OGH 8Ob37/04f

OGH8Ob37/04f27.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****Handels GmbH, ***** vertreten durch Dr. Bernd Rosskothen, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Hans N*****, vertreten durch Endl, Pressl & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 18.476,38 EUR sA (Revisionsinteresse 16.106,81 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 9. Dezember 2003, GZ 4 R 152/03f-68, mit dem über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 6. Mai 2003, GZ 7 Cg 243/99t-68, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen.

2. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile standen zumindest seit 1995 in Geschäftsbeziehung. Für ein Bauvorhaben des Bauherrn Werner T***** in D***** am A***** benötigte der Beklagte unter anderem Bodenplatten und Trittstufen. Nach einem Anbot der klagenden Partei vom 17. 8. 1998, das sie gemäß ihren umseits abgedruckten Verkaufs- und Lieferbedingungen stellte, entschloss sich der Bauherr des Beklagten schließlich nicht für das dort angebotene Material, sondern für das Material "Rosa-Perlino" in weniger grober Bearbeitung. Nach Zurverfügungstellung mehrerer Muster wählte der Bauherr des Beklagten für die Oberflächenbehandlung "antik-elegant-Wachs" und für die ebenfalls bestellten Trittstufen das Profil "Karnies". Die Auftragserteilung erfolgte mündlich im Büro des Beklagten.

Die Klägerin bestätigte den Auftrag mit Auftragsbestätigung vom 10. 2. 1999 unter Zugrundelegung ihrer Verkaufs- und Lieferbedingungen. Der Beklagte leistete eine Anzahlung von 10.000 DM. Das Gesamtauftragsvolumen betrug 31.201 DM.

Die Materiallieferung erfolgte am 29. 4. 1999 direkt an die Baustelle.

Der Bauherr beanstandete zu große Farbabweichungen (die klagende Partei hatte zugesagt, sich zu bemühen, die Farbgebung möglichst einheitlich zu gestalten) an den Bodenplatten und Risse an der Vorderkante der Treppenauftrittsplatten.

Im Zuge einer Besichtigung auf der Baustelle mit dem Geschäftsführer der klagenden Partei, dem Beklagten und dem Bauherrn wurde vereinbart, dass die klagende Partei die Trittstufen abholen und versuchen werde, die bestehende Profilkante nachzuziehen, wobei darauf geachtet werden sollte, dass die im Material vorhandenen Adern nach Möglichkeit geschlossen blieben. Die Anzahl der Bodenplatten auf der Baustelle sollte wegen der dadurch geschaffenen Möglichkeit der Farbangleichung und Sortierung erhöht werden. Die klagende Partei holte die Trittstufen am 11. 5. 1999 ab. Sie holte ferner 15 bis 17 Stück Treppenstufenplatten und einen Teil der Bodenplatten ab, ließ den übrigen Teil der Treppenstufenplatten mit sichtbaren ausgeschwemmten Lehmadern durch Spachteln und Schleifen nacharbeiten. Die Treppenstufenplatten wurden wieder zur Baustelle gebracht, wo sie vereinbarungsgemäß von einem vom Bauherrn als Gutachter beigezogenen Steinmetzmeister begutachtet wurden. Bei dieser Begutachtung am 21. 5. 1999 wurde festgestellt, dass das Stufenmaterial auf der Oberfläche in einwandfreiem Zustand ist; an der profilierten Vorderkante und an der ca 2 cm sichtbaren Unterkante waren allerdings die Adern und Fehlstellen deutlich sichtbar, weil sie nicht gespachtelt wurden, Spachteln jedoch bei Kalksteinen zulässig ist. Es wurde vereinbart, dass drei vom Bauherrn ausgesuchte Stufen bis ca 28. 5. 1999 von der klagenden Partei nachgearbeitet werden. Bei den Bodenplatten, von denen drei willkürlich zur Begutachtung ausgewählt wurden, wurden zwei als akzeptabel, eine jedoch als bei weitem zu hell eingestuft. Die klagende Partei sagte zu, zusätzlich 50 m² Bodenplatten zu liefern und einen Mitarbeiter abzustellen, der die Platten vor der Verlegung aussortieren sollte. Insgesamt wurde bei dieser Begehung das Material als einwandfrei bis auf die fehlende Spachtelung und beim Boden bis auf die Farbabweichung angesehen. Beide Mängel wurden als problemlos zu beheben beurteilt. Die nachgearbeiteten Trittstufen lieferte die klagende Partei am 2. 6. 1999 an die Baustelle.

