OGH 4Ob237/04p

OGH4Ob237/04p30.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 4. März 2003 verstorbenen Dkfm. Maria P*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erbserklärten Erbinnen 1. Dr. Elisabeth T*****,

2. Gabriele H*****, 3. Mag. Maria Angela P*****, 4. Mag. Katharina P*****, alle vertreten durch Dr. Martin Prokopp, Rechtsanwalt in Baden, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 5. August 2004, GZ 48 R 197/04g-27, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 15. April 2004, GZ 7 A 101/03y-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Erblasserin hat in ihrem Testament vom 25. 9. 1997 ihre Nichten als Erbinnen eingesetzt. Das Testament ist mit der Hand geschrieben und mit dem Vor- und Zunamen der Erblasserin unterzeichnet. Auf der Rückseite des mit "Mein letzter Wille!" überschriebenen Blattes findet sich folgende Verfügung:

"Meine Nichten sollen meine Testamentserben sein, wenn ihr Lebensgefährte oder Ehegatte auf seine erbrechtlichen Ansprüche, sei es aus Testament oder gesetzlicher Erbfolge gegenüber dieser Nichte verzichtet. So soll die betroffene Nichte nur das anteilige Vermögen verwalten (anteilig), um es vom Gesamtvermögensstamm an ihre Kinder übergeben."

Diese Verfügung ist mit den Initialen ("M.P.") der Erblasserin unterzeichnet.

Die Testamentserbinnen gaben zum Nachlass unbedingte Erbserklärungen ab. Das Erstgericht übertrug ihnen mit Beschluss vom 6. 6. 2003 (ON 8) die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses. Am 31. 10. 2003 gaben die Erbinnen und die Testamentsvollstreckerin dem Abhandlungsgericht die Veräußerung der den Erbinnen zufallenden 46/720-Anteile am Grundstück Nr 88, landwirtschaftlich genutzt, im Ausmaß von 79.555 m², inneliegend in EZ ***** Grundbuch *****, bekannt. Das Verlassenschaftsgericht genehmigte den Kaufvertrag mit Beschluss vom 3. 11. 2003 (ON 11) und übermittelte den mit der Genehmigungsklausel versehenen Kaufvertrag nach Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses dem Vertragsverfasser.

Mit Beschluss vom 15. 4. 2004, ON 21, sperrte das Erstgericht den auf die Verlassenschaft entfallenden und auf einem Treuhandkonto des Vertragserrichters erliegenden Anteil am Veräußerungserlös und verfügte, dass eine Auszahlung nur nach Genehmigung durch das Verlassenschaftsgericht erfolgen darf. Gleichzeitig trug es den erbserklärten Erbinnen auf, dem Gericht binnen 2 Wochen Namen, Adressen und gesetzliche Vertreter ihrer Nachkommen bekannt zu geben. Bei der Anordnung der Erblasserin im letzten Absatz ihres Testaments handle es sich um die Anordnung einer Nacherbschaft nach § 608 ABGB. Da davon auszugehen sei, dass zu den Begünstigten Minderjährige oder Ungeborene zählten und die Veräußerung eines in die Verlassenschaft fallenden Liegenschaftsanteils der Genehmigung durch die Nacherben bedurft hätte, sei der Erlös aus der Veräußerung vorerst zu sichern. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach dem Wortlaut der letztwilligen Verfügung habe die Erblasserin ihre Nichten unter der aufschiebenden Bedingung als Erbinnen eingesetzt, dass ihre Ehepartner (Lebensgefährten) die geforderte Verzichtserklärung nicht abgeben. Da auf Grund dieser Anordnung die Erbinnen vor ihrem Tod nicht in den Genuss des Nachlasses gelangen könnten, sei die Anordnung gemäß § 708 ABGB in eine auflösende Bedingung umzudeuten. Bei einer solchen bedingten Einsetzung gälten gemäß §§ 707, 708 ABGB die Regeln über die Substitution, so dass schon aus diesem Grund die vom Erstgericht gemäß § 158 Abs 1 AußStrG getroffene Verfügung geboten sei. Trete die auflösende Bedingung ein (ein Ehepartner oder Lebensgefährte gibt keinen Verzicht ab), so seien nach dem Wortlaut der letztwilligen Verfügung die Nachkommen der "betroffenen Nichte" die Nacherben. Der Inhalt der letztwilligen Verfügung sei damit eindeutig. Diese Auslegung stehe im Einklang mit der Argumentation der Erbinnen, es sei Familientradition, Ehepartner (Lebensgefährten) vom Vermögenserwerb fernzuhalten. Schon aus diesen von den Erbinnen selbst angestellten Erwägungen verbiete sich eine Auslegung der testamentarischen Verfügung dahin, dass es der Erblasserin nur auf die Verzichtserklärung der im Zeitpunkt ihres Todes vorhandenen Ehepartner (Lebensgefährten) angekommen wäre. Das Erstgericht habe daher völlig zu Recht die für den Fall der Nacherbschaft vorgesehenen Verfügungen nach § 158 AußStrG getroffen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Erbinnen ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Gültigkeit einer nur mit den Initialen des Erblassers unterzeichneten letztwilligen Verfügung fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Erblasserin hat das Testament eigenhändig geschrieben. § 578 ABGB sieht vor, dass der Erblasser ein eigenhändiges Testament „mit seinem Namen unterfertigen" muss. Um gültig zu testieren, muss der Erblasser daher am Schluss des als Verfügung Gewollten seinen Namen hinzufügen. Dafür reicht jede regelmäßig gebrauchte Form der Unterschrift aus, nicht jedoch ein bloßes Handzeichen (Welser in Rummel, ABGB³ § 578 Rz 5; Schwimann/Eccher, ABGB² § 578 Rz 6).

