OGH 6Ob309/03i

OGH6Ob309/03i8.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Schenk und Dr. Hurch und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** AG, *****, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen 18.751 GBP (27.273,33 EUR), über die ordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. September 2003, GZ 2 R 100/03w-43, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 26. Februar 2003, GZ 24 Cg 119/02m-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Transportversicherer der in London ansässigen G. M***** Limited. Diese verkaufte am 7. 3. 2000 49 Ballen Kammgarn (“wool tops") und beauftragte die Beklagte, den Transport der betreffenden LKW-Ladung im Gesamtgewicht von 19.756 kg vom Erzeuger, der Firma N***** in N***** (Tschechien) zur Firma C***** in C***** (Ukraine) durchzuführen. Das von der Klägerin ausgestellte Versicherungszertifikat datiert vom 7. 3. 2000. Die Beklagte stellte sowohl am 8. 3. 2000 als auch am 20. 3. 2000 eine Auftragsbestätigung aus. Sie beauftragte mit der Durchführung des Transports den Transportunternehmer Josef W*****, der seinerseits den Transportunternehmer Petr M***** beauftragte. Dieser übernahm das Transportgut am 22. 3. 2000. In dem am 22. 3. 2000 in Tschechien ausgestellten CMR-Frachtbrief bestätigte der Fahrer der Firma Petr M***** die ordnungsgemäße Übernahme des Gutes. Am 24. 3. 2000 kam der Fahrer des LKWs, auf dem das Transportgut befördert wurde, noch in Tschechien aus seinem Verschulden von der Fahrbahn ab. Der LKW durchbrach ein Brückengeländer und stürzte einen Abhang hinunter. Durch den Unfall wurde die transportierte Ware beschädigt. Die Streitteile veranlassten eine Besichtigung durch einen Sachverständigen, die ergab, dass die Ware im beschädigten Zustand nicht verkaufsfähig und ein Totalschaden nicht auszuschließen sei. Die Ware wurde geborgen, auf ein Ersatzfahrzeug umgeladen und auf Empfehlung des Sachverständigen nach N***** zurücktransportiert. Im Verlauf der dort durchgeführten Sortierarbeiten wurde festgestellt, dass bei 25 Ballen die Emballagen nicht oder nur gering beschädigt waren. Das Nettogewicht dieser Teilmenge betrug 9.683 kg. 50 % davon konnten wieder aufbereitet werden. Die restlichen Ballen waren durchnässt und verschmutzt und zur Weiterverarbeitung nicht geeignet. Die Aufarbeitung konnte im Werk in N***** nicht durchgeführt werden. Die Ware wurde deshalb zur Aufarbeitung nach Bradford in England transportiert. Die G. M***** Limited trat der Klägerin am 18. 12. 2000 alle Rechte und Ansprüche aus dem vorliegenden Schadensfall ab.

Die Klägerin begehrte (zuletzt) 18.787,72 GBP. Der Wert der Ware zum Zeitpunkt der Verladung habe 99.417,68 USD betragen, das seien (bei einem Dollar-Kurs von 0,63 GBP zum Schadenszeitpunkt) 62.633,13 GBP. Der Wert der wiederaufbereiteten Ware habe 54.705,63 GBP betragen. Hiezu komme der restliche Verkaufswert für sogenanntes “loose sliver" von 1.000 GBP. Daraus errechne sich ein Schaden von 6.927,50 GBP. Der Wiederverkaufswert von 54.705,63 GBP sei ausschließlich auf die im Rahmen der Schadensminderungspflicht erfolgte Aufarbeitung der andernfalls wertlosen Ware zurückzuführen. Im Zusammenhang damit seien von der Beklagten bezahlte Transportkosten von 1.305,46 GBP, Lager- und Handlingkosten bis zur Verarbeitung von 1.050,15 GBP und Aufarbeitungskosten von 9.504,61 GBP, sohin Kosten von insgesamt 11.860,22 GBP entstanden, woraus insgesamt der begehrte Schadensbetrag resultiere. Der Wert der unbeschädigten Ware am Ort und zur Zeit der Beladung habe dem Rechnungsbetrag der von der G. M***** Limited ausgestellten Rechnung entsprochen. Die Beklagte hafte der G. M***** Limited, die ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten habe, nach den Bestimmungen der CMR für den nach Übergabe des Frachtgutes eingetretenen Schaden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt das Klagebegehren dem Grunde und insbesondere auch der Höhe nach. Da die Ware nie in den Gewahrsam der G. M***** Limited gelangt sei, sei diese zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht legitimiert und könne solche Rechte auch nicht abtreten. Für den Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Beladung sei nicht der in der Rechnung der G. M***** Limited aufscheinende Betrag heranzuziehen. Aufarbeitungskosten und damit zusammenhängende Frachtkosten und allfällige sonstige Kosten und Spesen seien nicht zu ersetzen. Bei Berechnung der Wertminderung sei der Warenwert am Übernahmeort nach objektiv-abstrakten Grundsätzen zu ermitteln. Selbst wenn man nicht vom Warenwert am Übergabeort ausgehe, sondern von einem Rechnungsbetrag, sei die Einkaufsrechnung der Firma N***** an die G. M***** Limited als Verrechnungsbasis heranzuziehen und nicht jene der G. M***** Limited, die einerseits auf Basis CIP erstellt sei und überdies auch Gewinne und sonstige Spesen enthalte, die nach den Bestimmungen der CMR nicht zu ersetzen seien. Der Einkaufspreis der Ware habe 1,50 DM pro kg, insgesamt daher 29.355 DM betragen. Der Entschädigungsbetrag dürfe gemäß Art 25 Abs 2 CMR nicht den Betrag übersteigen, der bei Totalverlust der Ware zu ersetzen sei.

Die Klägerin bestritt, dass die Einkaufsrechnung, auf die die Beklagte Bezug nahm, die hier transportierte Ware betraf und brachte noch vor, dass durch einvernehmliche Beauftragung eines Gutachters mit der Schadensermittlung eine Schiedsvereinbarung getroffen worden sei. Dies wurde von der Beklagten bestritten.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 18.751 GBP “zum Kurs der Wiener Börse Devisen Brief am Zahlungstag" und wies das Mehrbegehren von 36,72 GBP ab. Es führte-im Rahmen seiner Feststellungen-zur Schadensberechnung aus wie folgt:

Der ursprüngliche Wert der gesamten transportierten Ware habe zum Zeitpunkt der Verladung 99.359,38 USD betragen. Dies ergebe bei einem Dollarkurs von 0,63 GBP zum Schadenszeitpunkt 62.596,41 GBP. Die nach dem Unfall wertlose Ware habe zu einem relativ großen Teil wieder aufgearbeitet werden können. Nach der Aufarbeitung habe sie einen Wert von 54.705,63 GBP gehabt. Hinzu komme der Verkaufswert von 1000 GBP für die sogenannte “Loose Sliver-Ware", die nicht mehr ihrem Verwendungszweck entsprechend verwertet werden könne und nur für minderwertige Zwecke, etwa für Hinterfüllungen, geeignet sei. Zusätzlich zu dem daraus resultierenden Schaden von 6.890,78 GBP seien Kosten für die Aufarbeitung von insgesamt 11.860,22 GBP entstanden, die sich aus Transportkosten von 1.305,46 GBP, Lager- und Handlingkosten bis zur Verarbeitung von 1.050,15 GBP und eigentlichen Aufarbeitungskosten von 9.504,61 GBP zusammensetzten.

