OGH 6Nc1/05g

OGH6Nc1/05g1.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber und Dr. Prückner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Hartmut Peter S*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, Deutschland, über den Antrag der Tochter des Verstorbenen Tamara S*****, Deutschland, auf Bestimmung der Zuständigkeit nach § 28 JN, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, für die Abhandlung der Verlassenschaft nach Hartmut Peter S***** ein österreichisches Gericht als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Tochter des verstorbenen Hartmut Peter S***** beantragte in einem an das Bundesministerium für Justiz gerichteten Schreiben die „Zuteilung eines Nachlassgerichts" zur Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung. Der vom Bundesministerium für Justiz dem Obersten Gerichtshof zur weiteren Veranlassung nach § 28 JN übersendete Antrag, wonach ein österreichisches Gericht zur Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens bestellt werden soll, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 28 Abs 1 JN hat der Oberste Gerichtshof ein örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinn dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind und wenn Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist (Z 1) oder wenn der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre (Z 2) oder wenn die inländische Gerichtsbarkeit, nicht aber ein örtlich zuständiges Gericht vereinbart worden ist (Z 3). Die Bestimmung der Zuständigkeit durch den Obersten Gerichtshof setzt daher unter anderem voraus, dass die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) gegeben, ein österreichisches Gericht jedoch nicht örtlich zuständig ist (SZ 69/227; vgl RIS-Justiz RS0106680). Gemäß § 106 AußStrG ist die inländische Gerichtsbarkeit für die Abhandlung einer Verlassenschaft und für diese ersetzende Verfahren (§§ 153 ff AußStrG) gegeben, 1. über das im Inland gelegene unbewegliche Vermögen; 2. über das im Inland gelegene bewegliche Vermögen, wenn a) der Verstorbene zuletzt österreichischer Staatsbürger war oder b) der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte oder c) die Durchsetzung aus dem Erbrecht, Pflichtteilsrecht oder einer letztwilligen Erklärung abgeleiteter Rechte im Ausland unmöglich ist; 3. über das im Ausland gelegene bewegliche Vermögen, wenn der Verstorbene zuletzt österreichischer Staatsbürger war und a) seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte oder b) die Durchsetzung aus dem Erbrecht, Pflichtteilsrecht oder einer letztwilligen Erklärung abgeleiteter Rechte im Ausland unmöglich ist.

Nach dem Antragsvorbringen und den dem Antrag beigeschlossenen Urkunden liegt keine dieser Voraussetzungen für die Bejahung der inländischen Gerichtsbarkeit für diese Verlassenschaftsabhandlung vor. Nach dem Antragsvorbringen hatte der Verstorbene seinen Wohnsitz ausschließlich in Deutschland. In Österreich hatte er nie einen Wohnsitz besessen. In Österreich ist kein nach dem Verstorbenen abzuhandelndes Vermögen vorhanden. Der Verstorbene kam in Karlsruhe zur Welt und ist in Bad Mergentheim/Deutschland, verstorben, wie sich auch aus der in Kopie beigelegten Sterbeurkunde und der ebenfalls in Kopie beigelegten Mitteilung über den Sterbefall ergibt. Die Durchsetzung der in § 106 Abs 1 Z 3 lit b AußStrG genannten Rechte in Deutschland ist nicht unmöglich.

Der Antrag ist daher mangels der internationalen Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts abzuweisen.

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