OGH 11Os124/04

OGH11Os124/047.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Dezember 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Tomasz S***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 1. September 2004, GZ 425 Hv 3/04i-132, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Tomasz S***** des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB (A) und des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er am 16. August 2003 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Michel Krzystof R***** als Mittäter (§ 12 StGB)

A) versucht, Firooz A***** zu töten, indem S***** den A***** an

Händen und Füßen fesselte, ihm einen Gürtel um den Hals legte und immer enger zog, ihn am Gürtel um den Hals gewaltsam eine Treppe hinaufzog und - selbst auf einem Sessel stehend - den Körper des A***** so hoch zog, dass dieser keine Luft bekam, während R***** A***** unentwegt Schläge gegen den Kopf und das Gesicht versetzte, und

B) durch die zu Punkt A) geschilderten Gewaltanwendungen sowie

dadurch, dass S***** und R***** wiederholt von A***** forderten, ihnen den Aufbewahrungsort dessen Geldbörse bekannt zu geben, Firooz A***** fremde bewegliche Sachen, nämlich ein Mobiltelephon Nokia im Wert von ca 300 EUR sowie ca 10.500 EUR Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Die Geschworenen hatten die (anklagekonforme) Hauptfrage nach versuchtem Mord stimmenmehrheitlich und die Eventualfrage nach Raub einhellig bejaht. Die Beantwortung von Eventualfragen nach gemäß § 143 dritter Fall StGB qualifiziertem Raub und Bedrängnisdiebstahl entfiel demgemäß.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 345 Abs 1 Z 5, 6, 8 und 12 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Der Verfahrensrüge (Z 5) gebricht es bereits am Formalerfordernis der Antragstellung in der Hauptverhandlung (S 149/III). Soweit der Beschwerdeführer anschließend unter Hinweis auf die amtswegige Verpflichtung des erkennenden Gerichtes zur Erforschung der materiellen Wahrheit (der Sache nach Z 10a) Spekulationen jenseits der Aktenlage zum Mordvorsatz anstellt, vermag er erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Verdikts nicht zu erwecken. Zur Klärung eines geplanten gemeinsamen Vorgehens war das Gericht - der Beschwerdeansicht zuwider - nicht verhalten, weil der schuldspruchrelevante Raub- und Tötungsvorsatz des Angeklagten ungeachtet der Formulierung im Spruch (bewusstes und gewolltes Zusammenwirken) von einem vorher oder auch nur im Tatzeitpunkt existenten gemeinsamen Tatentschluss gerade nicht abhängt. Die Fragenrüge (Z 6) verfehlt das prozessordnungskonforme Aufzeigen eines eine Eventualfrage nach gefährlicher Drohung indizierenden tatsächlichen Vorbringens in der Hauptverhandlung, indem sie die Aussage des Tatopfers über Drohungen ihm gegenüber durch eine dritte Person (S 135/III) thematisiert, was jedoch denklogisch nie zu einer notwendigerweise auf den Angeklagten bezogenen Frage führen konnte. Die Instruktionsrüge (Z 8) unterlässt den Vergleich der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit deren nach § 321 Abs 2 StPO erforderlichem Inhalt (14 Os 5/99) und die darauf gegründete deutliche und bestimmte Darstellung der Unrichtigkeit der den Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information (12 Os 7/04). Sie erachtet nämlich - ohne Bezug auf den tatsächlichen Inhalt der Rechtsbelehrung - bloß "die subjektive Tatseite ... in einer für Laienrichter unverständlichen Weise dargetan" und die Rechtsbelehrung "betreffend die Mittäterschaft unvollständig" (12 Os 132/03). Zu begründen sucht sie dies jedoch lediglich mit eigenständigen Erwägungen zu isoliert herausgegriffenen Beweisergebnissen und spricht mit Bezugnahme auf die Tatfrage des Tötungsvorsatzes einen Umstand an, der nicht Gegenstand der Rechtsbelehrung sein kann (Mayerhofer StPO5 § 345 Z 8 E 14).

Ebenso prozessordnungswidrig argumentiert die Subsumtionsrüge (Z 12) mit spekulativen Mutmaßungen zum Tathergang, aus denen sie das Unterlassen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite (zu § 107 StGB) ableitet, ohne indes den zur Ausführung materiellrechtlicher Nichtigkeit allein zulässigen Vergleich der im Wahrspruch festgestellten Tat mit deren im Urteilsspruch erfolgten Unterstellung unter das Strafgesetz vorzunehmen (Mayerhofer aaO § 345 Z 12 E 8; 12 Os 156/03 uva).

Überwiegend mangels Beachtung des gesetzlich vorgegebenen Anfechtungsrahmens, teils als offenbar unbegründet war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 285a Z 2, 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Erledigung der Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf § 390a Abs 1 StPO.

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