OGH 8ObA112/04k

OGH8ObA112/04k25.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner und Günther Degold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sascha Z*****, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Stadt Innsbruck, 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 18, vertreten durch Dr. Hans-Jörg Schweinester, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert EUR 45.000,--), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. September 2004, GZ 13 Ra 48/04p-14, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der klagende Vertragsbedienstete war seit 1977 bei der Beklagten zunächst als Hilfsarbeiter in der Straßenreinigung und später als Mitarbeiter im Verwaltungsdienst des Wohnungsservice (der Wohnungsvergabe) beschäftigt. Mit ihm wurde in einem Mitarbeitergespräch am 11. 3. 2002 das oftmalige Zuspätkommen bzw die Urlaubsanmeldungen am Tag der Inanspruchnahme erörtert und signalisiert, dass es Verständnis für private Probleme gebe und es durchaus einmal vorkommen könne, dass jemand zu spät zur Arbeit erscheine. Der Kläger versprach eine entsprechende Besserung. Sein Dienstbeginn ist grundsätzlich 7.30 Uhr. Am 29. 3. meldete er sich jedoch wieder erst gegen 10.00 Uhr. Deshalb kam es am 2. 4. 2002 dann zu einem Gespräch mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten, der ihm mitteilte, dass eine solche Dienstauffassung nicht weiter toleriert werde. Trotzdem nahm der Kläger am 4. 4. 2002 nicht am Kurs zur Verwaltungsdienstprüfung teil. Am 5. 4. 2002 erschien der Kläger erst um 9.30 Uhr im Büro und meldete sich am 2. 5. 2002 erst gegen 8.30 Uhr. Am 17. 5. 2002 erschien er nicht zum Dienst und meldete sich erst gegen 10.00 Uhr. Am 21. 8. 2002 erschien er erst gegen 9.00 Uhr und am 8. 11. 2002 überhaupt nicht, ebenso am 11. 2. 2003, weshalb er auch am 12. 2. 2003 von einem Vorgesetzten zur Rede gestellt wurde. Am 27. 5. 2003 kam der Kläger nach 8.00 Uhr, am 24. 6. 2003 nach 7.45 Uhr, am 18. 8. 2003 um 8.25 Uhr und am 4. 9. 2003 erschien er überhaupt nicht zum Dienst und teilte erst gegen 10.00 Uhr mit, dass er krank sei. Am 10. 10. 2003 teilte er erst gegen 8.45 Uhr mit, dass er verschlafen habe und ersuchte um Urlaub, der ihm nicht genehmigt wurde; auch am 22. 10. 2003 kam er erst gegen 8.30 Uhr zum Dienst. Eine Abmahnung durch den Personalchef der Beklagten konnte nicht festgestellt werden. Der unmittelbare Vorgesetzte hat den Kläger aber mehrfach wegen des Zuspätkommens ermahnt (vgl auch etwa die ua vom Kläger unterzeichnete Aktennotiz vom 12. 2. 2003 Blg II). Die Kündigung des Klägers wurde mit Schreiben vom 30. 10. 2003 ausgesprochen. Der Kläger hatte Probleme mit seiner derzeitigen Freundin und seiner früheren Freundin bzw dem Sorgerecht hinsichtlich des gemeinsamen Kindes. Auch leidet seine Großmutter an Krebs. Das Kündigungsverfahren wurde Ende September 2003 eingeleitet. Nach § 74 Abs 2 lit a des Innsbrucker Vertragsbedienstetengesetzes, auf das sich beide Streitteile stützen, kann eine Kündigung ausgesprochen werden, wenn der Vertragsbedienstete seine Dienstpflichten gröblich verletzt, sofern nicht die Entlassung in Frage kommt. Eine wortgleiche Regelung findet sich in § 32 Abs 2 Z 1 des VBG. Durch die Judikatur dazu ist bereits hinreichend klargestellt, dass die Pflichtverletzungen über bloße Ordnungswidrigkeiten hinausgehen müssen (vgl etwa MGA Arbeitsrecht § 32 VBG E 22 = ecolex 1997, 446 ua). Die konkrete Beurteilung im Einzelfall stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl dazu auch Kodek in Rechberger ZPO § 502 Rz 3). Soweit sich der Kläger nun darauf stützt, dass sich die Beklagte im Fall von Dienstverletzungen üblicherweise mit der Androhung der Kündigung für den Fall der Wiederholung und einer Abmahnung begnüge, ist schon deshalb darauf nicht weiter einzugehen, weil ein dahingehendes Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht konkret erstattet wurde. Gleiches gilt auch, soweit sich der Kläger nunmehr darauf beruft, dass die eingeführte Gleitzeit ohnehin nur eine Kernzeit ab 9.00 Uhr vorsehe. Im Übrigen ging das Zuspätkommen des Klägers immer wieder selbst über diesen Zeitraum hinaus. Wesentlich ist, dass der Kläger, obwohl er wiederholt seinem direkten Vorgesetzten auch unter Hinweis darauf, dass das Verhalten nicht weiter toleriert werde, abgemahnt wurde, dieses nicht grundsätzlich änderte, ja selbst nach Einleitung des Kündigungsverfahrens beibehielt. Die Ausführungen des Kläger dazu, dass im Betrieb der Beklagten eine betriebliche Übung dahin bestanden habe, trotz mehrmaligen Verschlafens keine Aufkündigung vorzunehmen, und es daher dem Kläger nicht möglich gewesen sei, zu erkennen, dass es sich um eine "gröbliche" Dienstpflichtverletzung handle, verstoßen nicht nur gegen das Neuerungsverbot (vgl dazu Kodek in Rechberger ZPO2 § 504 Rz 1), sondern stehen auch mit den Feststellungen im Widerspruch. Dass die Beklagte fallweise bereit war, die Tage, an denen der Kläger nicht bzw nicht rechtzeitig gekommen ist, teilweise als Urlaubstage zu akzeptieren, ändert nichts daran, dass dies der Kläger durch sein Fehlverhalten herbeiführte.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Kläger geltend macht, dass ihm so wie in dem vom Obersten Gerichtshof zu 8 ObA 6/03w entschiedenen Fall zu den "gröblichen" Dienstpflichtverletzungen nach § 42 Abs 2 Z 1 der VBO Wien 1995 die familiären Schwierigkeiten zugutezuhalten seien, ist er darauf zu verweisen, dass es damals um konkrete höherrangige familiäre Verpflichtungen (Besuch der schwer erkrankten Mutter, Tod der Mutter, Begräbnisvorbereitungen) ging, während der Kläger hier für keine seiner Dienstabwesenheiten eine solche konkrete familiäre Verpflichtung nachgewiesen hat.

Darauf, dass der unmittelbare Vorgesetzte entsprechend § 5 Abs 3 lit b der Geschäftsordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Innsbruck gar nicht befugt gewesen wäre, eine Abmahnung des Klägers vorzunehmen, hat sich der Kläger im erstgerichtlichen Verfahren nicht berufen. Im Übrigen ordnet § 5 der Geschäftsordnung in der vorgelegten Form den Abteilungsleitern klar die Funktion als Vorgesetzte der in der Abteilung zugeordneten Mitarbeiter zu. Ein Ansatz für eine Verpflichtung der Beklagten zur Rückversetzung des Klägers in seine frühere Tätigkeit in der Straßenverwaltung ist schon deshalb nicht zu sehen, da hinsichtlich der Frage der Einhaltung der Dienstzeiten insoweit keine unterschiedliche Erfordernisse ersichtlich sind.

Insgesamt vermag es der Kläger jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

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