OGH 12Os90/04

OGH12Os90/0423.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. September 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matschegg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred P***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Leoben vom 23. Juni 2004, GZ 11 Hv 70/04d-62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem einstimmigen Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Manfred P***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 20. Dezember 2003 in Kapfenberg durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in einem Betrag von mindestens 4.400 EUR und Gutscheine im Wert von 250 EUR der (Supermarkt-Kassiererin) Helene C***** mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung abgenötigt, indem er (jeweils) unter Vorhalt einer Pistole den Herbert S***** zwang, sich auf den Boden zu legen und Helene C***** veranlasste, ihm Geld und Gutscheine zu übergeben.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 6, 8 und 9 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Die Fragenrüge (Z 6) moniert die Stellung einer Zusatzfrage nach § 11 StGB (Zurechnungsunfähigkeit) und einer Eventualfrage nach § 287 Abs 1 StGB (Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung) prozessordnungswidrig nicht auf Basis der vollständigen Verantwortung des Angeklagten zum Thema der Zurechnungsfähigkeit, indem sie bloß auf seine Einlassungen hinweist, wonach er bis zuletzt ein Drogensubstitutionsprogramm absolvierte und am Tag der Tat "einige Bier" konsumierte, seine weitere Beschreibung des Tattages als „ganz normaler Tag" - ohne Behauptung von Erinnerungslücken oder anderen auf eine Beeinträchtigung der Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit hinweisenden Symptomen (S 393) aber übergeht.

Gleiches gilt für die in der Beschwerde angestellte, auf kein Beweisergebnis gestützte Spekulation, als Mittel Drohung könnte „genau so gut" eine Spielzeugpistole oder eine Attrappe verwendet worden sein.

Die Instruktionsrüge (Z 8) verfehlt die gesetzmäßige Ausführung, weil die Rechtsbelehrung nur in Ansehung tatsächlich gestellter Fragen zu erfolgen hat (Philipp WK-StPO § 321 Rz 19 mwN; Ratz aaO § 345 Rz 63; Mayerhofer StPO5 § 345 E 20), weshalb die Zurechnungsunfähigkeit zu Recht unerörtert blieb.

Die punktuell falsche Rechtsbelehrung zur Waffenattrappe (Fabrizy StGB8 § 143 Rz 7) wird durch Wiederholung der Hypothese betreffend deren aktuelle Verwendung (somit als Tatfrage) nicht prozessordnungsgemäß nach Z 8 (nämlich mit rechtlichen Argumenten) releviert (12 Os 7/04).

Schließlich wird mit der Behauptung (Z 9), die allein in den Worten „DNA-Gutachten" - die DNA-Spur des Angeklagten war in der beim Überfall verwendeten, in Tatortnähe sichergestellten Strumpfmaske nachgewiesen worden (Gutachten des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. Richard S*****, S 409 ff) - bestehende Begründung der Geschworenen in der nach § 331 Abs 3 StPO zur Hauptfrage I verfassten Niederschrift sei „zu dürftig", eine Undeutlichkeit, Unvollständigkeit oder ein innerer Widerspruch der Antwort der Geschworenen auf die an sie gestellte Frage von vornherein nicht dargetan (14 Os 41/93 uva). Der behauptete Mangel der Niederschrift ist (sofern - wie hier - kein Verbesserungsauftrag ergangen ist) unter dem Aspekt der Nichtigkeitsgründe bedeutungslos (12 Os 47/04; Ratz WK-StPO § 345 Rz 69).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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