OGH 14Os30/05a

OGH14Os30/05a10.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Mai 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchsloch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerald S***** wegen der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2, Abs 3 dritter Deliktsfall StGB aF und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 21. Dezember 2004, GZ 22 Hv 122/04i-52, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerald S***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2, teilweise Abs 3 dritter Fall StGB idF BGBl 1989/242 (I.), der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II.) und des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB (III) schuldig erkannt. Danach hat er

I. in wiederholten, jeweils ca vierzehn Tage auseinanderliegenden Angriffen an nicht näher bekannten Tagen Petra K***** mit Gewalt, indem er sie festhielt sowie ihr Tritte und Schläge gegen Kopf und Körper versetzte, zur Vornahme oder Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt, und zwar

1. von Mitte Jänner 1997 bis Ende März 1998 zur Duldung des Analverkehrs und Vornahme des Oralverkehrs, wobei Petra K***** wiederholt dadurch auf besondere Weise erniedrigt wurde, dass sie den Oralverkehr nach dem Analverkehr vorzunehmen hatte,

2. von Anfang April bis Ende August 1998 und von Anfang Februar bis Ende Mai 1999 zur Vornahme des Oralverkehrs;

II. von Anfang 1997 bis Ende März 1998 und von 8. Juni 1999 bis Mitte Sommer 2000 außer bei den zu Punkt I. angeführten Vergewaltigungen in wiederholten Angriffen Petra K***** durch Tritte und Schläge, teils unter Verwendung eines Fleischhammers, gegen Kopf und Körper vorsätzlich am Körper verletzt, nämlich ihr Blutergüsse zugefügt, und III. an einem nicht näher bekannten Tag im Frühjahr 1997 durch die Äußerung, wenn sie ihn verlasse oder wegen Vergewaltigung zur Anzeige bringe, dann „könne sie sich gar nicht so verstecken und sie sei hin" bzw er werde sie umbringen, mithin durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zur Unterlassung der Auflösung der mit ihm geführten Lebensgemeinschaft, was eine Verletzung besonders wichtiger Interessen der Petra K***** bewirkte, und zur Unterlassung der Erstattung der Anzeige über die zumindest bis zu diesem Zeitpunkt begangenen Taten.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht. Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Abweisung der in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge:

Der Zeuge Gerhard Alfred S***** sollte zum Beweis dafür vernommen werden, „dass Petra K***** in der Beziehung vor jener mit dem Angeklagten dem damaligen Freund damit gedroht hat, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, sohin unbegründet eine Strafanzeige zu erheben". Dieser Zeuge sowie Hans H*****, Robert und Sandra M*****, Karl Mu***** und Gerlinde F***** sollten außerdem über das „freizügige Sexualverhalten" der Petra K***** vor und während der Beziehung zum Angeklagten aussagen.

Diese, teilweise in diskriminierender Art das Privatleben der Zeugin betreffenden Anträge enthalten indes keine Angaben darüber, warum das Ergebnis der aufzunehmenden Beweise für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung sein sollten. Weder die Tatsache, dass die Zeugin Petra K***** angeblich vor Jahren einen ehemaligen Freund mit einer ungerechtfertigten Anzeige gedroht hat, noch ihr angeblich freizügiges Leben betreffen nämlich einen für das konkrete Verfahren erheblichen Umstand. Die unter Beweis zu stellenden Tatsachen sind zudem nicht geeignet, die zur Feststellung entscheidender Tatsachen anzustellende Beweiswürdigung maßgeblich zu beeinflussen (vgl Ratz, WK-StPO Rz 340 f). Zudem wird im Antrag nicht dargetan, dass die frühere Drohung mit einer Anzeige speziell in Richtung Sexualdelikte erfolgte, und warum Alfred S***** davon wissen sollte. Es handelt sich daher um eine Erkundungsbeweisführung.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5a, der Sache nach auch Z 5) versagt. Der Beschwerdeführer zitiert im Rechtsmittel Beweisergebnisse lediglich teilweise und behauptet dann, „aus den vorliegenden Beweisergebnissen lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ableiten", wie das Erstgericht zu den jeweiligen Feststellungen gelangt sei.

Damit zeigt er aber keine Umstände aus den Akten auf, welche erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen ergeben könnten.

Das Vorbringen, für die festgestellten Vergewaltigungen von Mitte Jänner 1997 bis Ende Mai 1998 in Leibnitz liege „nach den Beweisergebnissen eine unrichtige Schlussfolgerung vor, nämlich dass diese Tathandlungen mit Gewalt, nämlich durch Schläge und Tritte zur Duldung, begangen worden sind", geht einerseits an den Feststellungen vorbei, wonach der Angeklagte in dieser Zeit sein Opfer durch Festhalten am Kopf, sohin durch Gewalt zur (wiederholten) Vornahme des Oralverkehrs genötigt hat (US 7), andererseits zeigt es neuerlich kein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Beweisergebnis auf, welches Bedenken gegen diese Feststellungen erzeugen könnte. Körperverletzungen im Zusammenhang mit den Vergewaltigungen in Form von blutenden Einrissen im Anus der Petra K***** wurden - entgegen der Beschwerde - aufgrund deren Angabe konstatiert. An welchem Tag des Jahres 1997 die erste Vergewaltigung stattgefunden hat, betrifft keinen für die Schuldfrage wesentlichen Umstand. Entgegen dem weiteren Rechtsmittelvorbringen hat das Erstgericht sehr wohl festgestellt, dass der Angeklagte beim jeweils erzwungenen Oralverkehr vorsätzlich gehandelt hat und ihm bei allen Fällen sämtliche Tatbildmerkmale der Vergewaltigung „bewusst" und von ihm auch „gewollt" waren (US 7 Abs 2 letzter Satz).

Auch zum Verbrechen der schweren Nötigung hat sich das Schöffengericht auf die Aussage der Zeugin Petra K***** gestützt; diese hat die Folgen der Tat geschildert (vgl S 41/II). Zu den Vergehen der Körperverletzung ergibt sich bereits aus dem Urteilsspruch („außer bei dem zu Punkt I. angeführten Vergewaltigungen"), dass diese gesondert von den Gewaltanwendungen bei den Sexualdelikten begangen wurden und somit keine Idealkonkurrenz vorliegt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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