OGH 1Nc74/04d

OGH1Nc74/04d12.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gert L*****, 2. Gert L*****, 3. M***** GmbH, 4. A***** GmbH, 5. E***** GmbH i.L., *****, vertreten durch Dr. Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. B***** AG, *****, vertreten durch Grohs-Hofer, Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2. S***** AG, *****, vertreten durch Doralt/Seist/Czoklich, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen je EUR 7.267,28 und Feststellung, die mit außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Oktober 2003, GZ 4 R 161/03f-78, zu AZ 6 Ob 16/04b dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde, infolge der Ablehnung des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hans-Joachim Ehmayr sowie der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Ilse Huber, des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerhard Prückner, der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brigitte Schenk und des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Wolfgang Schramm durch die klagenden Parteien den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Nachdem das Berufungsgericht die klageabweisende Entscheidung des Erstgerichts bestätigt hatte, wies der Oberste Gerichtshof zu 6 Ob 16/04b die außerordentliche Revision der klagenden Parteien mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück. Diese Entscheidung wurde den Vertretern der Streitteile am 2. bzw 14. 6. 2004 zugestellt und ist somit bereits in Rechtskraft erwachsen.

Mit ihrem am 28. 6. 2004 zur Post gegebenen Schriftsatz lehnten die Kläger die Mitglieder des 6. Senats des Obersten Gerichtshofs ab; sie streben die "rückwirkende Aufhebung aller Verfahrensschritte" an. Der Oberste Gerichtshof habe zu 6 Ob 16/04b eine Entscheidung zum bewussten Nachteil der klagenden Parteien gefällt. Insbesondere sei nicht berücksichtigt worden, dass die "Bemängelung betreffend des Vorbringens" (gemeint wohl: das Eingehen auf die Ausführungen in der außerordentlichen Revision und die Beurteilung, dass darin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dargestellt wird) nicht der Partei, sondern - wenn überhaupt - dem bestellten Verfahrenshelfer zuzuschreiben sei. Der Oberste Gerichtshof hätte in Kenntnis der amtswegigen Bestellung dieses Verfahrenshelfers die "beiden Vorinstanzen" aufzuheben gehabt.

Rechtliche Beurteilung

Der Ablehnungsantrag erweist sich als unzulässig, sodass weder auf die fehlende anwaltliche Vertretung noch darauf einzugehen ist, dass inhaltlich kein Befangenheitsgrund dargelegt wird.

Grundsätzlich können Richter zwar auch noch nach Fällung einer (nach Ansicht einer Partei bedenklichen) Entscheidung abgelehnt werden (SZ 43/104), wobei das Ablehnungsrecht auch noch nach der Urteilsfällung vor Eintritt der Rechtskraft ausgeübt werden kann (RdW 1998, 18). Ist eine Entscheidung bereits rechtskräftig, besteht kein rechtlich geschütztes Interesse auf Ablehnung der erkennenden Richter wegen Befangenheit, weil selbst deren Bejahung am Prozessausgang nichts mehr ändern könnte (vgl nur RZ 1989/88).

Da das Institut der Ablehnung somit nur dort Bedeutung hat, wo ein Ablehnungantrag im Falle seiner Berechtigung dazu führen kann, dass letztlich ein anderer als der befangene Richter entscheidet, kommt es bei Entscheidungen, die keinem weiteren Rechtszug mehr unterliegen, für die Rechtzeitigkeit und die Zulässigkeit eines Ablehnungsantrags nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung dieser Entscheidung an, aus der der Ablehnungswerber die Befangenheit ableitet. Maßgeblich kann hier nur der Zeitpunkt der Bindung des Richters bzw des Senats an die (unanfechtbare) Entscheidung sein, weil auch eine erfolgreiche Ablehnung nichts mehr daran ändern könnte, dass die Entscheidung (durch Zustellung) wirksam wird und die ihr zugedachten Rechtswirkungen entfaltet. Insbesondere im Falle einer unanfechtbaren verfahrensbeendenden Entscheidung kommt ein Ablehnungsantrag daher nach deren Fällung nicht mehr in Betracht.

Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall das Verfahren vor Erhebung des Ablehnungsantrags bereits rechtskräftig beendet war, war ein Ablehnungsantrag daher schon nach Zustandekommen der Entscheidung des Senats nicht mehr zulässig.

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