OGH 13Os142/04

OGH13Os142/0415.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl Friedrich A***** wegen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 26. April 2004, GZ 11 Hv 137/03s-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Karl Friedrich A***** wurde (richtig:) einer unbestimmten Zahl von Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (1) und von Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 (aF) StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

1. zwischen Mitte 1999 und 4. September 2000 außer dem Fall des § 206 StGB dadurch eine geschlechtliche Handlung an seiner am 4. September 1986 geborenen, mithin unmündigen Tochter Tina A***** vorgenommen, dass er sie ausgezogen auf eine Waschmaschine setzte und ihre Schamlippen auseinanderdrückte sowie in zahlreichen Angriffen ihre Brüste betastete und

2. durch die zu 1. geschilderten Taten sein minderjähriges Kind zur Unzucht missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 3, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Da das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) von "zahlreichen" Taten spricht, ist diese Aussage zu den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), wo davon die Rede ist, dass die tatbestandsmäßigen Übergriffe "des öfteren" stattgefunden hätten, keineswegs im Widerspruch (der Ausdruck "immer wieder" wurde nur im Rahmen der Beweiswürdigung beim Referat der Aussage des Angeklagten, wonach seine Tochter "immer wieder in Unterwäsche herumgelaufen" sei, verwendet (US 5) - "ab und zu" sowie "ein paar Mal" findet sich im Urteil nicht).

Zudem kann ein Widerspruch zwischen Erkenntnis und Entscheidungsgründen nur in Betreff entscheidender Tatsachen mit Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) geltend gemacht werden. Mit der genauen Zahl der - jedenfalls mehreren - Taten spricht die Beschwerde jedoch keine entscheidende Tatsache an.

Ein Schuldspruch wegen nur pauschal individualisierter gleichartiger Taten (indem also die - wenngleich selbständigen - Taten [bei sonstiger Nichtigkeit aus Z 3] nur gegen andere, aber nicht untereinander abgegrenzt werden; sog gleichartige Verbrechensmenge) begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil es sich dabei, anders als beim sog "fortgesetzten Delikt", nicht um eine materiellrechtliche, sondern bloß um eine prozessuale Zusammenfassung handelt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 33, 292, 406, 520 sowie in WK2 Vorbem §§ 28-31 Rz 84).

Deutlich genug ist das Erstgericht auch von Angaben des Tatopfers ausgegangen, wonach sich bereits vor dessen 14. Geburtstag eine Mehrzahl der genannten Taten ereignet hat (Z 5 erster Fall; US 3 f, vgl zB auch S 223).

Beim Schluss aus vom Tatopfer geschilderten unzweideutigen äußeren Vorgängen kann von "substanzlosem Gebrauch von verba legalia" zur Begründung der subjektiven Tatseite keine Rede sein, schon weil "verba legalia" solcherart gar nicht verwendet wurden (US 6). "Denknotwendig" muss eine derartiger Folgerung keineswegs sein. Mit dem Aussageverhalten der Zeugin Tina A***** haben sich die Tatrichter eingehend auseinandergesetzt. Soweit die Beschwerde aus isoliert herausgegriffenen Aussagen und spekulativen Erwägungen für den Angeklagten günstigere Schlüsse abzuleiten sucht, bekämpft sie bloß unzulässig die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes (Z 5), ohne erhebliche Bedenken an den dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken (Z 5a).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht schließlich unzulässig nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes aus. Der auch in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf des "substanzlosen Gebrauchs von verba legalia" ist angesichts der eingehenden Tatschilderungen nicht nachzuvollziehen. Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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