OGH 8ObA71/04f

OGH8ObA71/04f16.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kurt J*****, vertreten durch Dr. Franz Amler, Dr. Michael Schwarz, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Delegierung des Verfahrens 5 Cga 81/03w des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht, über Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 14. Mai 2004, GZ 12 Nc 19/04t, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Die Rekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

2.) Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

3.) Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger macht im Verfahren vor dem Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht insgesamt Ansprüche aus offenen Entgelten und nicht konsumiertem Urlaub in Höhe von insgesamt EUR 16.748,-- netto geltend. Hinsichtlich der Zuständigkeit des Gerichtes stützt sich der in 3130 Herzogenburg wohnhafte Kläger auf § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG.

Die Beklagte hat umfangreiche Einwendungen hinsichtlich der Berechtigung dieser Ansprüche erhoben. In der mündlichen Streitverhandlung vom 29. 1. 2004 wurde ein bedingter Vergleich geschlossen, den die Beklagte jedoch dann in weiterer Folge widerrufen hat. Sie erstattete danach noch ein umfangreiches weiteres Vorbringen und stellte den hier maßgeblichen Antrag auf Delegierung der Rechtssache an das Arbeits- und Sozialgericht Wien, da dort die überwiegende Anzahl der Zeugen ansässig sei. Mittlerweile hat sie auch vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien eine Klage auf Rückzahlung von unrechtmäßigen Geldentnahmen anhängig gemacht.

Der Kläger hat sich in seiner Stellungnahme zu diesem Delegierungsantrag gegen die Delegierung ausgesprochen und darauf hingewiesen, dass auch zahlreiche Zeugen im Sprengel des Landesgerichtes St. Pölten wohnhaft seien. Auch diene die Einführung des Wahlgerichtsstandes des § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG gerade dazu, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber auch an seinem Wohnort einzuklagen.

Das Oberlandesgericht Wien hat als zur Entscheidung über den Delegierungsantrag nach § 31 JN zuständiges Gericht diesen Antrag abgewiesen. Es ist dabei zusammengefasst davon ausgegangen, dass eine Verschiebung der Zuständigkeit zu Lasten des gerade für Arbeitnehmer geschaffenen Gerichtsstandes nur dann zu bewilligen sei, wenn die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme eindeutig zu Gunsten beider Parteien beantwortet werden könne. Dies sei hier aber nicht der Fall, da nicht alle Zeugen im Sprengel des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien wohnten.

Mit ihrem Rekurs bekämpft die beklagte Partei diese Entscheidung und beantragt die Abänderung dahin, dass das Verfahren an das Arbeits- und Sozialgericht Wien verwiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die beklagte Partei releviert im Wesentlichen, dass sowohl die vom Kläger als auch die von der Beklagten namhaft gemachten Zeugen ihren Wohnsitz in Wien hätten. Auch entspreche es der Prozessökonomie, das vorliegende Verfahren mit dem vor dem ASG Wien anhängigen Verfahren zu verbinden.

Nach § 31 JN kann nun aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Schon im Hinblick auf die durch Gesetz aus verschiedenen rechtspolitischen Wertungen festgelegte Zuständigkeitsverteilung soll nach stRsp die Delegierung an ein anderes Gericht die Ausnahme bilden. Die Zuständigkeitsordnung soll nicht in einer unvertretbaren Weise gelockert werden (vgl RIS-Justiz RS0046441 mwN). Gerade im Zusammenhang mit den durch das ASGG zu Gunsten des Arbeitnehmers festgelegten zusätzlichen Gerichtsständen hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgeführt, dass es den Intentionen des Gesetzes widersprechen würde, wenn eine vom Arbeitnehmer an seinem Wohnsitz nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG anhängig gemachte Arbeitsrechtssache über Antrag des Arbeitgebers in dessen ausschließlichem Interesse an dessen Wohnsitz oder Sitz delegiert würde (vgl RIS-Justiz RS0046357 mwN zuletzt 9 Nc 9/03b; ebenso RIS-Justiz RS0085475 mwN, etwa 8 NdA 1/02). Allgemein wird auch darauf abgestellt, ob die andere Partei - so wie hier - dem Delegierungsantrag widerspricht, weil dann die Delegierung abzuweisen ist, wenn die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig für diese spricht (vgl RIS-Justiz RS0046324 mwN zuletzt 9 Nc 10/03z).

Hinsichtlich der Beurteilung der Zweckmäßigkeit wird ua auf dem Wohnort der Parteien und der namhaft gemachten Zeugen abgestellt (vgl RIS-Justiz RS0046540 mwN), aber auch darauf, inwieweit durch den Umstand, dass Ansprüche untereinander in Zusammenhang stehen und durch die Delegierung eine Verminderung der Kosten bewirkt werden kann (vgl RIS-Justiz RS0046528 mwN zuletzt etwa 8 Nc 6/04f zur Frage der Geltendmachung als Haupt- bzw als Gegenforderung).

Betrachtet man die Zielrichtung der Zuständigkeitsverteilung insbesondere im Zusammenhang mit dem Gerichtsstand des § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG so kann die Voraussetzung für eine davon abweichende Delegierung nicht dadurch geschaffen werden, dass eine Gegenforderung nicht nur in diesem Verfahren eingewendet, sondern auch selbständig später eingeklagt wird. Es müssen also sonst die Argumente der Zweckmäßigkeit im obigen Sinne eindeutig für die Delegierung sprechen.

Davon kann aber hier nicht ausgegangen werden, da nicht nur der Kläger, sondern auch verschiedene Zeugen den Wohnsitz nicht in Wien haben.

Insgesamt hat daher das Gericht in zutreffender Weise den Delegierungsantrag abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Die Rekursbeantwortung des Klägers war zurückzuweisen, da es sich im Delegierungsverfahren um kein zweiseitiges Rekursverfahren im Sinne des § 521a ZPO handelt (vgl OGH 12. 6. 2003, 8 ObA 55/03a).

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