OGH 15Os125/04

OGH15Os125/0418.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang O***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (in der Fassung vor dem BGBl I 2004/15) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten (wegen Schuld, Strafe und des Zuspruchs an den Privatbeteiligten) sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 4. Februar 2004, GZ 14 Hv 134/03i-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten (wegen des Ausspruchs über die Strafe und privatrechtliche Ansprüche) sowie der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Wolfgang O***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (id Fassung BGBl I 2001/130) schuldig erkannt, weil er am 8. Juni 2003 in Klagenfurt den Klaus M***** mit Gewalt, "nämlich durch Versetzen von Ohrfeigen, Haarereißen und Einhalten seines Kopfes" zur Durchführung eines Oralverkehrs, mithin einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, genötigt hat.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Entgegen der Widersprüchlichkeit betreffend den Ausspruch des Erstgerichtes über entscheidende Tatsachen behauptenden Mängelrüge (Z 5) haben die Tatrichter ohnedies keine Rötungen des Tatopfers nach den Misshandlungen festgestellt (US 6), sondern lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, warum die Angaben des Opfers - auch unter Berücksichtigung der von diesem behaupteten Rötung des Gesichtes, die von dem die Anzeige aufnehmenden Revierinspektor Mo***** nicht dokumentiert worden war - als glaubwürdig den Urteilskonstatierungen zugrunde gelegt werden konnten (US 10). Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen betreffend die Verknüpfung der Urteilsfeststellungen S 12 über die "Massivität der eingesetzten Mittel" mit den Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung, wann Rötungen allenfalls durch einschreitende Polizeibeamte registriert würden.

Den weiteren Beschwerdeeinwänden ist grundsätzlich zu erwidern, dass Tatsachenfeststellungen nur insoweit mit Mängelrüge anfechtbar sind, als sie die Frage nach der rechtlichen Kategorie einer oder mehrerer strafbarer Handlungen beantworten und solcherart im Sinn der Z 5 entscheidend sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 und 399). Ob sich der Schlüsselbund des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat und der Hauptverhandlung im gleichen Zustand befand, betrifft ebensowenig einen für den Ausspruch über die Schuld oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidenden Umstand wie die Farbe der Unterwäsche des Angeklagten zum Tatzeitpunkt und wer die Konsumation in den vorher aufgesuchten Lokalen jeweils bezahlt hat.

Weiters haben die Tatrichter - der Beschwerde zuwider - Feststellungen (auch) zur subjektiven Tatseite getroffen (US 6, 12) und - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Urteilsgründe nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO Rechnung tragend - im Einklang mit den Grundsätzen folgerichtigen Denkens und denjenigen empirischer Erkenntnisse begründet dargelegt, von welchen Verfahrensergebnissen ausgehend sie die leugnende Verantwortung des Angeklagten als Schutzbehauptung angesehen haben (US 9 ff). Dass sie dieser nicht gefolgt sind und die aus den im Ersturteil angeführten Beweismittel gezogenen Schlüsse dem Beschwerdeführer nicht überzeugend genug erscheinen, vermag den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zu verwirklichen. In Wahrheit bekämpft die Mängelrüge - wie sich schon aus dem Verweis auf den Zweifelsgrundsatz ableiten lässt - unter Hinweis auf selektiv hervorgehobene, dem Angeklagten entlastend scheinende Teile des Beweisverfahrens, Anstellen eigener Beweiserwägungen und der Behauptung, die Schuldfrage sei nicht geklärt, weil "sich die Beweiswürdigung des Erstgerichtes als unzutreffend erweise", die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, ohne damit einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der, soweit nicht im Nichtigkeitsverfahren unbeachtliche Neuerungen enthaltend, die Argumente der Nichtigkeitsbeschwerde im Wesentlichen wiederholenden Äußerung der Verteidigung gemäß § 35 Abs 2 StPO - als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Dieses Schicksal teilt auch die vom Angeklagten ausgeführte Berufung wegen Schuld, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen Urteile von Kollegialgerichten nach der Strafprozessordnung nicht vorgesehen ist. Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe und den Zuspruch an den Privatbeteiligten sowie diejenige der Staatsanwaltschaft fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

Stichworte