OGH 10ObS185/04k

OGH10ObS185/04k18.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gabriele De M*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwaltgesellschaft mbH in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Pflegegeld, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. September 2004, GZ 8 Rs 68/04p-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. März 2004, GZ 37 Cgs 273/02a-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die am 18. 8. 1967 geborene Klägerin leidet an einer schizoaffektiven Psychose mit wiederholt auftretenden paranoiden Ideen- und Rückzugstendenzen. Sie steht in regelmäßiger nervenfachärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung. Eine regelmäßige Medikamenteneinnahme ist nicht gesichert, wobei dieser Umstand dem Krankheitsbild der Psychose entspricht und auch unter einer konsequenten Therapie psychotische Schübe auftreten können. Bei der Klägerin liegt ein chronisches Leiden mit einem wechselnden Gesundheitszustand vor, bei dem immer wieder mit dem Auftreten von akuten Psychosen zu rechnen ist. Die Klägerin leidet an wiederkehrenden Angstzuständen. Wenn sie sich in einem derartigen Zustand befindet, ist sie völlig starr, hat keinen Antrieb, geht überhaupt nicht außer Haus und kann ihre Angelegenheiten im sachlichen Lebensbereich überhaupt nicht verrichten.

Die Klägerin ist in der Hälfte der Zeit nicht in der Lage, zu kochen, weil sie keinen diesbezüglichen Antrieb hat. Die Unfähigkeit zum Kochen ist das erste Symptom für das Vorliegen eines psychotischen Schubes, da die Klägerin dann auch nicht mehr Appetit auf das Essen hat und sie daher auch keine Veranlassung sieht, sich eine Mahlzeit zuzubereiten.

Zu einem Drittel der Zeit kann die Klägerin die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten, die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, die Pflege der Leib- und Bettwäsche und die Beheizung des Wohnraumes nicht bewerkstelligen und kann auch nicht außer Haus gehen.

Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden psychotherapeutischen Betreuung der Klägerin finden auch Motivationsgespräche statt, in denen sie auf die Wichtigkeit der regelmäßigen Medikamenteneinnahme und der täglichen Zubereitung einer Mahlzeit bzw der Nahrungsaufnahme hingewiesen wird. Diese Motivationsgespräche sind aber nur dann zielführend, wenn sich die Klägerin noch in einem Zustand befindet, in dem die psychotischen Symptome eher im Hintergrund stehen. Wenn dies jedoch nicht mehr der Fall ist, kann auch durch ein Motivationsgespräch keine Besserung der Situation erreicht werden.

Mit Bescheid vom 5. 9. 2002 wies die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Klägerin vom 15. 7. 2002 auf Zuerkennung eines Pflegegeldes ab. Ihre Fähigkeit zur Besorgung lebenswichtiger Verrichtungen des Alltages sei nicht soweit herabgesunken, dass der Pflegebedarf durchschnittlich mehr als 50 Stunden monatlich betrage.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin das Pflegegeld der Stufe 2 in Höhe von EUR 268 monatlich ab dem 1. 8. 2002 zu gewähren. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht dahin, dass ein ständiger Pflegebedarf nicht erst dann vorliege, wenn er täglich auftrete, sondern es bereits genüge, wenn der Bedarf mindestens 2 - 3 Mal pro Woche gegeben sei. Diese Voraussetzungen seien erfüllt, da die Klägerin in der Hälfte der Zeit nicht in der Lage sei, sich einfache und ausreichende Mahlzeiten zuzubereiten. Für die Hilfsverrichtungen (Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten, Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, Pflege der Leib- und Bettwäsche, Beheizung des Wohnraumes und Mobilitätshilfe im weiteren Sinn) sei ein fixer Zeitwert von 10 Stunden pro Monat vorgesehen. Wenn im Bereiche einer dieser Hilfsverrichtungen ein Bedarf des Anspruchswerbers gegeben sei, sei ohne Rücksicht darauf, wie weitgehend dieses Hilfsbedürfnis sei, der angeordnete fixe Zeitwert zugrunde zu legen. Die Klägerin habe einen Betreuungs- und Hilfsbedarf von insgesamt 80 Stunden monatlich, sodass ihr das Pflegegeld der Stufe 2 gebühre.

