OGH 1Ob198/04f

OGH1Ob198/04f12.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Florian S*****, vertreten durch Dr. Klaus Hirtler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Johann G*****, vertreten durch Dr. Harald W. Jesser, Rechtsanwalt in Leoben, wegen 36.300 EUR sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 8. Juli 2004, GZ 3 R 89/04i-31, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger hält die Revision bereits deshalb für zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof "mit Eierlieferungsverträgen und deren Auslegung - soweit überblickbar - noch nicht beschäftigt" habe. Die Revision enthält indes keine Ausführungen dazu, weshalb die die Vertragsauslegung nach der Rechtsprechung allgemein beherrschenden Leitlinien bei Eierlieferungsverträgen einer Änderung oder Ergänzung zur Lösung des Anlassfalls bedürften. Soweit in der Revision die Frage nach dem Vertragstypus und den daraus abzuleitenden Rechtsfolgen erörtert wird, ist auf dem Boden der folgenden Erwägungen gleichfalls keine im Anlassfall streitentscheidende erhebliche Rechtsfrage zu lösen:

1. Vertragsverhältnis

1. 1. Das hier maßgebende Vertragsverhältnis ist nicht als Sukzessivlieferungsvertrag im engeren Sinn, sondern als (ursprünglich befristeter) Bezugsvertrag zu beurteilen. Bei solchen Vertragsverhältnissen steht die vereinbarte Gesamtleistung nicht von vornherein fest (7 Ob 211/99a; Aicher in Rummel, ABGB³ § 1053 Rz 46;

F. Bydlinski in Klang² IV/2 195 ff; Reischauer in Rummel, ABGB³ § 918 RZ 18), sondern es sind Leistungen zu erbringen, solange das Rechtsverhältnis besteht (F. Bydlinski aaO; Aicher aaO;

Koziol/Welser, Grundriss II12 7). Bei der im Anlassfall zunächst getroffenen Vereinbarung (Erwerb der "im Erzeugerbetrieb anfallenden Eier" bei ein- bis zweimaliger Übernahme wöchentlich während fünf Legeperioden), aber auch im Rahmen des Vertragsverhältnisses des Beklagten mit dem Kläger nach Eröffnung des Konkurses (April 1999) über das Vermögen jener Handelsgesellschaft, deren geschäftsführender Gesellschafter der Kläger war, standen die vereinbarten Gesamtleistungen nicht von vornherein fest, sondern sie waren - nach dem jeweiligen Ausmaß der gesamten Eierproduktion am Hof des Beklagten - unbestimmt. Dieses Vertragsverhältnis ist demnach als Bezugsvertrag, auf den die für Dauerschuldverhältnisse geltenden Vorschriften anzuwenden sind (7 Ob 265/01y; 7 Ob 211/99a; F. Bydlinski aaO; Aicher aaO; Koziol/Welser aaO; Reischauer aaO), zu qualifizieren.

1. 2. Nach Ansicht des Klägers war immer er der Vertragspartner des Beklagten. Die in der Revision breit erörterte Frage, ob im April 1998 der Kläger oder die Gesellschaft, deren geschäftsführender Gesellschafter der Kläger war, Vertragspartner des Beklagten wurde, ist nicht streitentscheidend. Zum einen bezweifelt selbst der Kläger nicht, dass ein Bezugsvertrag zufolge der Anwendbarkeit der für Dauerschuldverhältnisse bedeutsamen Regeln durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund jederzeit aufgelöst werden kann (RIS-Justiz RS0027780, RS0018368), zum anderen fällt das von den Vorinstanzen als außerordentliche Kündigung ausgelegte Verhalten des Beklagten in eine Phase der Vertragsabwicklung, in der nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft - entsprechend der übereinstimmenden Ansicht der Vorinstanzen - ohnehin (bereits) der Kläger Vertragspartner des Beklagten war. Allein ausschlaggebend ist somit nur, ob der Beklagte das bestehende Rechtsverhältnis durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund vorzeitig auflösen durfte.

2. Außerordentliche Kündigung

2. 1. Die Beurteilung der Frage, ob eine vorzeitige Vertragsauflösung aus wichtigem Grund gerechtfertigt ist, hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, dass sie nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - mangels einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung - regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO aufwirft. Insoweit bedarf lediglich eine krasse Fehlbeurteilung einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS0042834, RS0111817).

2. 2. Die Vorinstanzen stellten fest, dass anlässlich der (ursprünglichen) Vertragsverhandlungen "über eine Bezahlung durch Wechsel nicht gesprochen" wurde. Nicht feststellen konnten sie dagegen, dass "die Zahlung der Eierlieferungen durch die Ausstellung von Wechseln zu erfolgen" habe und "zwischen den Streitparteien vereinbart worden" sei, dass "der Beklagte die anfallenden Wechselspesen und Zinsen nachträglich dem Kläger in Rechnung stellen sollte". Tatsächlich erfolgte jedoch "die Bezahlung der einzelnen Eierlieferungen" des Beklagten nach monatlicher Verrechnung immer durch die Zusendung "sofort einlösbarer Wechsel". Der Beklagte erhielt jedoch jeweils nicht die dem Rechnungsbetrag entsprechende Wechselsumme, sondern bloß einen "um Wechselspesen und Zinsen verminderten Betrag ausbezahlt". Die Kürzung des verrechneten Eierpreises um diese "Minderbeträge" wurde vom Beklagten gerügt und festgehalten, dass "die Zahlungsmodalität durch Wechsel nicht der Vereinbarung entspreche" und insofern auch "das vereinbarte Zahlungsziel nicht eingehalten worden" sei. Diese Rügen änderten nichts am Verhalten des Klägers. Der Beklagte war allerdings "weiterhin ... mit der Zahlungsmodalität und den Zahlungsfristen nicht einverstanden". Telefonische "Urgenzen" beim Kläger blieben indes "erfolglos", sodass der Beklagte dem Kläger im August 1999 die Einstellung der Eierlieferungen vorerst androhte. Im Oktober 1999 erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger zuerst mündlich, in der Folge aber auch schriftlich, er werde die Eierlieferungen einstellen, was letztlich auch geschah.

2. 3. Angesichts des soeben referierten Sachverhalts ist nicht zu erkennen, dass den Vorinstanzen bei deren Beurteilung, der Beklagte habe den erörterten Bezugsvertrags durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund berechtigterweise aufgelöst, eine schwerwiegende Fehlbeurteilung der Umstände dieses Falls unterlaufen sein könnte, zerstörte doch das - trotz der Rügen des Beklagten - unbeirrt fortgesetzte vertragswidrige Verhalten des Klägers, Gegenleistungen nicht durch Zahlungen mit einem gesetzlichen Zahlungsmittel zu erbringen, nachhaltig das Vertrauen des Beklagten in die (künftige) Vertragstreue des Klägers. War aber der Beklagte nach der zumindest nicht krass fehlerhaften Beurteilung der Vorinstanzen berechtigt, den Bezugsvertrag mit dem Kläger durch außerordentliche Kündigung aufzulösen, so hat er auch nicht für den Schaden einzustehen, den der Kläger als Folge der vorzeitigen Beendigung des Bezugsverhältnisses behauptete.

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