Das Erstgericht ging daher von einem zu ersetzenden Schaden von 18.751 GBP aus. Es bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin, die Haftung der Beklagten für ihre Unterfrachtführer und die Obhutspflichtverletzung des LKW-Fahrers, der den Verkehrsunfall verschuldete. Zur Schadensberechnung führte das Erstgericht aus, dass der gemäß Art 23 Abs 1 CMR maßgebende Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme der Verkaufswert sei, wenn das Gut- wie hier-schon vor der Übernahme durch den Frachtführer weiterverkauft worden sei. Es sei daher von einem ursprünglichen Wert der Ware von 99.359,38 US-Dollar, das seien umgerechnet 62.596,41 GBP, auszugehen. Für den nach Art 25 Abs 1 CMR zu errechnenden Wertminderungsbetrag sei weiters maßgebend, welchen Wert die beschädigte Ware zum Zeitpunkt und am Ort der Übernahme gehabt hätte, wenn damals bereits die Beschädigung vorhanden gewesen wäre. 25 Ballen seien in relativ gutem Zustand gewesen. Das Nettogewicht dieser Teilmenge sei mit 9.683 kg angegeben worden. 50 % davon seien aufzuarbeiten gewesen. Der Wert dieser Teilmenge sei - auch unter Heranziehung des § 273 ZPO - mit 35.730,27 US -Dollar anzusetzen. Die restliche Ware sei stark verschmutzt gewesen und habe einen Wert von 16.849,95 US-Dollar gehabt. Der fiktive Wert der beschädigten Ballen sei daher mit insgesamt 52.580,22 US-Dollar, sohin mit umgerechnet 33.125,50 GBP anzusetzen. Dies ergebe einen Wertminderungsbetrag von 29.470,90 GBP. In die Berechnung dieses Wertes seien die Aufwendungen für solche schadensmindernde Maßnahmen, deren Unterbleiben zu noch größeren Schäden und damit zu einer höheren Wertminderung geführt hätten, einzubeziehen. Solche Aufwendungen könnten bis zur Höhe des ohne ihre Durchführung eingetretenen fiktiv zu berechnenden Wertminderungsbetrages im Rahmen der Bemessung der echten Wertminderung berücksichtigt werden. Die zur Schadensminderung getroffenen Maßnahmen der Klägerin seien zwar nicht nach Art 23 Abs 4 CMR, jedoch im Rahmen der allgemeinen Entschädigungsberechnung nach Art 25 CMR zu berücksichtigen. Deshalb seien die Transport-, Lager-und Aufarbeitungskosten in Höhe von 11.860,22 GBP ebenso ersatzfähig wie der trotz Aufarbeitung an der Ware eingetretene Schaden von 6.890,78 GBP.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der Maßgabe, dass es die Wortfolge des erstgerichtlichen Spruches “zum Kurs der Wiener Börse Devisen Brief am Zahlungstag" durch die Wortfolge “zum Kurs am Zahlungsort Wien" ersetzte. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Gemäß Art 25 CMR habe der Frachtführer bei Beschädigung den Betrag der Wertverminderung zu zahlen, die unter Zugrundelegung des nach Art 23 Abs 1, 2 und 4 festgestellten Wertes des Gutes berechnet werde. Gemäß Art 23 CMR werde die Entschädigung nach dem Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung berechnet. Der Wert des Gutes bestimme sich nach dem Börsenpreis, mangels eines solchen nach dem Marktpreis und mangels beider nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Außerdem seien-ohne weiteren Schadenersatz-Fracht, Zölle und sonstige aus Anlass der Beförderung des Gutes entstandene Kosten zurückzuerstatten. Diese Wertberechnung bringe mit sich, dass Wertsteigerungen während oder aufgrund des Transportes außer Betracht blieben. Sei das Gut schon vor der Übernahme durch den Frachtführer weiterverkauft worden, sei dieser Verkaufswert anzusetzen. Überhaupt könne im Zweifel ein konkret vereinbarter Verkaufspreis mangels eines anderen Sachvortrages der Parteien als Marktpreis angesehen werden. Zutreffend habe das Erstgericht daher für die Wertberechnung die Rechnung der Absenderin beim festgestellten Verkauf der Ware vom 7. 3. 2000 herangezogen. Auf einen Einkaufspreis komme es dem gegenüber nicht an. Die von der Beklagten vorgelegte, den Einkaufspreis aufweisende Rechnung habe den Charakter einer bloßen “Proforma-Rechnung". Bei einem Streckengeschäft sei im Fall des Verkaufs des Gutes vor der Übernahme durch den Frachtführer der Verkaufswert und nicht der Einkaufspreis, auf den die Rechtsrüge abstelle, maßgebend. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Rechtsfrage, ob im Fall eines Streckengeschäfts für die Wertermittlung gemäß Art 25 (Art 23) CMR bei einem Verkauf des Gutes vor der Übernahme durch den Frachtführer dieser Verkaufswert anzusetzen sei, vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei.

