OGH 11Os118/04

OGH11Os118/047.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Dezember 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Marcel I***** wegen mehrerer (teils versuchter) Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Juli 2004, GZ 124 Hv 54/04a-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Marcel I***** schuldig erkannt, "das Vergehen der teils vollendeten (I./), teils versuchten (II./) schweren Körperverletzung" nach (zu ergänzen:) § 83 Abs 1, § 84 Abs 1 und § 15 StGB begangen zu haben, weil er am 26. März 2004 in Wien im Zuge einer von ihm initiierten tätlichen Auseinandersetzung anderen durch Zustechen mit einem Springmesser schwere Körperverletzungen iSd § 84 Abs 1 StGB

I. zugefügt hatte, nämlich dem Markus K***** eine Hautabschürfung an der Stirn sowie eine Schnittwunde an der linken Schläfe mit Durchtrennung des Gesichtsnervs, was eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zu Folge hatte, und II. zuzufügen versucht hatte, nämlich

1. dem Michael L*****, der den gegen seinen Bauch geführten Stichbewegungen ausweichen konnte, sowie

2. dem Roman G*****, bei dem eine in der Hosentasche befindliche Zigarettenpackung eine Verletzung durch den gegen seinen Oberschenkel geführten Messerstich verhinderte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die unsubstantiiert Widersprüche in den Aussagen der Zeugen K*****, L***** und G***** behauptende Mängelrüge (Z 5) lässt nicht erkennen, welche den Urteilsfeststellungen angeblich widersprechende Beweisergebnisse vom Erstgericht übergangen worden sein sollen, und solcherart die deutliche sowie bestimmte Bezeichnung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes vermissen.

Indem die Beschwerde das Urteilsargument der äußeren Erscheinungsbilder einerseits des Angeklagten sowie andererseits der Tatopfer (US 7) isoliert herausgreift und als nicht dem Begründungsgebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO entsprechend darzustellen trachtet, unterlässt sie die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe, wonach das Erstgericht die Urteilskonstatierungen auf die als glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugen K*****, L***** sowie G***** stützt und untermauernd auf die (großteils einschlägige) Vorstrafenbelastung des Angeklagten, das Mitführen eines Springmessers, das Verhalten der Lebensgefährtin des Angeklagten nach der Tat und eben die äußeren Erscheinungsbilder der involvierten Personen verweist (US 6 f). Soweit die Rüge die anhand dieser - formal mängelfreien - Begründung gezogenen Schlüsse als nicht zwingend bezeichnet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Aus welchem Grund die Urteilsannahme, der Angeklagte habe die Konfrontation mit den Zeugen K*****, L***** sowie G***** gesucht und herbeigeführt (US 5), der Feststellung widersprechen soll, er habe, nachdem er die drei Genannten aufgefordert hatte anzuhalten (zunächst) Markus K***** tätlich angegriffen (US 4), vermag die Rüge nicht darzulegen.

Hinsichtlich der Beschwerdeausführungen zur subjektiven Tatseite ist vorweg festzuhalten, dass § 84 Abs 1 StGB eine Erfolgsqualifikation iSd § 7 Abs 2 StGB bildet, der Täter die qualifizierende Folge also wenigstens fahrlässig herbeiführen muss (vgl Burgstaller/Fabrizy in WK² § 84 Rz 29), womit der Einwand, im Fall der Verurteilung wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB müsse ein auf schwere Verletzungsfolgen gerichteter Vorsatz festgestellt werden, schon im Ansatz fehlgeht. Soweit die Rüge aus den Folgen der Stichführung gegen Roman G***** - auf die diesbezüglich verfehlte Subsumtion als Vergehen der versuchten schweren Körperverletzung wird noch eingegangen - und der Urteilsannahme, der Angeklagte habe "zumindest" bedingt vorsätzlich gehandelt, für den Angeklagten günstigere Schlüsse ableitet als das Erstgericht, bekämpft sie erneut unzulässigerweise die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Korrespondierendes gilt für die - inhaltlich auf die Mängelrüge Bezug nehmende - Tatsachenrüge (Z 5a), die solcherart nicht geeignet ist, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Verfehlt ist die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf die Subsumtion (auch) der im Versuchsstadium gebliebenen Tathandlungen (Schuldspruch II) unter den Qualifikationstatbestand des § 84 Abs 1 StGB, weil nach ständiger Judikatur (SSt 47/84; EvBl 1987/141, 504; zuletzt 14 Os 78/03) der Versuch einer schweren Körperverletzung iSd §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB rechtlich nicht denkbar ist. Zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bietet dieser Rechtsfehler dennoch keinen Anlass, weil das Erstgericht den Angeklagten - ebenso rechtsirrig (§ 28 Abs 1 StGB) - eines (teils vollendeten, teils versuchten) Vergehens der schweren Körperverletzung schuldig erkannt hat, die rechtsrichtige Annahme eines Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB sowie zweier Vergehen der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB dem Angeklagten sohin nicht zum Vorteil gereichen würde.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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