Strittig ist, was unter einem Handzeichen zu verstehen ist. Das Gesetz erwähnt das Handzeichen in § 580 ABGB. Danach muss ein Erblasser, welcher nicht schreiben kann, dem - zwangsläufig fremdhändigen und daher nur bei Einhaltung der Formerfordernisse des § 579 ABGB gültigen - Testament sein Handzeichen eigenhändig beisetzen. Handzeichen in diesem Sinn sind (zB) drei Kreuze (Schwimann/Eccher aaO § 580 Rz 1).

Welser (aaO § 580 Rz 1) stellt die Paraphe dem Handzeichen gleich. Auch Schwimann/Eccher (aaO § 578 Rz 6) scheint die Paraphe dem Handzeichen gleichzusetzen. Sie verweisten auf die Auffassung von Gschnitzer/Faistenberger (Österreichisches Erbrecht², 39), wonach die Unterzeichnung mit den Anfangsbuchstaben (des Namens) genüge, und meint, dass diese Auffassung der Meinung widerspreche, wonach ein Handzeichen nicht als Unterfertigung (eines eigenhändigen Testaments) ausreicht. Kralik (Erbrecht 132) führt aus, dass es bei der Beurteilung, ob eine gültige Unterschrift vorliegt, auf die Verkehrsauffassung ankomme und auch nachgewiesene Gewohnheiten des Erblassers berücksichtigt werden könnten. So könnten bloße Initialen nur dann als formgerechte Unterschrift angesehen werden, wenn nachgewiesen werde, dass der Testator auch sonst seine abgeschlossenen Erklärungen nur mit Initialen zu fertigen pflegte. Stöckl (Das Handzeichen, NZ 1951, 120) verweist darauf, dass im allgemein üblichen Sprachgebrauch von einem "Handzeichen" die Rede ist, wenn jemand entweder aus Unkenntnis der Schrift oder aus Gründen körperlicher Behinderung seinen Namen nicht schreiben kann. Die Rechtsprechung hatte sich bisher - soweit ersichtlich - noch nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine eigenhändige letztwillige Verfügung gültig ist, wenn sie der (des Schreibens kundige und auch fähige) Erblasser (nur) mit den Anfangsbuchstaben seines Vor- und Zunamens unterzeichnet. Die von Gschnitzer/Faistenberger (aaO 39) im Anschluss an ihre Ausführungen, wonach die Unterzeichnung mit den Anfangsbuchstaben (des Namens) genüge, zitierten Entscheidungen EvBl 1955/102 und GlUNF 1211 befassen sich mit dieser Frage nicht. Gegenstand der Entscheidung EvBl 1955/102 war die Unterfertigung einer letztwilligen Verfügung mit "Eure Mutter"; Gegenstand der Entscheidung GlUNF 1211 war ein bloß mit dem Vornamen "Franz" unterzeichnetes Schreiben. In beiden Fällen hat der Oberste Gerichtshof die Unterschrift als ausreichend erachtet.