Die klagende Partei veranlasste auch eine Nachbearbeitung der übrigen Trittstufen und stellte 50 m² Bodenplatten zuzüglich zu den bereits vorhandenen 100 m² zum Ausgleich allfälliger Farbunterschiede bereit. Sie verständigte den Beklagten mit Schreiben vom 17. 6. 1999 davon, dass die Ware mit Ende der Kalenderwoche 26 versandbereit sei. Mit Schreiben vom 5. 10. 1999 forderte die klagende Partei den Beklagten zur Abholung der Steinteile bzw zum Durchführung der von ihm bereits mehrfach angekündigten Begutachtung bis 31. 10. 1999 auf. Die Bearbeitung der Trittstufen ist ordnungsgemäß ausgeführt, und zwar im Kantenzuschnitt bzw der Kantenbearbeitung. Durch die zusätzliche Bearbeitung mit Säure kommt es vor, dass die Toneinschlüsse aufgehen und dadurch eine Vertiefung in der Oberfläche auftritt. Das ist bei der Bearbeitung antik-elegant nicht zu vermeiden. Die Trittstufen wurden teilweise gekittet. Die vorgenommenen Kittungen entsprechen der Ö-Norm 2213.2.2.2. Bei diesem Material (Rosa-Perlino) gibt es kein sogenanntes Kernmaterial. Das Material wird nach Anfall der Blöcke verarbeitet. Es wird nicht in Schichten abgebaut.

Die Trittstufen weisen eine andere Oberfläche als die Bodenfliesen auf, sodass sie eine glänzende Oberfläche, die Bodenplatte eine matte Oberfläche haben. Bei der Bodenfliesung geht ein Arbeitsgang noch ab. Dieser letzte Schritt betrifft das Patinieren, welches mit Wachs durchgeführt wird, wobei dieser Vorgang auch vor Ort vorgenommen werden kann. Die Risse der Trittstufen an der Vorderkante bzw an den Köpfen sind bearbeitungs- und materialbedingt. Die Trittstufen und Bodenplatten entsprechen den Anforderungen der Bearbeitung von antik-elegant und einem harmonischen Gesamtbild in Farbe und Struktur.

Die Steingrundpatina und das Wachs (Rechnung vom 25. 8. 1998) bestellte die Ehefrau des Beklagten für dessen Betrieb. Laut Punkt 8. der Allgemeinen Verkaufs-, Liefer- und Montagebedingungen der klagenden Partei ist die Zurückbehaltung von Zahlungen oder die Aufrechnung wegen etwaiger vom Lieferer bestrittener Gegenansprüche des Bestellers nicht statthaft. Nach rechtskräftiger Abweisung eines Mehrbegehrens von 2.369,57 EUR sA (Rechnung /X über DM 4.658) durch das Erstgericht ist im Revisionsverfahren das Begehren des Klägers auf Zahlung von 16.106,81 EUR sA zu überprüfen. Dieses setzt sich aus folgenden Positionen zusammen:

- 323 DM - Rechnung /B für Bienenwachssiegel

- 957 DM - /G für eine Ofenverkleidung

- 3.467 DM - /F Ofenverkleidung

- 21.201 DM - /E Restbetrag für die Lieferung der

Bodenplatten und Treppenstufen

- 2.616,12 EUR - Lagerung der Treppenanlage und

Bodenplatte - /A 2

- 4.000 S - aufgrund des Verhaltens der beklagten

notwendig gewordene SV-Begutachtungen.

Der Beklagte wendete zur Rechnung über 323 DM (Bienenwachssiegel und Steingrundpatina) ein, dass er diese Gegenstände nicht bestellt habe, sie seien vielmehr seiner Gattin geschenkt worden.

