Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Rechtsmittelwerber hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Ablehnungswerber beantragte am 24. 2. 2004 (neuerlich) die Bewilligung der Verfahrenshilfe unter Beigebung eines Rechtsanwalts als Verfahrenshelfer "zur eventuellen Verbesserung" der beigeschlossenen "Amtshaftungsklage" gegen die Republik Österreich sowie "zur Vertretung im Verfahren". Das Erstgericht wies diesen Antrag und die "Amtshaftungsklage" zurück. Den weiteren Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rekurses gegen den vorangegangenen Beschluss vom 13. 2. 2004 wies es ab. Dagegen erhob der Ablehnungswerber Rekurs; er lehnte im gleichen Schriftsatz die Mitglieder des Rekurssenats wegen der Begründung der in einem anderen Verfahren ergangenen Entscheidung 4 R 183/01m ab. Dort war ausgeführt worden:
"Das einzige zur Sache gehörende Rekursvorbringen ist die bereits bekannte Behauptung des Rekurswerbers, es sei ihm unmöglich, seine berechtigte Kritik an Gerichtsorganen so zu formulieren, dass sie einerseits zum gewünschten Erfolg, andererseits aber nicht zu Ordnungsstrafen führt. Für diesen Zweck ist die Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwaltes aber nicht vorgesehen. § 85 GOG verlangt von jedermann, nicht nur von Akademikern, beleidigende Ausfälle in schriftlichen Eingaben zu unterlassen. Sollte der Rekurswerber, wie er behauptet, dazu nicht in der Lage sein und ihm die Dispositionsfähigkeit fehlen, wäre dem durch Bestellung eines Sachwalters, nicht eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe Rechnung zu tragen."
In dem auf die soeben referierte Entscheidung gestützten Ablehnungsantrag führte der Rechtsmittelwerber u. a. aus:
"Es kann keinesfalls toleriert werden, dass ein Vorsitzender des Rekurssenates am Oberlandesgericht eine ihm nicht genehme Partei mit der Behauptung des Erfordernisses eines Sachwalters zu beleidigen versucht. Wenn ... (der namentlich genannte Vorsitzende) ... und seine Senatsmitglieder in ihrer Emotionalität über Beleidigungen in ihren 'Entscheidungen' nicht hinauskommen, sollte man erwarten, dass sie ihre Befangenheit selbst erkennen. Es wäre an der Zeit, kritisch zu hinterfragen, wer wohl eher einen Sachwalter benötigte."
Mit Beschluss vom 15. 3. 2004 verhängte der für die Entscheidung über den Ablehnungsantrag zuständige Senat des Oberlandesgerichts Linz eine Ordnungsstrafe von 200 EUR über den Rechtsmittelwerber wegen dessen Äußerung: "Wenn ... (der namentlich genannte Vorsitzende) ... und seine Senatsmitglieder in ihrer Emotionalität über Beleidigungen in ihren 'Entscheidungen' nicht hinauskommen, sollte man erwarten, dass sie ihre Befangenheit selbst erkennen. Es wäre an der Zeit, kritisch zu hinterfragen, wer wohl eher einen Sachwalter benötigte." Die Strafverhängung wurde damit begründet, dass die inkriminierte Äußerung "nach objekten Gesichtspunkten eine Verletzung der dem Gericht schuldigen Achtung" sei. Sachliche Entscheidungskritik sei zulässig und bewirke eine sachliche Erörterung vorgetragener Gründe. Ein "beleidigendes und unsachliches Antragsvorbringen" lasse dagegen "nicht immer die Zielsetzung des Antrags erkennen". Das treffe auch auf die Ausführungen des Ablehnungswerbers im Verfahrenshilfeantrag zu, der Anlass für die Rekursentscheidung 4 R 183/01m gewesen sei. Zur Ahndung beleidigender Ausfälle in Schriftsätzen sehe § 86 iVm § 220 Abs 1 ZPO einen Strafrahmen bis 1.450 EUR vor. Eine Strafe von 200 EUR erscheine "der ausfälligen Äußerung angepasst".
