OGH 4Ob2/05f

OGH4Ob2/05f14.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Markus Andréewitch und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Foto L*****, vertreten durch Dr. Ingo Gutjahr, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 32.700 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 23. November 2004, GZ 2 R 264/04x-10, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 7. Oktober 2004, GZ 13 Cg 93/04w-4, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts, die in ihrem Punkt 2 (Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen Verletzung des Zugabenverbots) als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleibt, wird in ihrem Punkt 1 und im Kostenausspruch dahin abgeändert, dass Punkt 1 und die Kostenentscheidung wie folgt zu lauten haben:

Einstweilige Verfügung:

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Ankündigungen und/oder Handlungen wird der beklagten Partei für die Dauer dieses Rechtsstreits im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs verboten:

In öffentlichen Mitteilungen, die für einen großen Personenkreis bestimmt sind, namentlich in Werbeprospekten, Werbeinseraten und sonstigen Druckwerken, mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere durch Anführung von „Statt-Preisen" zu werben, wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit darauf hingewiesen wird, welcher Preis zum Vergleich herangezogen wird, all dies insbesondere hinsichtlich der Artikel „SONY Camcorder DCR-HC18 + PinnacLe Studio Vers. 9 SE", „SONY Plasmafernseher KE-32TS2", „SONY Cybershot U50" und „SONY Heimkino-Komplett-System DAV-SC5".

Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird als verspätet zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Provisiorialverfahrens aller drei Instanzen vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Mitbewerber im Elektro- und Elektronikbereich. Anlässlich der Neueröffnung ihres als „SONY-Center" bezeichneten Geschäfts - die Beklagte vertreibt dort ausschließlich Geräte der Marke SONY - veranlasste die Beklagte nachstehende Werbeeinschaltung in einer Tageszeitung:

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin zuletzt noch, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, in öffentlichen Mitteilungen, die für einen großen Personenkreis bestimmt sind, namentlich in Werbeprospekten, Werbeinseraten und sonstigen Druckwerken, mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere durch Anführung von „Statt-Preisen" zu werben, wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit darauf hingewiesen wird, welcher Preis zum Vergleich herangezogen wird, all dies insbesondere hinsichtlich der Artikel „SONY Camcorder DCR-HC18 + PinnacLe Studio Vers. 9 SE", „SONY Plasmafernseher KE-32TS2", „SONY Cybershot U50" und „SONY Heimkino-Komplett-System DAV-SC5". (Die im Hinblick auf unzulässige Zugaben beantragte Sicherungsverfügung hat das Rekursgericht bereits rechtskräftig erlassen.)

Die Klägerin führte aus, die Werbung der Beklagten mit „Statt-Preisen" verstoße gegen § 2 UWG, weil sie einerseits auf Preise anlässlich einer „Neueröffnung" und andererseits auch auf tatsächlich nicht verlangte „zuletzt gültige" Verkaufspreise verweise. Was unter „zuletzt gültigen" Verkaufspreisen zu verstehen sei, gehe aus der - überdies nur in Kleinstdruck ausgeführten - Ankündigung nicht mit hinreichender Deutlichkeit hervor.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Sicherungsantrags. Unter den gegebenen Umständen werde jeder „normale" Verbraucher die Anführung der „Statt-Preise" auf (Markt-)Preise beziehen, die in anderen Geschäften für die angeführten Produkte verlangt würden. Die Beklagte habe darauf auch hinreichend deutlich hingewiesen. Dass Preislisten von den Importeuren in Umlauf gebracht werden, sei den Verbrauchern ebenso bekannt wie der Umstand, dass es sich dabei um unverbindlich empfohlene Richtpreise handelt, die vom Händler nicht eingehalten werden müssen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag zur Gänze ab. Es stellte noch fest, die Beklagte habe die Eröffnung des ersten „SONY-Centers" in Österreich zum Anlass ihrer Werbeaussage genommen. Sie vertreibe dort ausschließlich Geräte der Marke SONY. Von den Herstellern bzw Importeuren würden Preislisten mit unverbindlich empfohlenen Verkaufspreisen aufgelegt, die von Händlern auch unterschritten würden. Außer im (neueröffneten) SONY-Center verlange die Beklagte in ihren (anderen) Filialen die unverbindlich empfohlenen Verkaufspreise der Firma SONY. Rechtlich führte das Erstgericht aus, der aufklärende Vermerk sei zwar kleiner gedruckt, dem Inserat jedoch noch gut zu entnehmen. Der angesprochene Kundenkreis könne erkennen, auf welche Preise zu Vergleichszwecken hingewiesen werde. Eine Irreführung oder Verunsicherung werde nicht ausgelöst.

