OGH 11Os6/05z

OGH11Os6/05z12.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. April 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kreitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mario L***** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB, AZ 24 Hv 29/04m des Landesgerichtes Feldkirch, über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 20. April 2004, AZ 6 Bs 98/04 (ON 7 des Hv-Aktes), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Mag. Knibbe, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 20. April 2004, AZ 6 Bs 98/04 (ON 7 des Hv-Aktes), verletzt, soweit damit der im Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 25. Februar 2004, GZ 24 Hv 29/04m-3, enthaltene Kostenausspruch gemäß § 390 Abs 1 StPO (auch) in Ansehung der Verfahrenseinstellung zum Faktum 1 der Privatanklage aufgehoben wurde, und darin der Ausspruch der Verpflichtung des Privatanklägers Josef F***** zum Ersatz der durch seine insoweit erfolglos gebliebene Beschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens gemäß § 390a Abs 1 StPO unterblieben ist, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 390 Abs 1 und 390a Abs 1 StPO.

In diesem Umfang wird der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck aufgehoben. Der Privatankläger Josef F***** hat die auf den erfolglosen Teil seiner Beschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Text

Gründe:

Mit der am 24. Februar 2004 beim Landesgericht Feldkirch zum AZ 24 Hv 29/04m eingebrachten Privatanklage (ON 2) legt der Präsident der Arbeiterkammer Vorarlberg, Josef F*****, dem Mario L***** das Vergehen der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB zur Last, weil er

(1) in einem am 13. Jänner 2004 auf der Internet-Website „www.vorarlberg.gruene.at " veröffentlichten Beitrag behauptet habe, dass der Privatankläger „Fädenzieher" eines im Februar 1999 von den Vertretern in der AK-Hauptwahlkommission mit der Streichung von türkischen Kandidaten/innen wissentlich und absichtlich begangenen Rechtsbruches sei, und „F***** & Co" nun endgültig des vorsätzlichen Rechtsbruches überführt seien, und

(2) anlässlich einer am 11. Februar 2004 in Bregenz abgehaltenen Medienkonferenz geäußert habe, der Privatankläger habe in den letzten Wochen gehäuft primärsprachige Aussendungen stets mit einem Foto des ÖVP-Kandidaten und immer auf AK-Rechnung versendet, wodurch ein unmittelbarer Missbrauch von AK-Mitteln erfolgt sei. Mit Beschluss vom 25. Februar 2004 (ON 3) stellte der Einzelrichter des Landesgerichtes Feldkirch das Verfahren gemäß § 486 Abs 3 StPO iVm § 485 Abs 1 Z 7 StPO (sowie § 41 Abs 5 MedienG) ein und trug dem Privatankläger gemäß § 390 (Abs 1) StPO den Ersatz der Kosten des Verfahrens auf. Zur Begründung führte er aus, dass mit der Privatanklage (jeweils) ein Offizialdelikt nach § 117 Abs 2 zweiter Satz StGB inkriminiert werde und der Privatankläger mangels der in § 117 Abs 4 StGB und § 2 Abs 2 zweiter Satz StPO genannten Voraussetzungen zur Anklage nicht berechtigt sei.

Mit Beschluss vom 20. April 2004, AZ 6 Bs 98/04 (ON 7 des Hv-Aktes) gab das Oberlandesgericht Innsbruck als Beschwerdegericht der gegen den zuvor genannten Beschluss erhobenen Beschwerde des Privatanklägers betreffend das Anklagefaktum 1 (Internet-Veröffentlichung vom 13. Jänner 2004) nicht, dagegen hinsichtlich des Faktums 2 der Privatanklage (Medienkonferenz vom 11. Februar 2004) auf Grund der vom Privatankläger in der Beschwerde nachgeholten (mangels Neuerungsverbotes zulässigen und fristgerechten) unwiderruflichen Erklärung, dem öffentlichen Ankläger die erforderliche Verfolgungsermächtigung nicht zu erteilen (§ 2 Abs 2 zweiter Satz StPO), Folge, hob den angefochtenen Beschluss insoweit sowie in der gesamten Kostenentscheidung auf und trug dem Erstgericht (in diesem Umfang) die Verfahrensfortsetzung auf. Zur Begründung der Aufhebung des Kostenausspruches auch hinsichtlich der bestätigten (Teil-)Einstellung des Verfahrens führte es aus, dass nach § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO einem Privatankläger ebenso wie einem Subsidiarankläger der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung nur aufzutragen sei, soweit das Strafverfahren auf Begehren eines Privatanklägers oder eines Subsidiaranklägers stattgefunden habe. Lehne das Gericht - wie im vorliegenden Fall - die Einleitung eines Verfahrens a limine ab, so habe kein Verfahren stattgefunden und bestehe daher auch keine Kostenersatzpflicht des Privatanklägers; eine unterschiedliche Beurteilung der Kostenersatzpflicht des Privatanklägers einerseits und des - im Fall der Abweisung des Antrages auf Einleitung der Voruntersuchung gemäß § 48 Abs 1 Z 1 StPO nach der Rechtsprechung nicht kostenersatzpflichtigen - „Subsidiaranklägers" (richtig: Privatbeteiligten) andererseits sei weder der zuvor genannten Bestimmung noch dem Leitsatz der in RZ 1933, 267 veröffentlichten Entscheidung 4 Os 399/33 zu entnehmen.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, steht der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 20. April 2004, soweit damit der im Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 25. Februar 2004 enthaltene Kostenausspruch gemäß § 390 Abs 1 StPO (auch) in Ansehung der Verfahrenseinstellung zum Faktum 1 der Privatanklage aufgehoben wurde und darin der Ausspruch der Verpflichtung des Privatanklägers zum Ersatz der durch seine insoweit erfolglos gebliebene Beschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens gemäß § 390a Abs 1 StPO unterblieben ist, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Gemäß § 390 Abs 1 StPO sind, wenn das Strafverfahren auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendigt wird, die Kosten in der Regel vom Bund zu tragen. Soweit aber das Strafverfahren auf Begehren eines Privatanklägers oder gemäß § 48 StPO lediglich auf Antrag des Privatbeteiligten stattgefunden hat, ist diesen (mit der in § 390 Abs 1 letzter Satz StPO hinsichtlich des Privatbeteiligten genannten Ausnahme) der Ersatz aller infolge ihres Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen.

