortige Rückgabe des Kindes an, wenn dieses iSd Art 3 widerrechtlich verbracht oder zurückgehalten wurde und bei Eingang des Antrags bei der Behörde des Vertragsstaats, in dem sich das Kind befindet, eine Frist von weniger als einem Jahr - was hier der Fall ist - verstrich. Diese Bestimmung bildet die materielle Rechtsgrundlage für eine Rückgabeanordnung (1 Ob 550/92 = SZ 65/64 = EvBl 1992/144).

Zutreffend ist das von den Vorinstanzen bejahte widerrechtliche Verbringen der beiden Kinder durch die Mutter nach Österreich nach Art 3 HKÜ und die Beurteilung nach italienischem Sachrecht. Nach Art 3 HKÜ gilt das Verbringen eines Kindes als widerrechtlich, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person ... allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Schon wiederholt hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass es sich dabei um eine international-privatrechtliche Gesamtverweisung handelt (1 Ob 614/90 = SZ 63/131 = JBl 1991, 389 = EFSlg 27/1; 2 Ob 596/91 = EFSlg 69.675; 1 Ob 532/92 = ZfRV 1993, 34 = EFSlg 69.675; RIS-Justiz RS0074559). Mit dieser Rsp stimmt auch die deutsche Lehre überein (Siehr in MünchKomm BGB3 Art 19 EGBG Anh II Rz 25; Kegel in Soergel, BGB12 Vor Art 19 Rz 106). Dies führt, wie das Rekursgericht richtig darlegte, zur Anknüpfung nach Art 3 MSA (4 Ob 88/98i mwN). Folge ist nun nicht, wie die Mutter vermeint, eine Verweisung auf österreichisches Recht, sind doch die maßgebenden Bestimmungen des MSA als das anzuwendende italienische Kollisionsrecht anzusehen, weshalb dieses (im Übrigen so auch nach § 3 IPRG) so anzuwenden ist, wie es im betreffenden Ausland angewendet wird (Verschraegen in Rummel3 § 5 IPRG Rz 13). Da Art 3 MSA den hier vorliegenden Fall der Doppelstaatsbürgerschaft von ins Ausland verbrachten Kindern nicht regelt, kann es letztlich offen bleiben, ob diese Frage nach dem hier anzuwendenden italienischen IPR oder analog Art 4 MSA nach jenem Recht zu beurteilen ist, mit dem die beiden Kinder am engsten verbunden sind (vgl. dazu 8 Ob 618/89 = EvBl 1990/35; 2 Ob 609/89 = IPRax 1992, 176 [Mottl], je mwN; RIS-Justiz RS0074312); Siehr aaO Art 19 BGB Anh I Rz 174 mwN). Letzteres ist unter den gegebenen Umständen hier gleichfalls das italienische Recht, weil beide Kinder zur Zeit der Verbringung nach Österreich bisher praktisch ihr ganzes Leben in Italien verbracht hatten und einziger Anknüpfungspunkt an Österreich ihre eigene (zweite) Staatsbürgerschaft sowie die Staatsbürgerschaft ihrer Mutter darstellen könnte. Da auch in Italien „Mehrstaatler" mit auch italienischer Staatsangehörigkeit kollisionsrechtlich wie Inländer, somit wie Italiener behandelt werden (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Italien, 26 und FN 43), würde auch das autonome italienische Kollisionsrecht zur Anwendung italienischen Sachrechts in der Frage der Obsorge des Vaters führen.

Die Frage der bestehenden (Mit-)Obsorge des Vaters ist daher nach italienischem Sachrecht zu beurteilen: Nach Art 316 Abs 2 Codice civile (c.c.) wird die elterliche Gewalt von beiden Elternteilen im gegenseitigen Einvernehmen ausgeübt (144, 317bis Abs 2; 570 StG.; 29 Abs 2 Verf.). Beide Kinder sind außer der Ehe geboren. Gemäß Art 317bis c.c. steht dem Elternteil, der ein nichteheliches Kind anerkannt hat, die elterliche Gewalt über dieses zu. Zufolge Art 261 c.c. bewirkt die Anerkennung für den Elternteil die Übernahme aller Pflichten und aller Rechte, die jener gegenüber elterlichen Kindern hat (147, 148, 317bis, 324; 30 Verf.). Dass im vorliegenden Fall der Vater seine beiden unehelichen Kinder anerkannte, ist nach dem Aktenstand unbestritten. Art 317bis Abs 2 dritter Satz c.c. bestimmt: Leben die Eltern nicht zusammen, so steht die Ausübung der elterlichen Gewalt dem Elternteil zu, bei dem das Kind lebt. Bis zur Verbringung der Kinder nach Österreich haben aber im vorliegenden Fall die Eltern zusammen gelebt.