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Sicherungsantrags in Ansehung der „Statt"-Preis-Werbung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei. Die von der Beklagten angebotenen Geräte seien Markenartikel, bei denen das Publikum empfohlene Hersteller- oder Listenpreise annehme. Es werde daher davon ausgehen, dass sich der aufklärende Vermerk „zuletzt gültige unverbindliche Verkaufspreise" auf unverbindliche Preisempfehlungen des Herstellers, nicht aber auf Marktpreise oder sonstige in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft verlangte Preise beziehe. Der Hinweis der Beklagten finde sich in einem vierzeiligen Druckblock, der sich von anderen Inhalten des Inserats ausreichend deutlich abgrenze und vom durchschnittlichen Leser ohne weiteres entziffert werden könne. Jeder Verbraucher, der eine Aufklärung über die „Statt-Preise" erhalten wolle, könne ohne unzumutbare Mühe und ohne längeres Suchen darin die Antwort finden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin richtet sich gegen die Abweisung des Sicherungsantrags betreffend die „Statt-Preis"-Werbung. Er ist zulässig, weil das Rekursgericht im Ergebnis von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Die Werbung mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere mit sogenannten „Statt-Preisen", denen durchgestrichene Preise gleichstehen, ist erlaubt, wenn die Umworbenen nicht irregeführt oder verunsichert werden. Eine derartige Werbung verstößt jedoch gegen § 2 UWG, wenn mangels näherer Erläuterung, wessen Preise (zB vom Hersteller empfohlene Listenpreise, Preise irgendeines Konkurrenten) zum Vergleich herangezogen werden, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich ist. Dabei ist wegen der suggestiven Wirkung einer solchen Werbemethode ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, dass aus dem Wortlaut und aus dem Gesamtbild der als Einheit zu betrachtenden Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen wird. Bei einer unklaren Ankündigung muss der Ankündigende die für ihn ungünstigste Auslegung gelten lassen (stRsp 4 Ob 2344/96a = ÖBl 1997, 170 - B-Tiefpreishammer mwN; RIS-Justiz RS0078358). Unauffällige Erläuterungen des Vergleichspreises im Kleinstdruck hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals für nicht ausreichend deutlich befunden (4 Ob 65/95 = ÖBl 1996, 188 - Preiß´n Kracher II; 4 Ob 2344/96a = ÖBl 1997, 170 - B-Tiefpreishammer).

Die Werbeankündigung der Beklagten verstößt gegen diese Grundsätze. Der aufklärende Hinweis wurde zugleich mit anderen Hinweisen - und ohne sich von diesen abzugrenzen - in einen vierzeiligen Block am Ende des Inserats aufgenommen. Er ist in Kleinstschrift ausgeführt und fällt in keiner Weise ins Auge. Die Möglichkeit des Publikums, bei genauestem Studium dieser Ankündigung auch den Hinweis auf die „Statt-Preise" zu finden, macht diesen keineswegs deutlich. Selbst wenn man aber den aufklärenden Hinweis als ausreichend auffällig beurteilen wollte, lässt seine Formulierung „Statt-Preise sind die zuletzt gültigen unverbindlichen Verkaufspreise" nicht erkennen, welcher Preis damit gemeint ist. Auch für jene Verkehrskreise, die wissen oder annehmen, dass es bei Markenartikeln von Herstellern empfohlene Listenpreise gibt, ist nicht klargestellt, dass sich der aufklärende Hinweis darauf bezieht. Anders als beim Hinweis auf den „letztgültigen Hersteller-Listenpreis" (4 Ob 1064/95) können die angesprochenen Verkehrskreise die im vorliegenden Fall gewählte Formulierung nämlich nicht nur im Sinn der empfohlenen Richtpreise des Herstellers verstehen, sondern - und vor allem wegen der Bezeichnung „Verkaufspreise" - auch im Sinn eines Marktpreises, der von anderen Händlern oder in anderen Filialen der Beklagten verlangt wird. Damit bleibt aber der Hinweis jedenfalls unklar und ermöglicht eine Irreführu ng oder Verunsicherung des Käuferpublikums. Die Werbung der Beklagten verstößt somit gegen § 2 UWG.

Dem Revisionsrekurs der Klägerin wird Folge gegeben und die in Ansehung der (unzulässigen) „Statt-Preis"-Werbung begehrte einstweilige Verfügung erlassen.

Die Revisionsbeantwortung der Beklagten musste als verspätet zurückgewiesen werden. Gemäß § 507a Abs 2 Z 3 ZPO beginnt die Frist für die Beantwortung der außerordentlichen Revision mit der Zustellung der Mitteilung des Obersten Gerichtshofs, dass die Beantwortung der Revision freigestellt werde. Die Revisionsbeantwortung ist in einem solchen Fall beim Revisionsgericht einzubringen (§ 507a Abs 3 Z 2 ZPO). Diese Bestimmungen über die außerordentliche Revision gelten sinngemäß auch für außerordentliche Revisionsrekurse (§ 528 Abs 3 ZPO). Die Beklagte hat die Revisionsrekursbeantwortung zwar am letzten Tag der Frist zur Post gegeben, allerdings an das Erstgericht adressiert. Sie langte erst am 8. 2. 2005 - nach Fristablauf - beim Obersten Gerichtshof ein. Die Tage des Postlaufs eines fristgebundenen Schriftsatzes bleiben nur dann außer Betracht (§ 89 GOG), wenn die Postsendung an das zuständige Gericht adressiert war (stRsp RIS-Justiz RS0041584).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 EO. Die Klägerin war zur Gänze erfolgreich. Sie hat die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen vorläufig selbst zu tragen.

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