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Ablehnungswerbers ist zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Entscheidungsgegenstand bei Verhängung einer Ordnungs- oder Mutwillensstrafe durch ein Gericht zweiter Instanz ist primär nicht eine geldwerte Leistung, sondern die Bestrafung an sich. Sie beinhaltet einen Verweis und bringt eine Missbilligung durch das funktionell als Erstgericht entscheidende Berufungs- oder Rekursgericht zum Ausdruck. Gegen eine solche Entscheidung ist der Rekurs unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands der Rechtssache, in der die Beschlussfassung erfolgte, aber auch unabhängig von der Strafhöhe und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zulässig (1 Ob 291/98w; 1 Ob 181/98v mwN). Nicht von Bedeutung ist ferner, ob der Rechtsschutzantrag, der Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens als Anlass für die Bestrafung ist, an sich der Kognition des Obersten Gerichtshofs unterliegt (Konecny in Fasching/Konecny² II/2 § 86 ZPO Rz 23; vgl auch 1 Ob 291/98w; 1 Ob 181/98v mwN - je zu einer Verletzung der dem Gericht schuldigen Achtung in Rekursen gegen die Abweisung von Verfahrenshilfeanträgen).
2. § 220 ZPO behandelt die Strafen des Zivilverfahrens, besagt aber nicht, in welchen Fällen Ordnungs- oder Mutwillensstrafen verhängt werden dürfen oder zu verhängen sind, sondern verweist dynamisch auf andere Bestimmungen der Zivilprozessordnung. Gemäß § 86 ZPO kann gegen eine Partei, die die dem Gericht schuldige Achtung in einem Schriftsatz durch beleidigende Ausfälle verletzt, eine Ordnungsstrafe verhängt werden. Zweck dieser Norm ist es offenkundig, jede an das Gericht gerichtete Eingabe, deren Inhalt die dem Gericht schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzt, unter Sanktion zu stellen. Sie dient der Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise und soll helfen, das Verfahren zu "'entschärfen'". Durch die erörterte Bestimmung soll keineswegs eine sachlich berechtigte Kritik verhindert, sondern nur jede an das Gericht gerichtete Eingabe, deren Inhalt die dem Gericht schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzt, unter Sanktion gestellt werden. Verletzt selbst eine sachlich berechtigte Kritik oder Äußerung wegen ihrer beleidigenden oder ausfälligen Form die dem Gericht schuldige Achtung, so kann das Gericht eine Ordnungsstrafe verhängen. Eine Verletzung der dem Gericht schuldigen Achtung kann überdies nicht nur dann mit einer Ordnungsstrafe belegt werden, wenn sie in der Absicht begangen wurde, das Gericht zu verunglimpfen, sondern auch dann, wenn sie einem Mangel an Überlegung entsprang. Es kommt nicht auf die Absicht des Verfassers des Schriftsatzes an, sondern auf die Beurteilung der Äußerung nach objektiven Gesichtspunkten (1 Ob 181/98v; 1 Ob 235/97h mwN).
3. Der - durch beleidigendes Vorbringen gegen Gerichtsorgane immer wieder auffällig werdende - Rechtsmittelwerber (siehe etwa 2 Ob 29/02g; 1 Ob 291/98w) stellt gar nicht in Abrede, dass die im angefochtenen Beschluss inkriminierte Äußerung beleidigend ist, er versucht lediglich, sein Verhalten als entschuldbare Reaktion auf die Begründung der Entscheidung 4 R 183/01m des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht hinzustellen. Demnach seien ihm "schuldhafte Beleidigungen des Gerichtes" nicht anzulasten. Dementgegen ist der erkennende Senat überzeugt, dass der Rechtsmittelwerber, ein Akademiker, sich der beleidigenden Bedeutung seiner Äußerung voll bewusst war und ist und gerade diesen Umgangston mit Gerichten für geboten hält. Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der im Schrifttum verfochtenen Ansicht, dem mit einer Ordnungsstrafe Bestraften müsse die maßgebende Beleidigung "zumindest" als "Fahrlässigkeit vorwerfbar sein" (Konecny aaO § 86 ZPO Rz 17). Die offenkundig hartnäckige Unbelehrbarkeit des Rechtsmittelwerbers über die Grenzen sachlicher Kritik an gerichtlichen Entscheidungen war hier zutreffend wiederum mit der Verhängung einer Ordnungsstrafe zu ahnden. Dem angefochtenen Beschluss haftet somit kein Rechtsirrtum an. Gegen die der Höhe nach maßvolle Strafe wird im Rekurs nichts vorgebracht.
4. Im Rechtsmittelverfahren über die Rechtmäßigkeit der Verhängung einer Ordnungsstrafe findet ein Kostenersatz nicht statt. Der Rekurswerber hat daher die Kosten seines Rechtsmittels - ungeachtet der Frage nach dessen Erfolg - selbst zu tragen (Konecny aaO § 86 ZPO Rz 21).
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