Bei der Beurteilung der Widerrechtlichkeit der Verbringung von Kindern nach dem HKÜ und der Frage des Bestehens eines (Mit-)Sorgerechts nach italienischem Recht kommt entgegen der Auffassung der Mutter ein ihr offenbar vorschwebender Statutenwechsel nicht in Betracht, weil Art 3 HKÜ unmissverständlich an den Zeitpunkt unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes anknüpft (vgl. dazu 2 Ob 80/03h u.a.). Dass daher die Kinder jetzt nur bei der Mutter leben, ist ebenso unerheblich wie der Umstand, dass die Eltern nach der Verbringung der Kinder nach Österreich nicht mehr zusammen leben (Art 317bis Abs 2 dritter Satz c.c.). Abgesehen davon geht der Verweis auf die Ausführungen von Kegel (in Soergel aaO vor Art 19 EGBGB Rz 36) schon deshalb ins Leere, weil hier keine Rede davon ist, dass die Kinder ihre Staatsangehörigkeit zwischenzeitig gewechselt, also etwa die italienische Staatsbürgerschaft aufgegeben hätten. Demnach kommt es auch nicht darauf an, ab welcher Aufenthaltsdauer ein gewöhnlicher Aufenthalt in Österreich begründet würde.

Nicht bestritten wird von der Mutter, dass iSd Art 3 lit b HKÜ der Vater sein Sorgerecht im Zeitpunkt des Verbringens gemeinsam mit ihr tatsächlich ausübte (oder - was auch genügen würde - ausgeübt hätte, falls das Verbringen nicht stattgefunden hätte). Da, wie bereits dargelegt wurde, jener Zeitpunkt maßgebend ist, der unmittelbar vor dem Verbringen liegt, kommt es auch auf eine zu diesem Zeitpunkt erfolgte Trennung der Eltern nicht an und daher auch nicht darauf, ob nach Art 317 c.c. die gemeinsame Obsorge durch die Trennung der unehelichen Eltern wegfällt. Es geht auch nicht an, wie es die Mutter tut, den schon mit der Absicht, mit den Kindern nach Österreich zu ziehen, erfolgten Auszug von jenem des Verbringens iSd Art 3 HKÜ zu trennen, der ihrer Ansicht nach zeitlich später gewesen wäre. Aus dem HKÜ ist nicht abzuleiten, dass unter Verbringen nur der Moment des Grenzübertritts gemeint wäre; vielmehr kann nach Art 3 lit a HKÜ durchaus ein länger dauernder Vorgang (Reisebewegung etc.) gemeint sein und es ist auf dessen Beginn abzustellen. Daher kommt es nicht darauf an, dass die Mutter mit den Kindern nach den Feststellungen noch eine gewisse Zeit - die nur weniger als einen Tag dauerte - zuerst bei einer Bekannten getrennt vom Vater verbrachte. Darüber hinaus sichert die Formulierung, dass es auch ausreicht, wenn das Sorgerecht tatsächlich ausgeübt worden wäre, was das Verbringen nicht stattgefunden hätte, dass auch Fälle wie der vorliegende vom HKÜ abgedeckt sind.

Dass das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, ein Teilbereich des sogenannten „Sorgerechts" iSd Art 5 lit a HKÜ ist, ist nicht strittig und entspricht der Rsp. Über die Obsorge für die Kinder ist hier nicht zu entscheiden (Art 19 HKÜ; stRsp, 8 Ob 122/02b mwN u.a.).

Nach all dem gehen auch die weitwendigen Ausführungen im Rechtsmittel der Mutter über das Einleben der Kinder in Österreich und den dadurch begründeten „gewöhnlichen Aufenthalt" der Kinder am wahren Rechtsproblem vorbei. Denn nach beinahe einhelliger Lehre und Rsp wirkt sich der entgegen stehende Wille des durch die „Entführung" des Kindes verletzten Elternteils rein faktisch dahingehend aus, dass der Aufenthalt des Kindes im Entführungsstaat noch nicht von vornherein als auf Dauer angelegt betrachtet werden kann, solange - wie hier - die Möglichkeit besteht, dass der (Mit-)Sorgeberechtigte die Rückführung des Minderjährigen durchsetzt, ehe die soziale Einbindung in das (neue) örtliche Umfeld stattgefunden hat (Anzinger in Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht, Kindschaftssachen Rz 5.69 sowie FN 132 und 133).

b) Entscheidend für den vorliegenden Rechtsstreit ist, ob es der beweispflichtigen (stRsp, zuletzt 5 Ob 100/04y; RIS-Justiz RS0074561) Mutter gelang bzw. noch gelingt, das Vorliegen der Ausnahmetatbestände des Art 13 Abs 1 lit a und/oder b HKÜ zu beweisen.

Wie schon vom Rekursgericht zutreffend ausgeführt wurde, ist gemäß § 203 AußStrG 2005 BGBl 2003/112 (im Folgenden nur AußStrG) im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wegen des Datums der Entscheidung erster Instanz noch das AußStrG 1854 anzuwenden, allerdings mit Ausnahme der Bestimmung über die mündliche Rekursverhandlung nach § 52 AußStrG. Nach dessen Abs 2 darf das Rekursgericht nur dann von einer neuerlichen Aufnahme eines in erster Instanz unmittelbar aufgenommenen, für die Feststellungen maßgeblichen Beweises Abstand nehmen, von denen es abweichen will, wenn es vorher den Parteien seine Bedenken bekannt und ihnen Gelegenheit gab, eine neuerliche Aufnahme dieses Beweises durch das Rekursgericht zu beantragen. Zu Recht rügt nun die Mutter, dass die zweite Instanz eine solche Feststellung des Erstgerichts, die es als zwar nicht ausdrücklich, jedoch „inhaltlich" bekämpft ansah, ohne die genannte Regel zu beachten, im Ergebnis iS einer Nichtfeststellbarkeit abänderte. Mag auch das Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung in diesem Zusammenhang von einer konkludenten Zustimmung gesprochen haben, gibt es doch die ausdrückliche Tatsachenfeststellung (Seite 3 der erstinstanzlichen Beschlussausfertigung), wonach der Vater der Mutter gegenüber sowohl telefonisch als auch per E-Mail bzw. SMS seine Zustimmung für den künftigen Aufenthalt der Kinder mit der Mutter in Österreich ausgedrückt habe. Aussagen der Mutter dazu liegen in ON 16 vor. Damit unterlief dem Rekursgericht ein zu Recht gerügter Mangel des Verfahrens zweiter Instanz der auch wesentlich ist, weil nach Art 13 Abs 1 lit a HKÜ die Rückgabe des Kindes nicht angeordnet werden muss, wenn die sich widersetzende Person, Behörde oder sonstige Stelle nachweist, dass die in ihrem Sorgerecht verletzte Person ua dem Verbringen zustimmte oder dieses nachträglich genehmigte. Dieser Verfahrensmangel erfordert die Aufhebung der Rekursentscheidung und die Zurückverweisung der Außerstreitsache an das Gericht zweiter Instanz, das, weil seine Bedenken den Parteien auf Grund seiner Entscheidung bekannt sind, nur noch diesen Gelegenheit zu geben hat, eine neuerliche Beweisaufnahme durch das Rekursgericht zu beantragen. Geschieht dies, wird die Beweiswiederholung durchzuführen sein.

c) Es ist aber auch dem Revisionsrekurs des Vaters dahin Recht zu geben, dass bei einer neuerlichen Entscheidung iSd Rückführungsantrags in diese eine Bedingung wie die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene nicht aufzunehmen sein wird.