Die Rechnungen über 3.467 DM und 957 DM erkannte der Beklagte (S 4 und 5 in ON 5) ausdrücklich dem Grunde als auch der Höhe nach an. Er bestritt diese Positionen nur im Hinblick auf die von ihm eingewendete Gegenforderung.

Im Übrigen wendet der Beklagte ein, dass das gelieferte Material erhebliche Mängel aufgewiesen habe, weshalb der Bauherr des Beklagten die Übernahme verweigert habe und vom Vertrag mit dem Beklagten zurückgetreten sei. Der Beklagte habe daraufhin gegenüber der Klägerin aus deren Verschulden den Vertragsrücktritt erklärt. Die Lieferung sei vereinbarungswidrig erfolgt: Die Bodenplatten hätten gravierende und nicht tolerierbare Farbabweichungen aufgewiesen. Die Oberflächenbehandlung habe nicht dem Auftrag entsprochen: Der Beklagte habe vereinbarungswidrig eine Oberflächenbehandlung "antik-natur" anstelle "antik-elegant" geliefert.

Nachbesserungsarbeiten der klagenden Partei an der Oberfläche hätten zu einer geschliffenen, nicht vereinbarten Oberfläche geführt. Die Profilstufenkante "Karnies" sei durch das Abschleifen verloren gegangen. Überdies seien Risse in den Stufenkanten aufgetreten. Die Klägerin habe die neue Lieferung vereinbarungsgemäßer Platten abgelehnt.

Dem Beklagten sei ein die Klageforderung übersteigender Schaden entstanden, der aufrechnungsweise als Gegenforderung in Höhe von 65.694,20 DM eingewendet wurde (Aufschlüsselung dazu S 4 f ON 2 und S 7 ON 5).

Die klagende Partei replizierte, ihre AGB seien anwendbar. Aus diesen AGB ergebe sich (Punkt 8), dass die Zurückbehaltung von Zahlungen oder die Aufrechnung wegen etwaiger vom Lieferer, also der klagenden Partei, bestrittener Gegenansprüche des Bestellers nicht statthaft sei. Das umfasse auch Gewährleistungsansprüche. Dieses vertragliche Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbot sei zulässig vereinbart worden.

Im Übrigen habe die klagende Partei mangelfrei geliefert. Tatsächlich habe der Beklagte seinen Bauherrn falsch beraten: Dieser habe keinen offenen Adern im Marmor gewünscht, die aber für die Oberflächenbearbeitung "antik-elegant" typisch seien. Es sei auch niemals vereinbart worden, dass auf eine möglichst einheitliche Einfärbung unter Verwendung eines einzigen Marmorblockes bzw Kernmaterials zu achten wäre. Sowohl die ursprünglich gelieferten als auch die über Wunsch des Beklagten nachgelieferten Platten, die für die klagende Partei zur Abholung bereit lägen, hielten sich im Rahmen einer zulässigen Farbgebung. Bei Natursteinen komme es immer wieder zu natürlichen Farbabweichungen. Die Bodenplatten und die Trittstufenplatten seien am 6. 10. 1999 nochmals vom gerichtlich beeideten Sachverständigen und Steinmetzmeister M***** begutachtet und in Ordnung befunden worden.

Das Erstgericht stellte fest, dass das Klagebegehren mit einem Betrag von 16.106,81 EUR zu Recht bestehe, die Gegenforderung des Beklagten nicht zu Recht bestehe und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 16.106,81 EUR sA. Ein Mehrbegehren von 2.369,57 EUR (Rechnung über 4658 DM) wies das Erstgericht rechtskräftig ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen und erachtete rechtlich zusammengefasst, dass auf den Kaufvertrag zwischen den Streitteilen UN-Kaufrecht zur Anwendung komme, soferne nicht ohnehin gemäß Punkt 10 b der AGB der klagenden Partei österreichisches Recht anzuwenden sei. Die Rechnungsbeträge in Höhe von 323 DM, 957 DM und