Das Berufungsgericht wies in Stattgebung der Berufung der beklagten Partei das Klagebegehren zur Gänze ab. Ein Bedarf nach fremder Betreuung bzw Hilfe sei nach § 4 Abs 1 BPGG nur anzuerkennen, wenn er eine bestimmte Intensität erreiche. Ein ständiger Pflegebedarf liege nicht erst dann vor, wenn er täglich auftrete, sondern es genüge, wenn der Bedarf regelmäßig zumindest mehrmals wöchentlich gegeben sei. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil bei der Klägerin ein Hilfsbedarf nur beim Auftreten von psychotischen Schüben "zu einem Drittel der Zeit", also in größeren Zeitabständen, erforderlich sei. Der Oberste Gerichtshof habe in vergleichbaren Fällen ausgesprochen, dass der Umstand, wonach der Bedarf nach Beiziehung einer Hilfsperson für bestimmte Verrichtungen jeweils nur für einige Monate eines Jahres gegeben sei, dadurch zu berücksichtigen sei, dass der notwendige Hilfsbedarf für diese Zeit zu ermitteln und auf das ganze Jahr aufzuteilen sei (SSV-NF 9/95; RIS-Justiz RS0053130). Dies bedeute für den vorliegenden Fall, dass ein Hilfsbedarf im Monatsdurchschnitt nur für 17 Stunden (= ein 1/3 von 50 Stunden) bestehe. Damit erfülle die Klägerin nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Pflegegeldes.

Weiters sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Klägerin macht in ihrer Revision geltend, das Berufungsgericht habe bei seiner Entscheidung den ebenfalls festgestellten Pflegebedarf für die Zubereitung der Mahlzeiten nicht berücksichtigt. Es liege bei ihr ein ständiger Pflegebedarf vor. Für die notwendigen Hilfsverrichtungen (Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten, Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, Pflege der Leib- und Bettwäsche, Beheizung des Wohnraumes und Mobilitätshilfe im weiteren Sinn) sei gemäß § 2 Abs 3 EinstV ein fixer Zeitwert von jeweils 10 Stunden monatlich anzunehmen. Eine konkret - individuelle Prüfung des Ausmaßes des Hilfsbedarfes habe bei den genannten Verrichtungen nicht stattzufinden. Darüber hinaus sei der für die Zubereitung der Mahlzeiten vorgesehene Mindestwert von 30 Stunden monatlich zu berücksichtigen, da die Klägerin in der Hälfte der Zeit nicht in der Lage sei, sich eine ausreichende Mahlzeit selbst zuzubereiten, und somit eine erhebliche Unterschreitung des Mindestwertes nicht vorliege.

Der erkennende Senat hat dazu folgendes erwogen:

Der Anspruch auf Pflegegeld nach § 4 Abs 1 BPGG setzt unter anderem voraus, dass ein "ständiger" Betreuungs- und Hilfsbedarf gegeben ist. Ein Bedarf nach fremder Betreuung bzw Hilfe im Sinne dieser Gesetzesstelle ist daher nur anzuerkennen, wenn er eine bestimmte Intensität erreicht. Der Bedarf nach fremder Betreuung und Hilfe ist umso dringender, wenn die jeweiligen Verrichtungen regelmäßig bzw häufig anfallen. Erst diese Intensität macht Verrichtungen zu unaufschiebbaren und damit lebenswichtigen, bei deren Unterbleiben eine Verwahrlosung des Pflegebedürftigen oder eine Gefährdung seiner Existenz droht. Ein ständiger Pflegebedarf liegt aber nicht erst dann vor, wenn er täglich auftritt. Nach § 5 EinstV genügt es bereits, wenn der Bedarf zumindest mehrmals wöchentlich regelmäßig gegeben ist. Aus dieser Wortwahl ist zu schließen, dass der Bedarf im Durchschnitt (arg "regelmäßig") mindestens 2 - 3 Mal pro Woche gegeben sein muss. Wegen des einheitlichen Begriffes Pflegebedarf ist es allerdings nicht erforderlich, dass jede einzelne Verrichtung zumindest mehrmals in der Woche anfällt. Es genügt, wenn - in Summe und durchschnittlich betrachtet - 2 - 3 Mal wöchentlich irgendwelche Maßnahmen notwendig sind, die zur Betreuung bzw Hilfe zählen (Pfeil, BPGG 83).

Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen kann die Frage, ob bei der Klägerin ein "ständiger" Betreuungs- und Hilfsbedarf im Sinne der dargelegten Ausführungen gegeben ist, noch nicht abschließend beurteilt werden. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Klägerin bedürfe keiner ständigen Betreuung bzw Hilfe, weil nur beim Auftreten von psychotischen Zuständen "zu einem Drittel der Zeit" ein Hilfsbedarf gegeben sei, lässt insbesondere unberücksichtigt, dass die Klägerin nach den Feststellungen aufgrund ihrer Antriebslosigkeit während "der Hälfte der Zeit" auch zur Zubereitung von Mahlzeiten nicht in der Lage ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass mit der Klägerin nach den Feststellungen auch regelmäßig zur selbstständigen Durchführung von Verrichtungen des täglichen Lebens (Einnahme von Medikamenten, tägliche Zubereitung von Mahlzeiten) Motivationsgespräche zu führen sind. Beim pflegegeldrelevanten Motivationsgespräch iSd § 4 Abs 2 EinstV handelt es sich um eine eigene Betreuungshandlung, die als Beziehungsarbeit für geistig oder psychisch Behinderte oft eine unerlässliche Basis für deren Aktivierung ist oder Behinderten durch ein Planungsgespräch die selbstständige Lebensführung ermöglicht. Das Motivationsgespräch ist in diesem Sinn als eine übergreifende Betreuungsmaßnahme zu verstehen und bei der Ermittlung des Pflegebedarfs lediglich einmal für alle in den §§ 1 und 2 EinstV angeführten notwendigen Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen zu berücksichtigen (10 ObS 80/03t, 10 ObS 281/02z, SSV-NF 14/116 ua). Hingegen handelt es sich bei Gesprächen, die lediglich der psychischen Stabilisierung des Betroffenen, nicht jedoch (auch) der Motivation zur selbstständigen Durchführung von in §§ 1 und 2 EinstV angeführten Verrichtungen dienen, nicht um Motivationsgespräche iSd § 4 Abs 2 EinstV (10 ObS 281/02z). Zur Beurteilung der Intensität des bei der Klägerin erforderlichen Pflegebedarfs wird daher zunächst festzustellen sein, in welcher Häufigkeit mit der Klägerin Motivationsgespräche iSd § 4 Abs 2 EinstV regelmäßig zu führen sind.

Es fehlen auch eindeutige Feststellungen über die Häufigkeit der bei der Klägerin weiters erforderlichen Hilfe bei der Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten, der Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, der Pflege der Leib- und Bettwäsche, der Beheizung des Wohnraumes und der Mobilitätshilfe im weiteren Sinn und der notwendigen Betreuung bei der Zubereitung von Mahlzeiten. Wie die beklagte Partei bereits in ihrer Berufung zutreffend aufgezeigt hat, ist insbesondere nicht geklärt, ob die Notwendigkeit dieses Pflegebedarfes nur im Zuge eines psychotischen Schubes auftritt, wie oft solche Schübe auftreten und wielange diese Schübe dauern bzw ob während dieser Schübe Anstaltspflege erforderlich ist. Erst nach Vorliegen entsprechender Feststellungen wird beurteilt werden können, ob bei der Klägerin - in Summe und durchschnittlich betrachtet - 2 - 3 Mal wöchentlich irgendwelche Maßnahmen notwendig sind, die zur Betreuung bzw Hilfe zählen. Bei der Frage, ob die einzelnen genannten Hilfsverrichtungen bei der Ermittlung des Pflegebedarfes überhaupt zu berücksichtigen sind, wird auch zu berücksichtigen sein, dass es sich bei diesen Verrichtungen zum Unterschied zu den Betreuungsleistungen um aufschiebbare Verrichtungen handelt, bei denen eine gewisse zeitliche Planung und Vorausschau möglich ist. Bei Personen mit bloß tageweiser schlechter gesundheitlicher Verfassung (zB tageweise auftretende Schwindelzustände) ist daher zu bedenken, dass solche aufschiebbaren Verrichtungen wie das Reinigen der Wohnung oder die Pflege der Wäsche nicht täglich notwendig sind und daher an jenen Tagen durchgeführt werden können, an denen es die Tagesverfassung zulässt (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld Rz 248).

