OGH 1Nc100/04b

OGH1Nc100/04b5.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker und Dr. Zechner als weitere Richter in der beim Landesgericht Innsbruck zur AZ 17 Cg 216/03m (vormals 6 Cg 293/97t) anhängigen Rechtssache der klagenden Partei H***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Christian Fuchs, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 9.978.068,51 EUR sA, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Antrag der klagenden Partei, die Rechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an den Obersten Gerichtshof zu delegieren, wird zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Akt dem Landesgericht Innsbruck zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht fasste am 18. 12. 1997 den Beschluss auf Fortsetzung des seit 13. 9. 1988 anhängigen unterbrochenen Amtshaftungsverfahrens.

Im Schriftsatz vom 25. 10. 2002 (Einlangen) kündigte die klagende Partei an, sie beabsichtige, das Klagebegehren "um weitere Amtshaftungsansprüche, resultierend aus den im Strafverfahren zu 28 Hv 109/99 des LG Innsbruck und dem diesbezüglich zusammenhängenden Auslieferungsverfahren zu 28 Hv 109/99 des LG Innsbruck, Akten 1.47301-IV1/01 des Bundesministeriums für Justiz, 123778/0009e-IV.1/2001 des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten und CR3-01-30236JCS, United District Court of the Northern District of California/USA, erlittenen Schäden auszudehnen". Das Landesgericht Innsbruck und das Oberlandesgericht Innsbruck seien "gemäß § 9 AHG ausgeschlossen", weshalb die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien beantragt werde.

Dieser Delegierungsantrag wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 6. 12. 2002 (1 Nc 116/02b) abgewiesen, weil nur eine vage Ankündigung der klagenden Partei aktenkundig war, das Klagebegehren künftig ausdehnen zu wollen und das dann erweiterte Klagebegehren auf Tatsachen zu stützen, die den Delegierungstatbestand des § 9 AHG erfüllten.

Mit Schriftsatz vom 12. 8. 2003 (Einlangen) behauptete die klagende Partei - gestützt auf diffuses Vorbringen - "aufgrund der Entscheidungen der OLG Linz, OLG Innsbruck, 28 R 79/03y, OLG Wien, 5 R 223/95, OLG Graz" werde "in allen Amtshaftungsverfahren ein Amtshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich geltend gemacht". Somit sei gemäß § 9 Abs 4 AHG eine "Delegierung dieser Rechtssache an ein österreichisches Gericht von Gesetzes wegen nicht möglich". Demnach werde beantragt, die Rechtssache an den "US-District Court for the Northern District of California" zu delegieren (ON 46) und damit dessen Zuständigkeit zu deren Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen.

Mit Schriftsatz vom 29. 12. 2003 (Einlangen) stützte die klagende Partei den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch "hilfsweise" auch auf ein - im Einzelnen behauptetes - rechtswidriges und schuldhaftes "Organhandeln der Organe des Landesgerichts Innsbruck sowie des Oberlandesgerichtes Innsbruck" (ON 50).

Der Antrag, die Rechtssache an ein US-Gericht zu delegieren, wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 29. 1. 2004 (1 Nc 7/04a) zurückgewiesen. Im Übrigen wurde ausgesprochen, dass der Akt dem Landesgericht Innsbruck zurückgestellt werde, weil die weiteren, bloß hilfsweise geltend gemachten Klagegründe den Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG nicht verwirklichten.

Mit dem am 9. 3. 2004 eingelangten Schriftsatz vom 4. 3. 2004 stützte die klagende Partei ihren Amtshaftungsanspruch "hilfsweise" auch auf das Vorbringen, insbesondere Organe des Landesgerichts Innsbrucks hätten den Verlust der "für dieses Verfahren entscheidungswesentlichen Geschäftsunterlagen der klagenden Partei aufgrund der offensichtlich mangelhaften Verwahrung" verursacht (ON 53). Mit Schriftsatz vom 30. 4. 2004 (Einlangen) erklärte die klagende Partei, sie stütze das Klagebegehren nunmehr "ausdrücklich und damit nicht nur hilfsweise (!) ... auch auf das angeführte anspruchsbegründende Vorbringen hinsichtlich der rechtswidrigen Vorgänge des Landes- und Oberlandesgerichts Innsbruck" (ON 60). Sie bezog sich dabei erkennbar auf die Behauptungen in den Schriftsätzen ON 50 und ON 53, dehnte das Klagebegehren wegen einer "Vergrößerung des ursprünglich eingeklagten Schadens" um derzeit einen EUR aus und beantragte ferner, der Oberste Gerichtshof "wolle dieses Verfahren" nach § 9 Abs 4 AHG an sich selbst "delegieren", weil er es abgelehnt habe, "ein Gericht in den USA als zuständig" zu bestimmen, "Ersatzansprüche gegen alle vier OLG in Österreich (!) ... geltend gemacht" würden und "eine Delegierung an ein Gericht in diesen vier OLG-Sprengeln jedenfalls nicht möglich" sei.

Mit Schriftsatz vom 11. 5. 2004 (Einlangen) beantragte die beklagte Partei, "die Klagsänderung gem. Schriftsatz der klagenden Partei vom 4. 3. 2004 als unzulässig zurückzuweisen" (ON 63). Eine Erklärung der beklagten Partei nach § 235 Abs 2 ZPO zu den bereits im Schriftsatz ON 50 iVm dem Schriftsatz ON 60 geltend gemachten neuen Klagegründen ist noch nicht aktenkundig.

Der erkennende Senat hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.:

Es mangelt an jeglicher Rechtsgrundlage, auf deren Boden der Oberste Gerichtshof über eine Amtshaftungsklage - funktionell als Erstgericht - verhandeln und entscheiden könnte (1 Ob 84/04z). Demnach ist der Antrag, der Oberste Gerichtshof "wolle dieses Verfahren" zur Verhandlung und Entscheidung an sich selbst delegieren, zurückzuweisen.

Zu 2.:

Soweit der Klageanspruch - entsprechend den Schriftsätzen ON 50 und 60 - nunmehr nicht mehr bloß "hilfsweise" auch auf ein rechtswidriges und schuldhaftes "Organhandeln der Organe des Landesgerichts Innsbruck sowie des Oberlandesgerichts Innsbruck" gestützt wird, mangelt es noch an einer Erklärung der beklagten Partei, ob sie über die neuen Klagegründe verhandeln wolle. Die beklagte Partei ist daher zu einer solchen Erklärung entweder mittels Schriftsatzes anzuhalten oder es ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, um der beklagten Partei die erörterte Erklärung oder eine allfällige stillschweigende Einwilligung in die Klageänderung gemäß § 235 Abs 2 ZPO in diesem Rahmen zu ermöglichen. Erst danach wird beurteilt werden können, ob die Rechtssache zur Entscheidung über Anträge der beklagten Partei, die das behauptete Verhalten von Organen des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck betreffenden Klageänderungen nicht zuzulassen, an ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Innsbruck zu delegieren sein wird. Aus Gründen der Prozessökonomie ist daher zur Zeit auch nicht isoliert über die durch den Antrag der beklagten Partei ON 63 aufgeworfene Delegierungsfrage abzusprechen. Im Übrigen ist nur noch anzumerken, dass dem Schriftsatz der klagenden Partei vom 18. 3. 1998 (ON 16), auf den sich der Antrag der beklagten Partei vom 16. 4. 1998 (Einlangen), die "vorgenommene Klagsänderung ... nicht zuzulassen", bezieht (ON 19), keine Behauptung über ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten von Organen des Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Innsbruck zu entnehmen ist.

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