Die Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Die von den Vorinstanzen bejahte Aktivlegitimation der Klägerin und die Haftung der Beklagten nach CMR-Grundsätzen für den am transportierten Gut eingetretenen Schaden wird von der Beklagten nicht mehr in Frage gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Vorinstanzen zutreffend dargelegt haben, sind hier die Bestimmungen der Art 23 und 25 CMR für die Ermittlung des von der Beklagten zu ersetzenden Schadens maßgebend. Die gemäß Art 25 Abs 1 CMR bei Beschädigung des Frachtgutes vom Frachtführer zu ersetzende Wertverminderung ist die Differenz zwischen dem Wert im Sinn des Art 23 Abs 2 CMR im unbeschädigten und im beschädigten Zustand. Gemäß Art 23 Abs 1 CMR ist hiebei jeweils der Wert am Ort und zur Zeit der Übernahme maßgeblich. Ungeachtet des abstrakten Wertersatzprinzips sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und dem überwiegenden Schrifttum auch die Kosten der Schadensminderung - als im Rahmen der Wertverminderung zu berücksichtigender Faktor - erstattungsfähig (SZ 58/28; Seltmann, Die CMR in der österreichischen Praxis, 22; Beier, Grundsätze eines europäischen transportmittelübergreifenden Schadensrechts für den Gütertransport, 71 f; Thume in Fremuth/Thume, Transportrecht, Art 25 CMR Rdn 11 mwN; Huther in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB Art 25 CMR RdNr 4 mwN). Insoweit wurde die vom Erstgericht vorgenommene Schadensberechnung von den Parteien im Rechtsmittelverfahren auch nicht beanstandet. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Aufwendungen, die der Substanzerhaltung dienen, im (niedrigeren) Wert der Ware im beschädigten Zustand zum Ausdruck kommen und daher ein Indiz für das Maß der Wertminderung im Rahmen der Wertberechnung nach Art 23 und25 CMR sind (Huther aaO) und solche Aufwendungen für schadensmindernde Maßnahmen (nur) bis zur Höhe des ohne ihre Durchführung eingetretenen fiktiv zu berechnenden Wertminderungsbetrages im Rahmen der Bemessung der echten Wertminderung zu berücksichtigen sind (Thume in Thume, CMR-Kommentar Art 25 Rdnr 18). Es hängt daher auch die Frage, ob und inwieweit die von der Klägerin geltend gemachten und vom Erstgericht festgestellten Schadensbehebungskosten ersatzfähig sind, davon ab, welchen Wert die Ware am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung hatte und welchen Wert sie an diesem Ort und zu dieser Zeit gehabt hätte, wäre sie damals bereits beschädigt gewesen.

Die Vorinstanzen gehen bei all diesen Berechnungen - im Wesentlichen dem Prozessstandpunkt der Klägerin folgend - von dem von der G. M***** Limited in ihrer Rechnung vom 7. 3. 2000 eingesetzten Verkaufspreis aus, der offenbar auch als Basis für die Bemessung des fiktiven Werts der beschädigten Ballen herangezogen wurde.

Gemäß Art 25 Abs 1 iVm Art 23 Abs 2 CMR bestimmt sich der Wert des Gutes nach dem Börsenpreis, mangels eines solchen nach dem Marktpreis oder mangels beider nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit. Der zu ersetzende gemeine Wert- bei Fehlen eines Börsen-oder Marktpreises-kann mit dem Verkaufswert für Güter gleicher Art und Beschaffenheit gleichgesetzt werden und wird im Regelfall mit dem in der Lieferrechnung angegebenen Nettopreis des beförderten Gutes übereinstimmen (8 Ob 657/87 = VersR 1989, 980; 6 Ob 510/96). Im Allgemeinen kann unter dem Marktwert auch der Verkaufswert der Güter gleicher Art und Beschaffenheit verstanden werden (7 Ob 565/93 = TranspR 1995, 285), sodass auch bei Gütern, für die ein entsprechender Markt besteht, der in der Lieferrechnung aufscheinende Preis als Anhaltspunkt anzusehen ist. Entscheidend sind weder die Herstellungskosten des Gutes (8 Ob 657/87) noch deren Wiederbeschaffungswert, wenngleich es nicht ausgeschlossen ist, dass er im Einzelfall im Ergebnis mit dem zu ersetzenden Wert übereinstimmt (8 Ob 321/98h). Der vereinbarte Verkaufspreis kann aber nicht generell mit dem Marktwert oder dem gemeinen Wert am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung gleichgesetzt werden. Der Fakturenwert ist lediglich Indiz für den Marktwert oder gemeinen Wert, der bei der Schadensberechnung heranzuziehen ist (Koller, Transportrecht5 Art 23 Rz 5). Ungeeignet ist der Fakturenwert etwa, wenn die Angabe auf der Faktura aus versicherungsrechtlichen Gründen einen fiktiven Gewinn enthält, wenn zwischen der Ausstellung der Rechnung und dem Beginn des Transports Marktpreisschwankungen liegen oder wenn Absender und Empfänger sonst bewusst einen anderen Preis als den Marktpreis vereinbart haben (Basedow in Münchener Kommentar zum HGB Art 23 CMR RdNr 12). Nichts anderes kann gelten, wenn es sich um ein Streckengeschäft handelt, bei dem der Zwischenhändler veranlasst, dass die Ware direkt vom Hersteller an den Endabnehmer geliefert wird und wenn das Gut schon vor der Übernahme durch den Frachtführer weiterverkauft wurde. Überwiegend wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, dass in einem solchen Fall der Verkaufspreis des Zwischenhändlers maßgebend ist (Thume in Thume, CMR-Kommentar Art 23 Rdnr 10; Beier aaO 43). Diese Ausführungen sind jedoch nicht dahin zu verstehen, dass nur der tatsächlich verrechnete Verkaufspreis des Zwischenhändlers in Frage komme und selbst bei substantiierter Bestreitung der Behauptung, dieser Betrag entspreche dem gemäß Art 23 CMR anzusetzenden Wert, keine weiteren Erhebungen zur Wertermittlung anzustellen seien. Es soll vielmehr zum Ausdruck gebracht werden, dass es - auch beim Streckengeschäft - auf die Handelsstufe des Zwischenhändlers im Verhältnis zum Endabnehmer (oder weiteren Abnehmer) ankommt. Dass - zumindest beim Erwerb vom Erzeuger bei den bei der Wertermittlung zu berücksichtigenden Handelsstufen (Beier aaO 40 mwN) der Verkaufspreis (und nicht der Einkaufspreis) des Käufers (Zwischenhändlers) heranzuziehen ist, entspricht auch der Rechtsprechung des OGH, dass unter dem Marktpreis nicht der Wiederbeschaffungspreis zu verstehen ist (8 Ob 321/98h), bei dem der Geschädigte den Nachteil hätte, dass der niedrigere Marktpreis der vor ihm liegenden Handelsstufe maßgeblich wäre und der im Marktpreis