3.467 DM seien nicht strittig. Auch der Restbetrag aus der verfahrensgegenständlichen Lieferverpflichtung in Höhe von 21.201 DM gebühre der klagenden Partei: Die klagende Partei habe die Treppenstufen durch Spachteln und Nachschleifen verbessert und zur besseren Farbangleichung zusätzlich 50 m² Bodenfliesen bereitgestellt. In diesem Umfang befinde sich der Beklagte in Annahmeverzug. Die Aufwendungen der klagenden Partei für die beiden Gutachten in Höhe von je S 2.000 sowie die der klagenden Partei entstandenen Kosten für Lagerplatzmiete in Höhe von 2.626,12 EUR, welche gemäß § 273 ZPO in dieser Höhe bestimmt würden, stünden zu. Die vom Beklagten eingewendeten Gegenforderungen gründeten sich ausschließlich auf behauptete Mängel bei Auftragserfüllung. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes sei von einer ordnungsgemäßen Erfüllung auszugehen. Darüber hinaus sei eine Aufrechnung aufgrund der AGB der klagenden Partei ausgeschlossen.

Über Berufung des Beklagten änderte das Berufungsgericht das Klagebegehren im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung ab. Der Text der Berufungsentscheidung lässt zwar erkennen, dass das Berufungsgericht das erstinstanzliche Verfahren für mangelhaft erachtet. Allerdings erklärte das Berufungsgericht ausdrücklich, auf die umfangreiche Tatsachenrüge des Beklagten, die einerseits eine primäre Mängelrüge, andererseits eine Beweisrüge umfasst, aus rechtlichen Erwägungen nicht einzugehen: Auch auf Basis des festgestellten Sachverhaltes sei das Klagebegehren im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung spruchreif: Es liege ein Kaufvertrag vor, auf den gemäß Punkt 10 der zugrundezulegenden AGB der klagenden Partei österreichisches Recht anzuwenden sei. Selbst wenn man zugunsten der klagenden Partei davon ausgehe, dass nur Standardware geschuldet gewesen wäre, so habe doch das Erstgericht unangefochten festgestellt, dass die Trittstufen eine andere Oberfläche als die Bodenfliesen aufwiesen und dass bei den Bodenfliesen ein Arbeitsgang bei der Bearbeitung noch abgehe. Das habe auch die klagende Partei in ihrer Berufungsbeantwortung als richtig zugestanden. Die klagende Partei habe somit nicht ordnungsgemäß erfüllt. Mängel in der Konstruktion einer Kaufsache, die einer zugesagten oder gewöhnlich vorauszusetzenden Eigenschaft zuwiderliefen, seien als unbehebbar zu qualifizieren. Selbst wenn die Verbesserung der Oberflächenbeschaffenheit durch Nachholung des noch fehlenden Arbeitsganges prinzipiell möglich wäre, habe doch der im Schuldnerverzug befindliche Verkäufer keinen Anspruch darauf, auf der Liegenschaft des Bauherrn, also eines Dritten, einen Arbeitsplatz zur Nachbearbeitung zur Verfügung gestellt zu bekommen. Der Käufer sei nicht verpflichtet, wiederholte Verbesserungsversuche zuzulassen. Unangefochten sei auch die Feststellung des Erstgerichtes geblieben, dass von drei willkürlich ausgewählten Fliesen eine als zu hell beurteilt worden sei. Der Beklagte habe daher den im Fehlen des letzten Arbeitsganges bestehenden Mangel, selbst wenn er aus technischer Sicht behebbar sei, als unbehebbar ansehen und vom Gewährleistungsrecht der Wandlung Gebrauch machen können. Aus Punkt 8 der AGB sei kein Ausschluss der Wandlung abzuleiten. Er umfasse nur ein Aufrechnungsverbot. Eine Kompensation komme jedoch bei Klageabweisung ohnedies nicht zum Tragen.