Demgemäß ist der Privatankläger immer dann zum Kostenersatz zu verpflichten, wenn das Privatanklageverfahren anders als durch eine Verurteilung, etwa durch einen Einstellungsbeschluss (RZ 1986/10, EvBl 1963/352 zu § 46 Abs 3 StPO; S. Mayer, Commentar § 390 Rz 10 f; Lohsing/Serini, Strafprozessrecht4, 513 f; Roeder, Lehrbuch des österr. Strafverfahrensrechtes2, 338; Bertel/Venier, Strafprozessrecht8 Rz 1109), beendet wird. In welchem Stadium die Verfahrenseinstellung erfolgt, ist dafür - lege non distinguente - nicht von Belang. Stellt daher - wie im vorliegenden Fall - der Einzelrichter des Gerichtshofes erster Instanz das Strafverfahren, das durch die Erhebung der Privatanklage eingeleitet worden ist (§ 483 StPO) und solcherart „stattgefunden" (§ 390 Abs 1 zweiter Satz StPO) hat, gemäß § 486 Abs 3 StPO (§ 485 Abs 1 Z 7 StPO) iVm § 41 Abs 5 MedienG ein, so hat er - ebenso wie der Gerichtshof zweiter Instanz, wenn er gemäß § 213 Abs 1 StPO der (Privat-)Anklage keine Folge gibt und das Verfahren einstellt (SSt 26/47; EvBl 1955/425; RZ 1955, 182) - dem Privatankläger gemäß § 390 Abs 1 StPO den Ersatz der Kosten des Verfahrens aufzutragen. Den Privatankläger trifft somit - anders als den die Einleitung der Voruntersuchung gemäß § 48 Abs 1 Z 1 StPO erfolglos begehrenden Privatbeteiligten, weil solcherart mangels Einleitung der Voruntersuchung ein Strafverfahren auf dessen Antrag eben nicht stattgefunden hat (§ 390 Abs 1 zweiter Satz StPO; SSt 11/39, 30/8, 31/38) - (auch) im Falle einer a limine-Einstellung des (solcherart begriffslogisch stattgefundenen) Strafverfahrens die Kostenersatzpflicht nach § 390 Abs 1 StPO (implizit 11 Os 138/91; OLG Wien 18 Bs 455, 456/96; MR 1997, 76; Lendl, WK-StPO § 390 Rz 6;

Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG § 41 Rz 36;

Brandstetter-Schmid, MedienG2 § 29 Rz 54; ohne Differenzierung anderer Meinung offenbar Fabrizy StPO9 § 390 Rz 5 sowie der Leitsatz der in RZ 1933, 267 veröffentlichten Entscheidung 4 Os 399/33). Der Umstand, dass vorliegend das Strafverfahren aus dem Grund einer mangelnden Anklageberechtigung des eingeschrittenen Privatanklägers eingestellt wurde (§ 485 Abs 1 Z 7 StPO), ist für dessen Kostenersatzpflicht nicht von Belang (SSt 28/62; allgemein: 12 Os 55, 56/99; Lendl aaO Rz 6).

Dem Privatankläger Josef F***** wurde daher im Einstellungsbeschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 25. Februar 2004 (bezogen auf das Anklagefaktum 1) mit Recht der Ersatz der Verfahrenskosten aufgetragen, weshalb sich die Aufhebung des Kostenausspruches in Ansehung der bestätigten Verfahrenseinstellung zum Faktum 1 der Privatanklage mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 20. April 2004 als verfehlt erweist.

Die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichtes steht mit dem Gesetz auch deshalb nicht im Einklang, weil dem (in Ansehung der erfolglos bekämpften Verfahrenseinstellung zum Anklagefaktum 1 gemäß § 390 Abs 1 StPO kostenersatzpflichtigen) Privatankläger gemäß § 390a Abs 1 (erster Satz erster Halbsatz) StPO der Ersatz der durch seine insoweit erfolglos gebliebene Beschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen gewesen wäre (Mayerhofer, StPO5 § 390a E 18 f).

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben. Weil sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Beschuldigten ausgewirkt hat, war - ungeachtet der damit verbundenen Nachteile für den Privatankläger (vgl Ratz in WK-StPO § 292 Rz 29) - der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck in analoger Anwendung der Bestimmung des § 292 letzter Satz StPO im aufgezeigten Umfang aufzuheben und zudem dem Privatankläger Josef F***** der Ersatz der durch seine insoweit erfolglose Beschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzutragen (s Bachner-Foregger, StPO16 § 292 Anm I).

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