OGH 12Os84/04

OGH12Os84/045.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. August 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Finster als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roman D***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB, AZ 143 Hv 195/03z des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 9. Februar 2004, GZ 143 Hv 195/03z-16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, sowie der Verteidigerin Dr. Patleych zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 9. Februar 2004, GZ 143 Hv 195/03z-16, verletzt in dem den Angeklagten Roman D***** betreffenden Strafausspruch das Gesetz in der Bestimmung des § 36 StGB. Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieser Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer den genannten Angeklagten betreffenden Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 9. Februar 1983 geborene Roman D***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 9. Februar 2004, GZ 143 Hv 195/03z-16, das auch einen Schuldspruch des Mitangeklagten Markus P***** sowie weitere Entscheidungen enthält, des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach (richtig:) § 129 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Von der Bestimmung des § 36 StGB konnte nach Ansicht des Jugendschöffengerichtes nicht Gebrauch gemacht werden, weil im gegebenen Fall eine "Unterschreitung der im § 129 StGB vorgesehenen Mindeststrafe" nicht in Betracht kam (US 11 f).

Während der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtete (S 173), erhob die Staatsanwaltschaft zu dessen Nachteil Berufung (ON 17 und 20), über die der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz noch nicht entschieden hat.

Rechtliche Beurteilung

Der bezeichnete Strafausspruch steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte Roman D***** die ihm angelastete Straftat vor Vollendung seines 21. Lebensjahres begangen. Demzufolge hätte ihm die durch das Bundesgesetz BGBl I 2001/19 geschaffene privilegierende Strafbemessungsvorschrift des § 36 StGB zu Gute kommen müssen, welche normiert, dass bei Personen, die zur Zeit der Tat das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ein Mindestmaß der Strafdrohung entfällt, soweit - wie hier - eine fünf Jahre übersteigende Freiheitsstrafe nicht vorgesehen ist. Die Strafe für das vom Schuldspruch erfasste Delikt wäre somit nach § 129 StGB iVm § 36 StGB unter Wegfall eines Mindestmaßes innerhalb eines fünfjährigen Strafrahmens (und nicht, wovon der Jugendschöffensenat rechtsirrig ausgegangen ist, von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) auszumessen gewesen.

Denn anders als bei den fakultativen Strafzumessungsbestimmungen der §§ 39 und 41 StGB (SSt 46/40) bewirkt § 36 StGB eine Änderung des Strafrahmens an sich.

Durch die rechtsirrige Nichtanwendung der zwingend zu berücksichtigenden Strafbemessungsvorschrift des § 36 StGB hat das Jugendschöffengericht seine Strafbefugnis ungeachtet dessen überschritten (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO), dass die von ihm konkret verhängte Strafe von sechs Monaten innerhalb des zulässigen Rahmens liegt (vgl Ebner WK² § 36 Rz 4; EvBl 2002/106; 11 Os 176/02, zuletzt 15 Os 59/04).

Der aufgezeigten Gesetzesverletzung war konkrete Wirkung zuzuerkennen, zumal eine amtswegige Wahrnehmung der zum Nachteil des Angeklagten wirkenden Nichtigkeit des Strafausspruches durch den Gerichtshof zweiter Instanz im Hinblick darauf nicht möglich wäre, dass dieser bei seiner Entscheidung auf die der Berufung unterzogenen Punkte beschränkt ist (§ 295 Abs 1 erster Satz StPO) und hier nur eine - den Urteilsfehler nicht relevierende - ausschließlich zum Nachteil des Angeklagten erhobene Berufung der Staatsanwaltschaft vorliegt (vgl Ratz WK-StPO § 295 Rz 9, 14).

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