OGH 15Os145/04

OGH15Os145/0413.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer, in der Strafsache gegen Abdul Kamran R***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Abdul Kamran R***** sowie die Berufung des Angeklagten Adnan R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 21. Juli 2004, GZ 38 Hv 10/04m-80, sowie die (implizierte, § 498 Abs 3 StPO) Beschwerde des Abdul Kamran R***** gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Abdul Kamran R***** wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, teils deshalb, teils aus ihrem Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) betreffend den Mitangeklagten Adnan R*****, im Schuldspruch des Angeklagten Abdul Kamran R***** zu III/A sowie demjenigen des Adnan R***** zu III/B, demgemäß im Strafausspruch hinsichtlich beider Angeklagter, der Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO sowie der Privatbeteiligtenzuspruch an die Firma E***** GmbH aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten ebenso wie der Angeklagte Abdul Kamran R***** mit seiner Beschwerde auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche des Zweitangeklagten Adnan R***** enthält, wurden (a) Abdul Kamran R***** der Verbrechen (I/1) der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB, (I/2) der versuchten betrügerischen Krida nach §§ 15 Abs 1, 156 Abs 1 StGB, (III/A) des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB, sowie der Vergehen (IV/A) nach § 114 Abs 1 und Abs 2 ASVG und (V/A) der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 und Abs 5 Z 3 und Z 4 (§ 161 Abs 1) StGB;

(b) Adnan R***** (II) des Verbrechens der versuchten betrügerischen Krida als Beteiligter nach § 12 dritter Fall, 15 Abs 1, 156 Abs 1 StGB, sowie der Vergehen (III/B) des Betruges nach § 146 StGB (IV/B), nach § 114 Abs 1 und 2 ASVG und (V/B) der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 und 5 Z 4 und 5 (§ 161 Abs 1) StGB

schuldig erkannt.

Danach haben sie in Salzburg und anderen Orten des Bundesgebiets

I) Abdul Kamran R***** als Betreiber des Lokales "M*****" und

nachfolgend "S*****" und Schuldner mehrerer Gläubiger sein Vermögen durch nachfolgend beschriebene Handlungen verringert und dadurch die Befriedigung von Gläubigern in einem 40.000 Euro übersteigenden Betrag vereitelt bzw geschmälert, und zwar dadurch, dass er

1) Privatentnahmen wie folgt tätigte, und zwar:

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch zu III/A richtet sich die auf Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Abdul Kamran R*****, die sich schon aus dem letztgenannten Grund als berechtigt erweist.

Zutreffend führt die Beschwerde in ihrer Rechtsrüge (Z 9 lit a) aus, es seien keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen worden. Die Verwirklichung des (Grund-)Tatbestandes des § 146 StGB erfordert, dass der Täter mit Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz handelt, wobei bedingter Vorsatz genügt (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 111). Das Erstgericht hat zwar den Täuschungsvorsatz und weiters konstatiert, dass der Erstangeklagte zum Vertragsabschlusszeitpunkt in Kauf genommen und sich damit abgefunden hat, den Kaufpreis nicht zahlen zu können (US 14 und 15) und auf US 18 neuerlich festgehalten, "dass er zumindest mit bedingten Vorsatz" gehandelt hat. Auf US 19 wird ausgeführt, dass "beide Angeklagten die im Spruch genannten strafbaren Handlungen in subjektiver und objektiver Hinsicht verwirklicht haben; hinsichtlich der Betrugsfakten zu III haben beide Angeklagten jeweils mit bedingtem Vorsatz gehandelt, weil sie den Eintritt des jeweiligen Schadens in Kauf genommen und sich damit abgefunden haben". Zum Bereicherungsvorsatz hat das Erstgericht lediglich im Urteilsspruch die verba legalia verwendet, weitere Feststellungen dazu finden sich im Urteil nicht. Die Ausführungen im Urteilsspruch vermögen aber die Anführung jener Tatsachen, die als erwiesen angenommen wurden, in den Urteilsgründen nicht zu ersetzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 580, RIS-Justiz RS0114639). Da Konstatierungen bezüglich des Bereicherungsvorsatzes dem Urteil erster Instanz nicht zu entnehmen sind, mangelt es an der Feststellung entscheidender Tatsachen zum Schuldspruchsfaktum III/A.

Der aufgezeigte Mangel zum Schuldspruchfaktum III/A betrifft aber auch das Schuldspruchfaktum III/B hinsichtlich des Angeklagten Adnan R*****, der keine Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen hat. Auch hier liegt eine Feststellung zum Bereicherungsvorsatz nicht vor, weil die Erwähnung im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), welche die Feststellung entscheidender Tatsachen nur zu verdeutlichen vermag, diese nicht ersetzen kann.

Zum von der Generalprokuratur angeregten Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO betreffend den Angeklagten Abdul Kamran R*****:

Die gesonderte rechtliche Unterstellung der zu den Punkten A/1 und /2 bezeichneten Taten als Verbrechen der betrügerischen Krida bzw Verbrechen der versuchten betrügerischen Krida nach §§ 15 Abs 1, 156 Abs 1 StGB widerspricht § 29 StGB.

Der Begriff der "strafbaren Handlung" im § 260 Abs 1 Z 2 StPO meint bei wert- oder schadensqualifizierten Delikten, anders als dort, wo der Strafrahmen (nur) nach § 28 StGB zu bilden ist, zufolge der speziellen Bestimmung des § 29 StGB einen nach Maßgabe des Zusammenrechnungsgrundsatzes entstandene Subsumtionseinheit sui generis, die aus der höchsten Wert- oder Schadensqualifikation und weiteren, in echter Konkurrenz dazu stehenden Begehungsformen (und unselbständigen Abwandlungen) des Grunddelikts besteht (14 Os 65/99 = JBl 2000/262). Die getrennte Annahme eines Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB neben dem versuchten Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1 StGB ist daher unzulässig, jedoch bestand im Hinblick auf die herangezogenen Strafzumessungsgründe (US 19 und 20) kein Nachteil für den Angeklagten Abdul Kamran R***** (Ratz, WK-StPO § 290 StPO Rz 23 und 24).

Da fehlende Feststellungen vom Obersten Gerichtshof nicht nachgetragen werden können, war das Urteil im angefochtenen Umfang, nach § 290 Abs 1 StPO auch zugunsten des Mitangeklagten zum Faktum III/B, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der darauf fußenden Beschlussfassung gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO sowie des Zuspruchs an den Privatbeteiligten Ele***** gemäß § 369 Abs 1 StPO) bereits bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 285e StPO). Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren geltend gemachten Nichtigkeitsgründe. Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht - allenfalls unter Berücksichtigung gestellter Beweisanträge - die subjektive Tatseite zu prüfen, hiezu für die rechtliche Beurteilung ausreichende, begründete Feststellungen, insbesondere auch zum Bereicherungsvorsatz, zu treffen und sodann den Sachverhalt rechtlich neu zu beurteilen haben, wobei es auch gegebenenfalls auf die Wertgrenzen der §§ 146, 147 Abs 2 und Abs 3 StGB (Vergehen - Verbrechen) und somit die Unterscheidung von Verbrechen und Vergehen nach § 17 StGB zu achten haben wird.

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