Die Rechtsmittelwerberinnen verweisen auf die Entscheidung ZBl 1917/147 und wollen daraus ableiten, dass auch die Anfangsbuchstaben des Namens unter den Begriff „Handzeichen" fielen und damit keine formgültige Unterfertigung eines eigenhändigen Testaments seien. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Feldpostkarte, auf der ein Landsturmmann seiner Geliebten mitgeteilt hatte, ihr für den Fall seines Todes seinen in der Waisenkasse erliegenden Erbteil zu vermachen. Auf der Adressseite befand sich der volle, vom Landsturmmann geschriebene Name und Zuname sowie die Angabe der Charge und der Feldpost; die Kehrseite (Textseite) wies am Ende des Textes lediglich das Zeichen "A+++" auf, wobei "A" der erste Buchstabe des Vornamens (Adolf) war.

Die Entscheidung verneint die Gültigkeit der Verfügung. Die vom Gesetz als notwendig erachtete Unterschrift könne bei einer Postkarte nicht durch die Beisetzung des Namens und Zunamens auf der für die Adresse des Absenders bestimmten Seite ersetzt werden. Der Begriff der Unterschrift bringe es mit sich, dass die Beisetzung des Namens am Schluss des Aufsatzes erfolgen müsse. Diesen Erfordernissen entspreche die Postkarte nicht, da der des Schreibens kundige Erblasser den Aufsatz lediglich mit seinem Handzeichen und keineswegs mit seinem Namen - der bloße Anfangsbuchstabe des Vornamens könne nicht als deutlich und genügend erachtet werden und lasse eine verschiedene Deutung zu - versehen habe.

Die Entscheidung wertet damit die drei Kreuze als Handzeichen und prüft, ob der Anfangsbuchstabe des Vornamens eindeutig erkennen lässt, dass der Erblasser die Verfügung unterschrieben hat. Auch die Entscheidung EvBl 1955/102 stellt darauf ab, ob die Unterfertigung eindeutig erkennen lässt, von wem die letztwillige Verfügung stammt. Die Unterfertigung mit dem Vornamen des Erblassers reiche aus, wenn sein Gebrauch im Verkehr mit nahen Angehörigen üblich gewesen ist, die Unterfertigung in dieser Form keinerlei Zweifel an der Identität des Erklärenden zulässt und wenn sich aus dem durch die Unterschrift gedeckten Text der Urkunde die Person des Ausstellers für jeden Dritten mit Sicherheit ergibt. Zweifel an der Identität des Erklärenden sind vor allem dann ausgeschlossen, wenn er mit einer Bezeichnung unterschrieben hat, die er im Verkehr mit seinen nahen Angehörigen üblicherweise verwendet hat, wie dies bei den die Familienzugehörigkeit ausdrückenden Bezeichnungen regelmäßig der Fall ist (Welser aaO § 578 Rz 6; 10 Ob 2335/96x = SZ 69/247 = NZ 1997, 365: Euer Fredi).

Im vorliegenden Fall hat die Erblasserin die Verfügung auf der Rückseite ihres (mit Vor- und Zunamen unterfertigten) Testaments mit den Anfangsbuchstaben ihres Namens unterzeichnet. Zweifel an der Identität der die Verfügung Treffenden sind wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Testament ausgeschlossen. Ausgeschlossen ist es auch, dass die Erblasserin damit nur ein Konzept verfassen und nicht bereits eine gültige Verfügung treffen wollte. Die Gründe, aus denen die Unterfertigung bloß mit den Anfangsbuchstaben des Namens als nicht ausreichend erachtet wird, treffen daher hier nicht zu. Mit der Unterzeichnung der Verfügung mit den Anfangsbuchstaben ihres Namens hat die Erblasserin vielmehr eindeutig zu erkennen gegeben, eine die Erbseinsetzung ihrer Nichten ergänzende, den Verbleib des Vermögens in der Herkunftsfamilie sichernde Verfügung treffen zu wollen. Von einem Widerspruch zu der auf der Vorderseite verfügten Erbseinsetzung kann daher ebenso wenig die Rede sein wie von einer offenbar übereilten oder nicht genügend überlegten Verfügung. Diese Erwägungen sprechen dafür, die Unterzeichnung mit den Anfangsbuchstaben des Namens im vorliegenden Fall als im Sinne des § 578 ABGB ausreichende Unterfertigung zu werten. Die Verfügung ist daher gültig. Gegen ihre Auslegung durch die Vorinstanzen führen die Rechtsmittelwerberinnen nichts konkretes ins Treffen. Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

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