Die ordentliche Revision erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil zwar überwiegend einzelfallbezogene Umstände für die Klageabweisung ausschlaggebend gewesen seien, aber doch keine unmittelbar anwendbare oberstgerichtliche Judikatur zu einem hinreichend vergleichbaren Sachverhalt aufgefunden worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der klagenden Partei erhobene Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht tatsächlich ein erheblicher Verfahrensverstoß unterlaufen ist, der von der klagenden Partei in der Revision - wenngleich unter dem Titel der Nichtigkeit - inhaltlich auch gerügt wird. Die Revision ist im Sinn des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist hingegen nicht verwirklicht: Der Tatbestand des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO betrifft drei Fälle (mangelhafte Fassung des Urteils, sodass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann; Widersprüchlichkeit des Urteils mit sich selbst; keine Entscheidungsbegründung). Zum hier allein in Frage kommenden Nichtigkeitsgrund der mangelnden Entscheidungsbegründung wird in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass nur der völlige Mangel der Gründe, nicht jedoch eine mangelhafte Begründung den Nichtigkeitsgrund bildet (vgl die Nachweise bei Kodek in Rechberger² § 477 ZPO Rz 11). Davon kann hier noch nicht gesprochen werden, weil das Berufungsgericht zwar tatsächlich die Klageabweisung hinsichtlich der unstrittigen Positionen nicht begründete, aber erkennbar (fälschlich) davon ausging, dass sich das gesamte von der klagenden Partei geltend gemachte Begehren auf den Lieferauftrag über die Marmorfliesen und die Treppenanlage bezog.

Allerdings bildet der Umstand, dass das Berufungsgericht sich über die Außerstreitstellung des Beklagten in Ansehung der Rechnungen/F und G (3467 DM und 957 DM für Ofenverkleidungen) hinwegsetzte, einen erheblichen Verfahrensverstoß. In diesem Umfang hat der Beklagte das Klagebegehren nur unter Hinweis auf die eingewendete (und vom Berufungsgericht nicht behandelte) Gegenforderung bestritten. Das Berufungsgericht lässt auch nicht erkennen, warum es das auf /B (323 DM für gelieferte Steingrundpatina und Bienenwachssiegel) gegründete Begehren abwies, obwohl das Erstgericht - insofern vom Beklagten in der Berufung auch nicht bekämpft - feststellte, dass die Gattin des Beklagten diese Waren für den Betrieb des Beklagten bestellte. Bereits diese dem Berufungsverfahren anhaftende Mangelhaftigkeit des Verfahrens hat jedenfalls zu einer Aufhebung des vom Mangel betroffenen Teiles des Berufungsurteiles (Abweisung der Positionen betreffend die Rechnungen /B, /F und /G) zu führen, weil das Berufungsgericht in Ansehung dieser Positionen - die nur unter Hinweis auf die eingewendete Gegenforderung bestritten wurden - auf die Gegenforderung hätte eingehen müssen.

Die weiteren umfangreichen Revisionsausführungen der klagenden Partei zielen zum größten Teil auf die im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Tatfrage ab und sind insoweit unbeachtlich. Klarzustellen ist allerdings, dass die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes ausgehend von den vom Erstgericht getroffenen - und im Berufungsverfahren vom Beklagten bekämpften - Feststellungen auch in Ansehung der übrigen klagegegenständlichen Positionen nicht zutrifft: Die Geltung der AGB der klagenden Partei ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Daraus folgt zunächst, dass der Auffassung des Berufungsgerichtes zu folgen ist, dass aus Punkt 10 der AGB der klagenden Partei die Anwendbarkeit österreichischen Rechts abzuleiten ist. Ebenfalls zutreffend ist, dass es sich bei dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Liefervertrag um einen Kaufvertrag handelt. Dem Berufungsgericht ist daher auch darin beizupflichten, dass die Beurteilung, ob die gelieferten Waren (Bodenfliesen; Treppenanlage) mangelhaft sind, nach österreichischem Gewährleistungskaufrecht idF vor dem GewRÄG BGBl Nr 48/2001 zu beurteilen ist. Da es sich bei dem Lieferauftrag zwischen den Streitteilen um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt, traf den Beklagten als Kaufmann die Rügepflicht nach § 377 Abs 1 HGB.

