OGH 14Os86/04

OGH14Os86/0410.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. August 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Sengstschmid als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Avto B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2, 130 zweiter Satz erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung und die Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) des Angeklagten Avto B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 3. Februar 2004, GZ 15 Hv 92/03m-42, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Avto B***** wegen (richtig:) einer unbestimmten Anzahl von Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (A II) und in der Subsumtion der zu A I genannten Diebstähle des Avto B***** und des Scharyk M***** nach § 130 zweiter Satz erster Fall StGB sowie hinsichtlich Avto B***** auch nach § 129 Z 2 StGB, demnach auch in den diese beiden Angeklagten treffenden Strafaussprüchen - einschließlich der Vorhaftanrechnung und des nach § 494a StPO gefassten Beschlusses auf Widerruf einer dem Avto B***** gewährten bedingten Strafnachsicht - aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht St. Pölten verwiesen. Mit seiner gegen den Strafausspruch ergriffenen Berufung wird Avto B***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Seine Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld wird zurückgewiesen.

Avto B***** fallen auch die auf die Erledigung seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Schuldberufung entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden unter anderem Avto B***** und Scharyk M***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 2 (Scharyk M***** auch Z 1), 130 zweiter Satz erster Fall StGB (A I), Avto B***** darüber hinaus (richtig:) einer unbestimmten Anzahl von Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (A II) schuldig erkannt.

Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, haben

A I 2) Avto B***** und Scharyk M***** am 10. Dezember 2003 in T***** als Mittäter "in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen", Gewahrsamsträgern nachgenannte fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar

a) der Firma E***** acht Packungen Rasierklingen im Gesamtwert von 105,92 Euro, indem sie das Schloss einer versperrten Glasvitrine aufbrachen;

b) der Firma M***** 11 Packungen Rasierklingen, ein Paar Socken und ein T-Shirt im Gesamtwert von 148,14 Euro;

A II) Avto B***** "seit ca. Anfang Mai 2003" an nicht genannten Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich Heroin und Kokain, erworben und bis zum Eigenkonsum besessen.

Rechtliche Beurteilung

Da gegen Urteile der Schöffengerichte die Berufung nur wegen des Ausspruchs über die Strafe und über die privatrechtlichen Ansprüche erhoben werden kann, war die gegen den Ausspruch über die Schuld ergriffene Berufung des Angeklagten Avto B***** zurückzuweisen. Hingegen kommt seiner - als Berufung wegen Nichtigkeit - bezeichneten, nominell aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde Berechtigung zu. Zwar stellt die Form der Beteiligung an der Tat (§ 12 StGB) keine für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache dar und kann nach der jüngeren Rsp demnach weder mit Subsumtions- (Z 10) noch mit Mängelrüge (Z 5) bekämpft werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398, 646; instruktiv: Fuchs AT I6 36/1 ff). Für einen auch das Aufbrechen eines Behältnisses erfassenden Vorsatz des Beschwerdeführers fehlt aber jede Begründung (Z 5 vierter Fall). Der Hinweis auf Aussagen B*****, er habe angenommen, dass die ihm von M***** im Eingangsbereich der E*****-Filiale übergebenen Sachen von diesem gestohlen worden seien, taugt dafür nicht.

Aus Anlass der solcherart erfolgreichen Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof zudem davon überzeugt, dass die Entscheidungsgründe keine Feststellungen enthalten, welche die rechtliche Annahme (auch) gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 130 zweiter Satz (zweiter [im Urteil unrichtig: erster] Fall) StGB hinsichtlich der Angeklagten Avto B***** und Scharyk M***** tragen könnten (§§ 290 Abs 1 zweiter Satz [erster Fall], 281 Abs 1 Z 10 StPO).

Weder die - allgemein gehaltene - Konstatierung: "Es kam Avto B***** und Scharyk M***** dabei insbesondere darauf an, sich durch wiederkehrende Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen." (US 11 oben), reicht dafür hin, noch wurde aus Anlass der in US 14 angestellten rechtlichen Erwägungen eine just auf die wiederkehrende Begehung von Einbruchdiebstählen zwecks Gewinnung einer fortlaufenden Einnahme gerichtete Absicht der Angeklagten festgestellt. Dazu kommt, dass das Erstgericht bei keiner der zu A II genannten Taten eine die Geringfügigkeitsgrenze überschreitende Suchtgiftmenge konstatiert hat. Damit stand aber deren Ahndung das temporäre Verfolgungshindernis des § 35 Abs 1 SMG entgegen, womit der Schuldspruch wegen Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aus Z 9 lit b nichtig ist.

Die Subsumtion der zu A I genannten Diebstähle des Avto B***** und des Scharyk M***** nach § 130 zweiter Satz (erster Fall) StGB war demnach ebenso aufzuheben wie die rechtliche Unterstellung nach § 129 Z 2 StGB hinsichtlich Avto B***** und der zu A II ergangene Schuldspruch des Avto B*****. Dies zieht die Beseitigung der diese beiden Angeklagten treffenden Strafaussprüche (einschließlich der Vorhaftanrechnung und des nach § 494a StPO gefassten Beschlusses auf Widerruf einer dem Avto B***** gewährten bedingten Strafnachsicht) nach sich.

Im nachfolgenden Rechtsgang wird die zerschlagene Subsumtionseinheit (§ 29 StGB) neu zu bilden sein (Ratz, WK-StPO § 289 Rz 10). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Avto B***** gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO. Sie ist angesichts der unberührt gebliebenen Verpflichtung zum Kostenersatz vom Erfolg seiner Nichtigkeitsbeschwerde unabhängig, trifft ihn allerdings nur in Hinsicht auf die Erledigung des Rechtsmittels (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 7, 12).

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