Sollte das Erstgericht nach der Verfahrensergänzung zu dem Ergebnis gelangen, dass bei der Klägerin ein "ständiger" Betreuungs- und Hilfsbedarf iSd § 4 Abs 1 BPGG gegeben ist, wird bei der konkreten Ermittlung des zeitlichen Ausmaßes des Pflegebedarfes zu berücksichtigen sein, dass § 2 Abs 3 EinstV jeder der in Abs 2 dieser Bestimmung genannten Hilfsverrichtungen (dazu gehören die Herbeischaffung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Bedarfsgütern des täglichen Lebens, die Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, die Pflege der Leib- und Bettwäsche, die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial und die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn) einen - auf einem Monat bezogenen - fixen Zeitwert von 10 Stunden zuordnet. Die Normierung dieses fixen Zeitwertes eröffnet nach ständiger Rechtsprechung keinen Spielraum für ein Abweichen von den angeordneten Zeitwert nach oben oder unten. Ist im Bereich einer der im § 2 Abs 2 EinstV genannten Hilfsverrichtungen, soweit sie zur Sicherung der Existenz erforderlich sind, ein Bedarf des Anspruchswerbers auf fremde Hilfe gegeben, so ist ohne Rücksicht darauf, wie weitgehend dieses Hilfsbedürfnis ist, der angeordnete fixe Zeitwert zugrunde zu legen. Für die Zuerkennung des betreffenden pauschalierten Bedarfes ist es also unerheblich, ob im konkreten Fall mit 10 Stunden das Auslangen gefunden werden kann. Umgekehrt gilt diese Pauschalierung auch dann, wenn im Einzelfall für die betreffende Verrichtung unter Umständen mit einem geringeren Ausmaß an Hilfe das Auslangen gefunden werden könnte. Die Notwendigkeit, auf derartige subjektive Besonderheiten einzugehen, soll durch die Pauschalwerte iSd § 4 Abs 4 Z 3 BPGG gerade vermieden werden. Bereits dem Gesetz ist somit zu entnehmen, und die EinstV hat dies lediglich umgesetzt, dass bei Hilfsverrichtungen keine konkret - individuelle Prüfung anzustellen ist. Mit Hilfe derartiger Pauschalwerte soll nämlich offenkundig eine - verwaltungstechnisch zu aufwendige und damit kaum administrierbare - Prüfung im Einzelfall vermieden werden (10 ObS 190/03v, SSV-NF 16/93, 11/5, 10/79 mwN uva; RIS-Justiz RS0053107).

Diesen Ausführungen steht auch nicht die in SSV-NF 9/95 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes entgegen, in der in Bezug auf die in § 2 Abs 2 EinstV angeführten Hilfsverrichtungen ebenfalls ausgesprochen wurde, dass, soweit ein Bedarf des Anspruchswerbers auf fremde Hilfe gegeben ist, ohne Rücksicht darauf, wie weitgehend dieses Hilfsbedürfnis ist, der vom Verordnungsgeber angeordnete fixe Zeitwert zugrunde zu legen ist. Lediglich im Hinblick auf den Pflegebedarf für An- und Auskleiden, tägliche Körperpflege und Zubereitung von Mahlzeiten, also bei Betreuungsverrichtungen mit Richt- und Mindestwerten, wurde vom Obersten Gerichtshof die Rechtsansicht der Vorinstanzen bestätigt, wonach bei einem jeweils nur für einige Monate eines Jahres bestehenden Pflegebedarf der notwendige Pflegebedarf für diese Zeit zu ermitteln und auf das ganze Jahr aufzuteilen sei.

Bei der Ermittlung des Pflegebedarfes für die Zubereitung von Mahlzeiten wird zu berücksichtigen sein, dass eine bloß tageweise notwendige Unterstützung bei dieser Betreuungsverrichtung - beispielsweise wegen eines schwankenden Gesundheitszustandes - kein Aspekt der Unterschreitung des Mindestwertes (als normative Festlegung des gesellschaftlich anerkannten Mindestmaßes für den für die jeweiligen Verrichtungen notwendigen zeitlichen Aufwand) ist. Bei den im § 1 Abs 4 EinstV genannten Betreuungsverrichtungen (dazu zählt auch die Zubereitung von Mahlzeiten) ist auf "Mindestwerte pro Tag" abgestellt, sodass dieser Zeitwert nur für die Anzahl von Tagen pro Monat zu berücksichtigen ist, an denen tatsächlich der Pflegebedarf gegeben ist. Benötigt etwa ein Pflegebedürftiger an durchschnittlich 20 Tagen im Monat fremde Unterstützung bei der Zubereitung von Mahlzeiten, so errechnet sich daraus ein monatlicher Pflegebedarf von 20 Stunden (vgl Greifeneder/Liebhart, aaO Rz 193).

Wegen der dargelegten Feststellungsmängel waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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