Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger war zunächst vom 9. 5. 2000 bis 5. 1. 2001 bei der beklagten Partei beschäftigt. Er erhielt damals eine Arbeitskleidung, die er nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder zurückgeben noch hiefür etwas bezahlen musste.
Ab 9. 10. 2002 war der Kläger neuerlich bei der beklagten Partei beschäftigt. Wiederum wurden ihm diverse Arbeitskleidung sowie ein Schutzhelm ausgefolgt. Über diesen Vorgang stellte die beklagte Partei zwei Übernahmescheine aus, die der Kläger jeweils unterfertigte, ohne sie durchzulesen. Die Übernahmescheine enthalten folgenden Passus: "Wird das Dienstverhältnis innerhalb von 6 Monaten ab Ausgabedatum beendet, wird übernommene Arbeits- und Schutzbekleidung vom Lohn in Abzug gebracht". Auf diesen Umstand wurde der Kläger bei der Ausfolgung der Arbeitskleidung von der beklagten Partei nicht hingewiesen. Das (zweite) Arbeitsverhältnis endete am 20. 12. 2002 durch Arbeitgeberkündigung, da die Baustelle, auf der der Kläger eingesetzt war, mit den Weihnachtsfeiertagen geendet hat. Der Kläger versuchte anschließend mehrmals, die ihm zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung zurückzugeben. Die beklagte Partei wollte aber lediglich den Schutzhelm, nicht jedoch die Arbeitskleidung zurücknehmen. Der Kläger wiederum war nur bereit, die gesamte Ausrüstung zurückzugeben. Schließlich zog die beklagte Partei von der Endabrechnung EUR 147,05 netto ab. Bei diesem Betrag handelt es sich um die Einkaufspreise der beklagten Partei für die Arbeitskleidung und den Schutzhelm.
Die Vorinstanzen haben dem Begehren auf Zahlung des noch offenen Arbeitslohns mangels Berechtigung der beklagten Partei zum vorgenommenen aufrechnungsweisen Lohnabzug im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die beklagte Partei setzt sich in ihrer Revision ausschließlich mit Fragen der (von ihr verneinten) Sittenwidrigkeit auseinander, auf die es jedoch im vorliegenden Fall nicht ankommt. Da die Revisionswerberin somit nicht aufzeigt, dass die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängig wäre, erweist sich ihr Rechtsmittel - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts - als unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Kläger bei Übernahme der ihm von der beklagten Partei zur Verfügung gestellten Arbeitskleidung und eines Schutzhelms zwei Übernahmescheine - ungelesen - unterfertigt, auf deren Inhalt er nicht hingewiesen worden war. Unter diesen Umständen erweist sich die Auffassung des Klägers, es sei keine Vereinbarung über einen Einbehalt bzw Lohnabzug getroffen worden, als zutreffend. Bei der Beurteilung von Willenserklärungen oder von allenfalls mit Rechtsfolgewillen verbundenen sonstigen Handlungen kommt es stets auf den Empfängerhorizont, also darauf an, welches Verständnis ein redlicher Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung der Begleitumstände gewinnen durfte (vgl nur die Nachweise bei Rummel in Rummel I3 § 863 ABGB Rz 8). Geht man von der üblichen Funktion eines Übernahmescheins sowie davon aus, dass der Kläger auf darin enthaltene besondere Klauseln nicht hingewiesen wurde, durfte der für die beklagte Partei handelnde Mitarbeiter der Unterfertigung der Übernahmescheine durch den Kläger lediglich die Bedeutung zumessen, dass dieser damit den Erhalt bestimmter Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände quittieren wollte, wogegen er die (bewusste) Übernahme einer (bedingten) Zahlungspflicht durch den Kläger nicht erwarten durfte. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof zu - vorher nicht vereinbarten - Klauseln auf Lieferscheinen wiederholt die Auffassung vertreten, die widerspruchslose Entgegennahme und Unterfertigung einer derartigen Urkunde könne angesichts ihrer verkehrsüblichen Funktion nicht als Einverständnis des Übernehmers mit dessen über die Empfangsbestätigung hinausgehenden Inhalt gedeutet werden (NZ 1998, 136 mit Literaturnachweisen; SZ 55/134; RIS-Justiz RS0014148 ua). Derartige Urkunden dienen ihrer Funktion nach nicht dem Abschluss rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen, weshalb sie auch nicht auf das Vorhandensein entsprechender Klauseln untersucht werden müssen (EvBl 1994/113 mwN).
Wurde somit die von der beklagten Partei ins Treffen geführte Klausel auf den Übernahmescheinen nicht Vertragsinhalt, so erübrigt sich die Frage nach der Gültigkeit einer derartigen Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 2 ASGG iVm § 50 Abs 1 und § 40 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass sich sein Schriftsatz nicht als zweckmäßige Rechtsverfolgungsmaßnahme im Sinne des § 41 Abs 1 ZPO darstellt.
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