OGH 6Ob270/04f

OGH6Ob270/04f15.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 10. Oktober 1996 verstorbenen Aloisia H*****, über den Revisionsrekurs des erbserklärten Erben Walter H*****, vertreten durch Mag. Dr. Robert Hirschmann, Rechtsanwalt in Breitenfurth/Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 17. August 2004, GZ 16 R 140/04h-184, mit dem die Rekursbeantwortung des Walter H***** zurückgewiesen und der von der erbserklärten Erbin Karoline E***** angefochtene Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 27. Februar 2004, GZ 13 A 70/00z-180, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 10. 10. 1996 verstorbene Aloisia H***** hinterließ ihren beiden Kindern Karoline E***** und Walter H***** ein bäuerliches Anwesen. Der Sohn behauptet, das Anwesen sei als Erbhof im Sinn des Anerbengesetzes zu qualifizieren und beantragt die Zuweisung des Erbhofs an ihn. Die Tochter bestreitet das Vorliegen eines Erbhofs und beantragt hilfsweise dessen Zuweisung an sie.

Das Erstgericht sprach (im dritten Rechtsgang abermals) aus, dass die Liegenschaft ein Erbhof sei, bestimmte als Übernehmer den Sohn und wies den Antrag der Tochter auf Bestellung zur Anerbin ab. Dagegen erhob die Tochter Rekurs; der Sohn erstattete eine Rekursbeantwortung.

Das Rekursgericht wies die Rekursbeantwortung zurück und sprach insoweit aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei (Punkt 1.). Dem Rekurs der Tochter gab es dahin Folge, dass es den Beschluss des Erstgerichts aufhob und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug (Punkt 2.). Insoweit enthält die Entscheidung keinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof.

Der (nur) gegen Punkt 1. dieser Entscheidung gerichtete "außerordentliche" Revisionsrekurs des Sohnes ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Jedes Rechtsmittel setzt - auch im außerstreitigen Verfahren - eine Beschwer voraus, somit dass der Rechtsmittelwerber durch die angefochtene Entscheidung in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt wird (RIS-Justiz RS0006598). Die Beschwer muss jedenfalls im Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittel gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (RIS-Justiz RS0041770). Wenn die Rechtstellung des Rechtsmittelwerbers durch die angefochtene Entscheidung nicht beeinträchtigt wird, ist sein Rechtsmittel auch bei Vorliegen formeller Beschwer - wenn die Entscheidung von dem ihr zugrunde liegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht - dennoch mangels Beschwer zurückzuweisen (8 Ob 27/03h; Kodek in Rechberger, ZPO² vor § 461 ZPO Rz 10). Kann ein Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch deren Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht erfüllen, dann fehlt es am notwendigen Rechtschutzinteresse (4 Ob 524/88).

Nach diesen Grundsätzen ist das Rechtschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers an einer Abänderung bzw ersatzlosen Aufhebung des seine Rekursbeantwortung zurückweisenden Beschlusspunktes aus folgenden Erwägungen zu verneinen:

Aufhebungsbeschlüsse des Rekursgerichts, die keinen Ausspruch über die Rechtsmittelzulässigkeit enthalten, sind gemäß § 14b Abs 1 AußStrG absolut unanfechtbar, wie auch der Rechtsmittelwerber erkannt hat. Selbst wenn die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens im Streit über die Erbhofeigenschaft eines in den Nachlass fallenden Anwesens und über die Anerbenbestimmung vom Rekursgericht zu Unrecht verneint worden wäre und damit eine mit Nichtigkeit oder Mangelhaftigkeit behaftete Entscheidung des Rekursgerichts vorläge, wären dementsprechende Rechtsmittelgründe nicht mehr aufzugreifen und eine allfällige Fehlerhaftigkeit der Entscheidung durch deren Rechtskraft geheilt. Mit der Beseitigung der Zurückweisung der Rekursbeantwortung wäre daher für den Rechtsmittelwerber nichts gewonnen. Eine Stattgebung seines Rechtsmittels könnte nicht auch zu einer Beseitigung des aufhebenden Beschlusses des Rekursgerichts wegen Nichtigkeit infolge Verletzung des Grundsatzes des beiderseitigen Gehörs oder wegen Mangelhaftigkeit und zu einer Zurückweisung der Rechtssache an das Rekursgericht zur Entscheidung unter Bedachtnahme auf die Ausführungen der Rekursbeantwortung oder zu einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache führen. Infolge der absoluten Unanfechtbarkeit des Aufhebungsbeschlusses ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit jenem vergleichbar, der der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 281/01v (JBl 2003, 57), in der ausnahmsweise die Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens in einem außerstreitigen Verfahren (Heiratsgutbestellung) bejaht wurde, zugrunde lag.

Der Rechtsmittelwerber ist darauf zu verweisen, dass es ihm unbenommen bleibt, im aufgrund des aufhebenden Beschlusses des Rekursgerichts ohnehin fortzusetzenden Verfahren seine in der zurückgewiesenen Rekursbeantwortung dargelegten Argumente vorzutragen und zu den Rekursausführungen kritisch Stellung zu nehmen. Insoweit ist der vorliegende Fall nicht mit dem zu vergleichen, welcher dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 6. 2. 2001, Beer gegen Österreich (ÖJZ 2001, 516) zugrunde lag. Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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