OGH 13Os148/04

OGH13Os148/0412.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Jänner 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Harald J***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 29. September 2004, GZ 603 Hv 7/04a-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dr. Harald J***** des - unter Vernachlässigung des § 29 StGB irrig "mehrfachen" - Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 StGB schuldig erkannt. Danach hat er in Klosterneuburg verfügungsberechtigten Personen der Buch- und Kunsthandlung des Augustiner Chorherrnstiftes Klosterneuburg fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von 1.158 Euro durch Einbruch in eine versperrte Glasvitrine mit dem Vorsatz weggenommen, sich die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. im "November 2003" - vgl aber, auf November 2002 hinweisend, S 9, 17, 37, 49 - drei große Emailtafeln mit Motiven des "Verduner Altars" im Wert von 498 Euro,

  1. 2. am 5. Oktober 2003 zwei Emailtafeln im Wert von 320 Euro und
  2. 3. am 18. November 2003 eine Glasmalerei, darstellend das Stift Klosterneuburg, im Format 25,5 x 36,5 cm im Wert von 340 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten (Z 4) wurden die in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf "Auswertung des gesamten Videobandes" zum Beweis dafür, "dass nicht der Angeklagte, sondern ein unbekannter Täter am 18. November 2003 nach 19.32 Uhr die Glasmalerei in Form 25,5 x 36,5 entwendete" (vgl Schuldspruch Punkt 3), und auf Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Neurologie zum Beweis dafür, dass der Angeklagte "an einer starken Schwäche in beiden Armen mit motorischen Einschränkungen" leidet, "sodass es ihm unmöglich ist, körperliche Kraft anzuwenden und die Vitrine gewaltsam zu öffnen" (S 244), abgewiesen.

Es lag - schon angesichts der Angaben über zeitlich stark begrenzte Zutrittsmöglichkeiten, über die Besichtigung des gesamten Videobandes, über das gefilmte Verhalten des Angeklagten bei der Vitrine und darüber, dass bei den aktuellen technischen Gegebenheiten keine spezielle Kraftanstrengung notwendig war, um die Vitrine aufzureißen (vgl S 147, 151, 159, 203, 240, 245) - nicht auf der Hand, weswegen die beantragten Beweismittel zur Klärung des jeweiligen Beweisthemas geeignet sein könnten. Gründe, aus denen sich eine derartige Eignung ergeben könnte, wurden auch bei der Antragstellung nicht genannt.

Nach (Jahrzehnte zurückreichender) gefestigter Rechtsprechung muss im Beweisantrag, soweit dies nicht auf der Hand liegt, angegeben werden, aus welchen Gründen erwartet werden kann, dass die Durchführung des begehrten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde und inwieweit dieses - sofern es nicht offensichtlich ist - für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (siehe 11 Os 41/80, 9 Os 130/80 mit Bezugnahme auf RZ 1970, 18, die zahlreichen weiteren in RIS-Justiz RS0099453 und RS0107040 dokumentierten Entscheidungen sowie Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 und Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 4 E 19).

Im Sinn der angeführten Judikatur hat übrigens der Gesetzgeber die Anforderungen an einen Beweisantrag in § 55 Abs 1 StPO idF des Strafprozessreformgesetzes, BGBl I Nr 19/2004, das mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten wird, verankert. Nach dieser an die ständige Rechtsprechung anknüpfenden Bestimmung (siehe die ausdrücklich auf die Judikatur Bezug nehmenden Erläuterungen zu § 57 ["Beweisanträge"] des Ministerialentwurfs eines Strafprozessreformgesetzes, JMZ 578.017/10-II.3/2001) hat der Antragsteller im Antrag Beweisthema, Beweismittel und jene Informationen, die für die Durchführung der Beweisaufnahme erforderlich sind, zu bezeichnen und, soweit dies nicht offensichtlich ist, zu begründen, weswegen das Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären. Beweisaufnahmen unterbleiben, wenn das Beweisthema für die Beurteilung des Tatverdachtes ohne Bedeutung ist (vgl § 55 Abs 2 Z 1 StPO in der Fassung der Novelle).

Die Verfahrensrüge ist daher unbegründet.

Nach Prüfung des Vorbringens der Tatsachenrüge (Z 5a) an Hand der Akten ergaben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die im Urteil vorgenommene irrige Aufspaltung der Subsumtionseinheit nach § 29 StGB gibt keinen Anlass zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO, weil ohnedies nur die Tatwiederholung als erschwerend gewertet wurde (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 24). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte