OGH 7Ob184/04s

OGH7Ob184/04s8.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Mj Regina W*****, geboren am 10. September 1989, und Yvonne W*****, geboren am 17. Jänner 1996, wegen Entziehung der Obsorge über die außerordentlichen Revisionsrekurse des Vaters Karl W*****, vertreten durch Mag. Thomas Stenitzer, Rechtsanwalt in Laa/Thaya, und der Mutter Helga W*****, vertreten durch Dr. Kristina Köck, Rechtsanwältin in Laa/Thaya, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 29. April 2004, GZ 25 R 33/04m-199, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurswerber irren, soweit sie meinen, die Entscheidung hänge von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukomme; ist doch die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil die Kindesobsorge übertragen werden soll, grundsätzlich eine solche des Einzelfalles, der keine Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG zukommt, wenn dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wird und leitende Grundsätze der Rechtsprechung daher nicht verletzt werden (RIS-Justiz RS0007101, RS0097114 und RS0115719 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Dies gilt auch für die hier erfolgte Übertragung der Obsorge auf den Jugendwohlfahrtsträger (zuletzt etwa: 3 Ob 227/03h), weil (auch) diese Beurteilung stets nur auf Grund der Umstände des konkreten Falls vorgenommen werden kann, was das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG verhindert (3 Ob 204/03a mwN).

Zum ao Revisionsrekurs des Vaters:

In seinem Rechtsmittel macht er eine erhebliche Rechtsfrage gar nicht geltend. Er begehrt vielmehr unter dem Titel "Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens" die Behebung angeblicher, bereits erfolglos gerügter Verfahrensmängel (unterlassene Vernehmung weiterer Zeugen, Richtigkeit des jugendpsychologischen Gutachtens) und wendet sich ua auch gegen die festgestellten Hinweise auf inadäquate Erziehungsstrategien ("es liegen keinerlei Beweise dafür vor, dass der Kindesvater den mj Kindern gegenüber tätlich geworden sei"). Da eine Verletzung leitender Grundsätze der Rechtsprechung (insb des im Vordergrund stehenden Kindeswohls [§ 178a ABGB]) - entgegen dem Standpunkt des Revisionsrekurswerbers - nicht zu erkennen ist, stellt die Ansicht des Rekursgerichtes, dass die Sachverhaltsermittlung keiner Ergänzung mehr bedarf, um über die Obsorge im Sinne des Kindeswohls entscheiden zu können, aber keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar:

Die im Rechtsmittel enthaltene Beweisrüge ist nämlich unzulässig (weil der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren nur als Rechts-, nicht aber Tatsacheninstanz entscheidet [RIS-Justiz RS0007236; RS0108449 ua; zuletzt: 4 Ob 68/04k], der erkennende Senat also an die Beweiswürdigung der Vorinstanzen und an deren Feststellungen gebunden ist, wozu auch die im Rechtsmittel behandelte Frage gehört, ob das vorliegende Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigt [RIS-Justiz RS0043320; zuletzt: 6 Ob 49/04f]), und die in der Verfahrensrüge weiterhin behaupteten Verfahrensmängel hat bereits das Rekursgericht verneint. Ein vom Rekursgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz kann im Revisionsrekurs jedoch nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS00030748; RS0050037; zuletzt: 7 Ob 91/04i mwN), sofern eine Durchbrechung dieses Grundsatzes aus Gründen des Kindeswohls nicht erforderlich ist (RIS-Justiz RS0030748 [T2]; RS0050037 [T1 und T4]; 7 Ob 65/03i; zuletzt: 9 Ob 141/03f). Letzteres wird hier - zu Recht - gar nicht behauptet; beruft sich der Vater doch lediglich darauf, dass es sich bei der Entziehung der Obsorge "um einen massiven Eingriff in familiäre Strukturen handelt".

Zum ao Revisionsrekurs der Mutter:

Die Zulassungsrüge macht folgende Gründe geltend, weshalb entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs für zulässig erachtet werde: Von wesentlicher Bedeutung (iSd § 14 Abs 1 AußStrG) sei die Rechtsfrage, "inwieweit diverse Vorstrafen eines Lebensgefährten auf die Übertragung der Obsorge Einfluss haben". Außerdem habe das Rekursgericht zu Unrecht den (Rekurs-)Antrag der Mutter teilweise mangels Beschwer zurückgewiesen, obwohl sie auch insoweit beschwert sei, als ihrem Wunsch nicht nachgekommen wurde, die mütterliche Großmutter mit der Obsorge zu betrauen. Das Rekursgericht hätte darauf eingehen müssen, ob diese die hiefür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen könne.

Dass die vorliegende Einzelfallentscheidung in krassem Widerspruch zu den Grundsätzen der Judikatur des Obersten Gerichtshofes stünde und daher eine grobe Fehlbeurteilung vorliege, die zu einem unvertretbaren Ergebnis führen würde, das im Interesse der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, wird somit auch in diesem Rechtsmittel - zutreffend - nicht einmal behauptet. Ein derartiges Abweichen von den Rechtsprechungsgrundsätzen ist nämlich auch darin nicht zu erblicken, dass das Rekursgericht auf die Frage, ob der Obsorgeantrag der mütterlichen Großmutter zu Recht abgewiesen wurde, nicht weiter eingegangen ist, weil sie die diesbezügliche Antragsabweisung nicht bekämpft hat; einer weiteren Prüfung dieser Frage steht daher auch die Rechtskraft des in diesem Punkt somit unangefochten gebliebenen erstgerichtlichen Beschlusses (ON 177) entgegen.

Die außerordentlichen Revisionsrekurse sind daher mangels Darstellung einer Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

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