Soweit das Berufungsgericht davon auszugehen scheint, dass die der

Kaufsache ursprünglich anhaftenden Mängel ( Trittstufen; zu große

Farbabweichungen bei den Bodenfliesen) den Beklagten zur Wandlung

berechtigten, ist auf die erstgerichtliche Feststellung zu verweisen,

wonach eine Nachbearbeitung der Trittstufen sowie die Nachlieferung

weiterer Bodenfliesen zur Angleichung der Farbunterschiede zwischen

den Streitteilen im Beisein des Bauherrn vereinbart wurde. Ferner

wurde festgestellt, dass die klagende Partei vereinbarungsgemäß die

Nachbearbeitung der Trittstufen veranlasste und 50 m² Bodenplatten

zur Angleichung der Farbunterschiede bereit hielt. Dass die vom

Beklagten nie abgerufenen nachträglich bereitgestellten Bodenplatten

ebenfalls zu große Farbunterschiede aufwiesen, stellte das

Erstgericht ebensowenig fest, wie dass die Nachbearbeitung der

Trittstufen nicht ordnungsgemäß erfolgte. Vielmehr steht lediglich

fest, dass die Trittstufen und Bodenplatten den Anforderungen der

Bearbeitung von antik-elegant und einem harmonischen Gesamtbild in

Farbe und Struktur entsprechen, wobei lediglich ein einziger

Arbeitsgang bei der Bodenfliese (Patinieren mit Wachs), welches auch

vor Ort durchgeführt werden kann, fehlt. Die Risse der Trittstufen an

der Vorderkante bzw an den Köpfen sind bearbeitungs- und

materialbedingt. Auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen kann

der Beklagte wegen der getroffenen Verbesserungsvereinbarung, die die

klagende Partei einhielt bzw deren Nichteinhaltung jedenfalls nicht

feststeht, einen Anspruch auf Wandlung nicht auf die ursprünglich

vorhandenen Mängel stützen. Als einziger vom Erstgericht

festgestellter "Mangel" verbleibt daher das Fehlen eines letzten

Arbeitsganges an den Bodenplatten. Wie sich aus dem Zusammenhalt der

erstgerichtlichen Feststellungen mit der Beweiswürdigung des

Erstgerichtes (S 21 der UA des Erstgerichtes) ergibt, beinhaltet

dieser letzte noch fehlende Arbeitsgang das Wachsen an Ort und

Stelle, was den Unterschied in der Oberfläche (Glänzen der Oberfläche

bei den Trittstufen; matte Oberfläche bei den Bodenplatten)

ausgleichen würde. Gerade darauf, dass das Wachsen der Bodenplatten

noch fehle, hat aber der Beklagte weder seinen Vertragsrücktritt

gegründet noch steht fest, dass dieser Mangel vom Beklagten im Sinne

des § 377 Abs 1 HGB gerügt wurde. Der Beklagte stellte sich vielmehr

während des Verfahrens auf den Standpunkt, dass eine nicht

auftragsgemäße Oberflächenbehandlung ("antik-natur" anstatt

"antik-elegant") geliefert worden sei. Den Feststellungen des

Erstgerichtes lässt sich nicht entnehmen, dass das Unterlassen der

Behandlung der Bodenplatten den behaupteten Mangel begründet. Auf

Basis der erstgerichtlichen Feststellungen ist daher die

Klageabweisung auch in Ansehung der den gegenständlichen Lieferauftrag betreffenden Positionen nicht gerechtfertigt. Das Berufungsgericht wird sich daher mit der Tatsachenrüge des Beklagten in dessen Berufung inhaltlich auseinanderzusetzen haben und bei Behandlung der eingewendeten Gegenforderung das in den AGB der klagenden Partei vereinbarte Kompensationsverbot (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0033884 und RS0016592) zu beachten haben. Wenngleich nach der Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0016592) auch eine Vereinbarung zulässig ist, wonach der Käufer Zahlungen wegen behaupteter Gewährleistungsansprüche nicht zurückhalten darf, gilt das nicht (SZ 55/27; 1 Ob 101/00k), wenn bereits feststeht, dass das Werk (hier: Kaufsache) mangelhaft ist. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Erledigung der Tatsachenrüge durch das Berufungsgericht erforderlich.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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