OGH 13Os92/04

OGH13Os92/0425.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 2004 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Sengstschmid als Schriftführerin in der Strafsache gegen Farhoud B***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. Mai 2004, GZ 162 Hv 176/03w-200, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Farhoud B***** des Verbrechens des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB (A) und des Vergehens (gemeint: der Vergehen, 15 Os 176/03) der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er

A. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit acht im Urteil namentlich genannten, rechtskräftig verurteilten Tätern versucht, Samad A***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 40.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich Teppiche im Gesamtwert von 140.000 Euro, durch Einbruch wegzunehmen, indem sie die Hintertür des Teppichgeschäftes des Genannten gewaltsam aufbrachen, sodann wertvolle Teppiche aus dem Geschäft nahmen und sie zu drei PKW transportierten, wobei sie jedoch von Polizeibeamten, die sie bereits über Stunden observiert hatten, betreten wurden;

B. den Reisepass und die Geburtsurkunde des Samad A***** mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die allein gegen den Schuldspruch A gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der Verteidiger beantragte nach Verlesung des Gutachtens über den "Einkaufswert" und „Verkaufswert" der Teppiche (ON 175), einen (weiteren) gerichtlich beeideten Sachverständigen "vom Dorotheum" damit zu beauftragen, "die Werte dieser Teppiche festzusetzen". Zur Begründung des Antrags wurde vorgebracht, die Preise im vorliegenden Gutachten seien nicht nachvollziehbar. Der beantragte zweite Sachverständige möge "die Einkaufspreise der Teppiche bekannt geben und auch dartun, aus welchen Marktüberlegungen er zu den jeweiligen Preisen gelangt ist" (S 241 f/IV).

Die Hauptverhandlung wurde daraufhin vertagt. Zum nächsten Termin wurde der Sachverständige geladen, der das schriftliche Gutachten erstattet hatte. Auf die Frage des Vorsitzenden, wie er den Wert eines Teppichs ermittle, gab der Sachverständige an, es gehe nach der Qualität, der Seltenheit, der Beschaffenheit, dem Zustand und den Fehlern eines Teppichs. Hier sei es um neue Teppiche gegangen, die Wertermittlung sei daher einfach gewesen. Einige Teppiche seien gewöhnliche Stücke gewesen, andere solche mit seltenen Mustern. Der Wert sei nach dem jetzigen Marktwert ermittelt worden (S 339/IV). Der Verteidiger befragte den Sachverständigen zur Wertermittlung hinsichtlich zweier Teppiche aus der Liste im Gutachten, worauf der Experte auf die Seltenheit der Motive und die Qualität der Stücke hinwies (S 341 f/IV).

Weitere Fragen zur Ermittlung des Wertes der im Gutachten behandelten Stücke stellte der Verteidiger nicht. Er erklärte, seinen Antrag "mit der gleichen Begründung wie zuletzt" aufrecht zu erhalten. Der Sachverständige habe nicht nachvollziehbar darstellen können, "warum er bei einzelnen Teppichpreisen zu diesem Wert gelangt ist" (S 347/IV).

Der Antrag wurde vom Schöffengericht - mit prozessordnungswidrig (§ 238 Abs 2 StPO) erst im Urteil gegebener Begründung (US 8) - zu Recht abgewiesen. Im Hinblick auf die ergänzenden Angaben des Sachverständigen zur Wertermittlung kann vom Vorliegen eines der in § 126 Abs 1 (mit Beziehung auf § 125) StPO bezeichneten Mängel des Gutachtens nicht die Rede sein.

Ein solcher Mangel und dessen Bezeichnung bei der Antragstellung gehören aber zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Verfahrensrüge (Z 4) bei Abweisung des Verlangens nach Erholung eines zweiten Gutachtens (§ 126 Abs 1 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte