OGH 2Ob297/04x

OGH2Ob297/04x20.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen I. der klagenden Partei DI Peter L*, vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in Korneuburg, wider die beklagten Parteien 1. Henrico P*; 2. Margit H*, und 3. G*, sämtliche vertreten durch Dr. Georg Döcker, Rechtsanwalt in Wien, wegen (eingeschränkt) EUR 1.090 sA (Verfahren 4 C 1096/02h), und II. der (wider‑)klagenden Parteien 1. Henrico P*, wie vor, und 2. Margit H*, wie vor, beide vertreten durch Dr. Georg Döcker, Rechtsanwalt in Wien, wider die (wider‑)beklagten Parteien 1. DI Peter L*, wie vor, und 2. U*, beide vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen EUR 1.850 sA und EUR 9.091,34 sA (Verfahren 3 C 1240/02b) über die Revision der widerbeklagten Parteien im Verfahren 3 C 1240/02b gegen das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt als Berufungsgericht vom 30. Juni 2004, GZ 17 R 69/04z‑41, womit infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Parteien Henrico P* und Margit H* sowie der drittbeklagten Partei (G*) das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 28. November 2003, GZ 4 C 1096/02h‑29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2005:E76061

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

 

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes nicht gebunden; gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung der ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Das Berufungsgericht hat die Revisionszulassung damit begründet, dass - soweit überschaubar - zur Frage des Rechtschutzzieles des § 17 Abs 1 letzter Satz StVO divergierende höchstgerichtliche Judikatur vorliege; während sich das Berufungsgericht der Entscheidung 2 Ob 136/89 (wonach diese Bestimmung nur den Schutz der Linksabbieger, nicht aber eines aus einer Querstraße kommenden benachrangten Verkehrsteilnehmers betreffe) angeschlossen habe, sei die Entscheidung 2 Ob 154/79 genau gegenteilig. Aus Gründen der Rechtssicherheit scheine daher eine neuerliche Auseinandersetzung des Höchstgerichtes mit dieser Frage erforderlich.

Diese vermeintliche Judikaturdivergenz liegt freilich nicht (mehr) vor. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich nicht nur in der (unveröffentlichten) Entscheidung 2 Ob 136/89, sondern in einer Vielzahl weiterer Entscheidungen (ZVR 1982/209; ZVR 1983/71; ZVR 1984/204; ZVR 1985/41; 2 Ob 2420/96p [nv]; ebenso auch schon ZVR 1973/80 und ZVR 1975/213, jeweils bei - wie hier - Vorrangverzicht eines anderen Verkehrsteilnehmers gegenüber dem benachrangten Querverkehr) ausgesprochen, dass sich nur solche "andere Straßenbenützer" im Sinne des § 17 Abs 1 StVO auf den Schutzzweck dessen letzten Satzes (wonach an Fahrzeugen, deren Lenker die Absicht nach links einzubiegen angezeigt haben, nur rechts vorbeizufahren ist) berufen können, die auch gegenüber dem (unzulässigerweise links) Vorbeifahrenden keinen Anspruch auf Nichtbehinderung haben: Wer also etwa aufgrund einer Vorrangbestimmung (hier: § 19 Abs 4 StVO) gegenüber dem Vorbeifahrenden wartepflichtig ist, hat diesem gegenüber keinen Anspruch auf Nichtbehinderung. Diese (ständige) Rechtsprechung findet ihre Stütze auch im einschlägigen Fachschrifttum (Dittrich/Stolzlechner, StVO Rz 11 zu § 17; Grubmann, StVO Rz 4 zu § 17). Der Schutzzweck des § 17 Abs 1 letzter Satz StVO, welcher die Pflicht zum Rechtsvorbeifahren normiert, beschränkt sich somit auf die zum Einbiegen bereiten Linksabbieger und den Gegenverkehr (Dittrich/Stolzlechner, aaO Rz 36). Dies folgt auch aus der (ebenfalls ständigen) Rechtsprechung, dass sich der Vorrang stets auf die gesamte Breite einer bevorrangten Straße bezieht (RIS‑Justiz RS0073758). Aus der im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes zitierten Entscheidung 2 Ob 154/79 (ZVR 1981/1) ist für den vorliegenden Sachverhalt schon deshalb nichts zu gewinnen, weil hier ein Vertrauen auf vorschriftsmäßiges Verhalten des Motorradfahrers bereits deshalb nicht geschützt sein könnte, weil der Lenker des Beklagtenfahrzeuges dessen verkehrswidriges Verhalten bei Beobachtung des im Kreuzungsbereich angebrachten Spiegels erkennen hätte können.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war das Rechtsmittel daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil die Revisionsgegner keine einen Kostenersatzanspruch allenfalls auslösende Revisionsbeantwortung erstattet haben.

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