enthaltene durchschnittliche Gewinn seiner Handelsstufe unberücksichtigt bliebe (vgl Beier aaO 41). Gemäß Art 25 Abs 1 iVm Art 23 Abs 4 CMR sind zwar grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis nutzlos gewordenen Aufwendungen des Absenders, die aus Anlass der Beförderung gemacht wurden, wie Transportentgelte und Zölle, vom Frachtführer zu erstatten (Helm, Frachtrecht II: CMR 2. Aufl. Anh.VI §452 Art 23 Rdn. 18 ff). Der vom Zwischenhändler tatsächlich erzielte Verkaufspreis muss aber keineswegs zwingend mit dem am Ort und zur Zeit der Übernahme bestehenden Marktpreis - auch bei Berücksichtigung derselben Handelsstufe - übereinstimmen.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den von der (hiefür nach herrschender Ansicht beweispflichtigen - vgl Koller aaO Art 23 CMR Rz 7) Klägerin behaupteten, ihrer Verkaufsfaktura entsprechenden Wert des beschädigten Gutes substantiiert bestritten, für ihr Bestreitungsvorbringen eine Zeugin namhaft gemacht und eine Verkaufsrechnung des Herstellers vorgelegt. Diese Beweise wurden zumindest sinngemäß (auch) zum Beweis des objektiven Warenwerts am Übernahmeort bzw. dafür geführt, dass dieser niedriger als der Fakturenpreis der Zwischenhändlerin gewesen sei und nicht (bloß) dafür, wie hoch der Einkaufspreis der Ware für die Zwischenhändlerin gewesen sei. Ungeachtet dessen, dass - wie ausgeführt - bei der Wertermittlung in Berücksichtigung der Handelsstufen nicht auf den Einkaufspreis des Zwischenhändlers, sondern auf dessen Verkaufspreis abzustellen ist, fällt hier doch der hohe Preisunterschied der beiden Rechnungen auf, der nicht allein durch die Gewinnspanne des Zwischenhändlers oder ihm allenfalls entstehende Kosten im Zusammenhang mit der Übermittlung der Ware zu erklären ist. Dennoch hat das Erstgericht ohne weiteres den Fakturenwert des Zwischenhändlers zugrunde gelegt. Es hat trotz des widersprüchlichen Vorbringens der Parteien zum Marktpreis am Ort und zur Zeit der Übernahme des Frachtgutes durch den Frachtführer die (auch) hiezu geführte Zeugin nicht einvernommen. Auch das Berufungsgericht meinte, dass es nicht auf den Einkaufspreis der Zwischenhändlerin, sondern auf deren Verkaufspreis ankomme, und zwar auf jenen, der in der Rechnung der Zwischenhändlerin aufscheine und dass deshalb das bestreitende Vorbringen der Beklagten und deren Mängelrüge unbeachtlich seien. Die “Feststellung" der Vorinstanzen über den ursprünglichen Wert der Ware zum Zeitpunkt der Verladung ist daher nicht das Ergebnis einer Beweisaufnahme und deren Würdigung, sondern das Resultat der rechtlichen Wertung, dass allein der in der Faktura der Zwischenhändlerin aufscheinende Betrag maßgebend sei. Eine Feststellung über den gemäß Art 25 Abs 1 iVm Art 23 Abs 1 und2 CMR heranzuziehenden objektiven Marktpreis ist bisher in Wahrheit unterblieben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen leiden daher auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung an einem im Rahmen der Rechtsrüge der Revision wahrzunehmenden sekundären Fesstellungsmangel, der im fortgesetzten Verfahren zu beheben sein wird.

Der hilfsweise gestellte Revisionsantrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen, ist somit berechtigt.

Der Vorbehalt der Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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