Zu Unrecht wendet sich der Vater allerdings gegen die Anordnung, wonach die Mutter die Kinder nach Italien zurückzuführen habe. Das HKÜ enthält keine näheren Bestimmungen darüber, in welcher Form die Rückgabe iSd Art 12 leg.cit. anzuordnen ist. Auch wenn wohl das Übereinkommen keine Grundlage dafür bietet, dem „entführenden" Elternteil die Begleitung des Kindes an den früheren Aufenthaltsort aufzutragen (Vonberg/Nehls, Rechtsfragen der internationalen Kindesentführung, bei FN 165), ist nach dem HKÜ sowohl die Rückführung durch den Antragsteller selbst als auch eine von ihm benannte Person als auch durch den „Entführer" selbst denkbar (aaO). Im Hinblick auf die ergänzenden Feststellungen der zweiten Instanz bestehen keine Bedenken gegen die vorliegende Entscheidung, wonach im Ergebnis der Mutter freigestellt wird, die Kinder nach Italien zurückzubegleiten und die Pflege und Erziehung bis zur endgültigen Sorgerechtsentscheidung fortzusetzen.

Allerdings ist es schon aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht angebracht, diese Rückgabeverpflichtung von einer Potestativbedingung der Rückgabe sämtlicher Schlüssel des Hauses der Mutter in Italien durch den Vater abhängig zu machen; dies schon deshalb, weil dies bei den gegebenen Umständen Streitigkeiten etwa darüber erwarten lässt, ob tatsächlich sämtliche Schlüssel ausgefolgt wurden, was die Effektivität der Rückgabeanordnung stark beeinträchtigte und somit dem Ziel des Art 1 lit a HKÜ (Sicherstellung der sofortigen Rückgabe widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachter Kinder) zuwider liefe. Sollte das Rekursgericht zur Auffassung gelangen, es würden die Umstände im Zusammenhang mit dem Zurückführen der Kinder in die bisherige gemeinsame Wohnung der Streitteile (Haus der Mutter in Italien) zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Kindeswohls führen, weil die Mutter nicht in der Lage wäre, sich dort gegen ein zu erwartendes Eindringen des Vaters zu sichern, müsste dies richtigerweise zur Annahme eines Rückgabehindernisses nach Art 13 Abs 1 lit b HKÜ und damit zur Abweisung des Antrags führen. Es wäre daher Sache des antragstellenden Vaters, durch entsprechende vertrauensbildende Handlungen die Voraussetzungen für die Rückführung der Kinder nach Italien zu schaffen.

Ad 2.): In einem ergänzenden Schriftsatz im Revisionsrekursverfahren listet die Mutter eine große Anzahl von Vorfällen mit dem Vater auf, die dessen Erziehungsfähigkeit grundlegend in Frage stellen und somit darlegen sollen, dass iSd Art 13 Abs 1 lit b HKÜ die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für die Kinder verbunden wäre oder die Kinder auf andere Weise in eine unzumutbare Lage brächte. Im Rechtsmittelverfahren gilt nach der Rsp zu § 10 AußStrG 1854 ein (wenn auch eingeschränktes) Neuerungsverbot. Insbesondere können neue Tatsachen, die erst nach Entscheidung der ersten Instanz eingetreten sind, bei der Entscheidung über den (ordentlichen) Revisionsrekurs nicht berücksichtigt werden (stRsp, zuletzt 3 Ob 6/03h; RIS-Justiz RS006928). Nach ebenfalls stRsp (RIS-Justiz RS0006893 können Sachverhaltsänderungen auch vom Obersten Gerichtshof berücksichtigt werden, wenn dies das Interesse des pflegebefohlenen Kindes erfordert. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Kindeswohlgefährdung ist nämlich der Zeitpunkt der letztinstanzlichen Entscheidung, weshalb die während des Verfahrens eintretenden Änderungen zu berücksichtigen sind (zuletzt 7 Ob 43/03d; RIS-Justiz RS0006893 T5). Nun ist hier jedoch keine maßgebliche Neuerung im Revisionsrekurs zu beurteilen, sondern ein gesonderter, lange nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebrachter Schriftsatz an das Erstgericht, dessen Übermittlung an den Obersten Gerichtshof die Mutter ausdrücklich beantragte. Der grundsätzlich auch im außerstreitigen Verfahren nach dem AußStrG 1854 geltende Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0007007) muss den Obersten Gerichtshof am Eingehen auf die Argumente dieses nachträglichen Schriftsatzes hindern. Am Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels ist gerade in einem Verfahren nach einem internationalen Übereinkommen, das ein „schnellstmögliches" Verfahren verlangt (Art 2 HKÜ), festzuhalten, hätten es doch die Parteien sonst in der Hand, durch immer neue Schriftsätze (und deren Beantwortungen) die Entscheidungsreife nach Belieben hinauszuschieben.

Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.

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