OGH 9ObA40/04d

OGH9ObA40/04d5.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Galutschek und Univ. Prof. Mag. Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Peter H*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei, G***** GmbH, *****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Jänner 2004, GZ 10 Ra 152/03a-16, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger war von der Beklagten wegen der Geltendmachung von Provisionsforderungen entlassen worden, hat diese Entlassung aber erfolgreich angefochten. Noch vor Rechtskraft der von ihm erwirkten stattgebenden Entscheidung über die Entlassungsanfechtung forderte er schriftlich eine Nachverrechnung seiner Bezüge, worauf er von der Beklagten am 3. 12. 2001 zum 31. 3. 2002 gekündigt wurde. Es steht fest, dass die Kündigung "durch die Geltendmachung des rückständigen Arbeitsentgelts motiviert" war. Ebenso steht fest, dass die Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Forderungen erst im Februar 2003, also etwa 15 Monate nach Ausspruch der Kündigung, erfüllt hat. Angesichts dieses Sachverhaltes ist der Einwand der Beklagten, der Tatbestand des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG (Motivkündigung) sei nicht verwirklicht, weil sie die Ansprüche des Klägers nicht "in Frage gestellt" habe, nicht verständlich. Die Beklagte, die gar nicht behauptet, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht fällig gewesen wären, hat sie nicht nur nicht erfüllt, sondern ihre Geltendmachung zum Anlass für die Kündigung genommen. An der Verwirklichung des Tatbestands des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG kann daher nicht ernsthaft gezweifelt werden. Dass die Beklagte die Ansprüche nicht ausdrücklich bestritten hat, kann daran nichts ändern (Strasser/Jabornegg, ArbVG³ § 105 Anm 61).

Den weitaus größten Teil ihrer Ausführungen widmet die Revisionswerberin unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten ihrem nunmehrigen Standpunkt, die Kündigungsanfechtung müsse erfolglos bleiben, weil mangels Feststellungen über die Einhaltung des Vorverfahrens gar nicht feststehe, ob die Kündigung überhaupt wirksam geworden sei. Ihre dazu angestellten Ausführungen bauen primär auf der Überlegung auf, dass nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über den Zeitablauf und über den Kausalitätszusammenhang zwischen der Geltendmachung der Forderung durch den Kläger und der Kündigung das (fünf Tage in Anspruch nehmende) betriebliche Vorverfahren nicht hätte eingehalten werden können. Daher sei entweder der Kausalitätszusammenhang nicht gegeben oder die Kündigung - mangels Einhaltung des betrieblichen Vorverfahrens - unwirksam. Eine unwirksame Kündigung könne aber nicht angefochten werden.

Dieser Einwand ist schon von vornherein verfehlt, weil er außer Acht lässt, dass nach § 105 Abs 2 letzter Satz ArbVG der Arbeitgeber die in § 105 Abs 1 ArbVG normierte fünftägige Frist nicht abwarten braucht, wenn der Betriebsrat eine Stellungnahme abgegeben hat. Dass die erstgerichtlichen Feststellungen mit der Einhaltung des betrieblichen Vorverfahrens unvereinbar seien, trifft daher nicht zu. Vor allem aber war die Frage der Wirksamkeit der Kündigung - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte - in erster Instanz überhaupt nicht strittig. Da die Kündigungsanfechtung die Wirksamkeit der Kündigung voraussetzt (RIS-Justiz RS0028417; zuletzt etwa 8 ObA 210/01t), hat der Kläger mit der Erhebung seines Anfechtungsbegehrens die Wirksamkeit der Kündigung unterstellt. Die Beklagte hat die Wirksamkeit der Kündigung auch nicht bestritten (vgl etwa S 9), was auch einleuchtet, weil in einem solchen Einwand bzw in der Behauptung, das betriebliche Vorverfahren sei nicht eingehalten worden, das Eingeständnis der Unwirksamkeit der Kündigung und damit das Eingeständnis des (von ihr bestrittenen) Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses gelegen wäre. Damit war aber die Frage der Einhaltung des betrieblichen Vorverfahrens bzw die damit begründete Frage nach der Wirksamkeit der Kündigung überhaupt nicht Prozessgegenstand, sodass im Unterbleiben entsprechender Feststellungen weder eine Nichtigkeit, noch eine primärer oder sekundärer Verfahrensmangel liegt. Auf die in der Revision bekämpften Überlegungen des Berufungsgerichtes, warum im Übrigen der festgestellte Zeitablauf mit der Einhaltung der fünftägigen Frist des § 105 Abs 1 ArbVG ohnedies vereinbar sei, kommt es daher gar nicht an.

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