OGH 2Ob195/03w

OGH2Ob195/03w29.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 13. September 2002 verstorbenen Marie K*****, zuletzt wohnhaft in *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des erbserklärten Erben Erwin S*****, vertreten durch Dr. Josef Olischar und Mag. Martin Kratky, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 19. Mai 2003, GZ 44 R 342/03z-25, womit infolge Rekurses des erbserklärten Erben der Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 31. März 2003, GZ 2 A 368/02d-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des erbserklärten Erben wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Erwin S***** und Karin Z***** sind die Kinder der Erblasserin Marie K***** und des am 8. 10. 2001 vorverstorbenen Karl K*****. Mit Beschluss vom 18. 11. 2002 wurde im Verlassenschaftsverfahren nach Marie K***** der überschuldete Nachlass der erblasserischen Tochter an Zahlungsstatt überlassen.

Im zuvor geführten Verlassenschaftsverfahren nach Karl K***** war Karin Z***** auf Grund eines Testamentes vom 4. 2. 2002 zur Alleinerbin berufen. Marie K***** als pflichteilsberechtigte Witwe verzichtete am 14. 2. 2002 in diesem Verfahren in Anwesenheit des Gerichtskommissärs und der Testamentserbin ausdrücklich auf die ihr zustehenden Erb- und Pflichtteilsansprüche (2 A 372/01s BG Favoriten, AS 18), worauf der gesamte Nachlass der Testamentserbin mit Beschluss vom 20. 2. 2002 eingeantwortet wurde.

Am 18. 3. 2003 beantragte der erblasserische Sohn Erwin S***** die Durchführung einer Verlassenschaftsabhandlung im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren nach Marie K*****, gab zur Hälfte des Nachlasses die bedingte Erbserklärung ab und beantragte, ihn zur Durchsetzung der Pflichtteilsansprüche der Erblasserin als Noterbin nach dem am 8. 10. 2001 vorverstorbenen Karl K***** gegen die Testamentserbin Karin Z***** zu ermächtigen. Die Erblasserin habe im Abhandlungsverfahren nach ihrem Ehemann Karl K***** auf Erb- und Pflichtteilsansprüche verzichtet, sei aber zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig gewesen. Karin Z***** habe alle Vermögenswerte vor dem Ableben der Marie K***** an sich genommen und auch umfangreiche Vorausempfänger erhalten, weshalb sich unter Hinzurechnung des aktenkundigen Nachlassvermögens und der Vorausempfänge ein Pflichtteilsergänzungsanspruch im Wert von EUR 46.651,73 ergeben hätte.

Das Erstgericht nahm die Bevollmächtigung der Anwälte des Einschreiters zur Kenntnis, nahm seine zur Hälfte des Nachlasses bedingte Erbserklärung zu Gericht an und erkannte sein Erbrecht als ausgewiesen. Es übermittelte den Akt dem Gerichtskommissär zur weiteren Abhandlungspflege, wies aber den Antrag ab, den Einschreiter zur Durchsetzung der Pflichtteilsansprüche der Erblasserin gegen die Testamentserbin Karin Z***** zu ermächtigen.

Die Überprüfung der Geschäftsfähigkeit der Marie K***** übersteige den Zuständigkeitsbereich des Verlassenschaftsgerichtes, weshalb der Sohn auf den Rechtsweg zu verweisen sei. Er wolle erkennbar nur seinen eigenen Pflichtteil geltend machen, was nur im Rechtswege durchführbar sei.

Das vom Einschreiter angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Im Kopf der Entscheidung wird zwar weiters angeführt, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige "nicht" EUR 20.000,-, in der Begründung wird aber nachvollziehbar ausgeführt, der Wert des Entscheidungsgegenstandes betrage mehr als EUR 20.000, was gem § 13 Abs 2 AußStrG auszusprechen gewesen sei. Die Entscheidung des Rekursgerichtes wurde den Vertretern des Einschreiters am 23. 6. 2003 zugestellt.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Einschreiters vom 10. 7. 2003, der am 11. 7. 2003 zur Post gegeben und dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorgelegt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs wurde nach Ablauf der 14-tätigen Rechtsmittelfrist des § 11 Abs 1 AußStrG zur Post gegeben. Er ist daher verspätet.

Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG bleibt es dem Ermessen des Gerichtes überlassen, auf verspätete Rechtsmittel Rücksicht zu nehmen, wenn sich die getroffene Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern lässt. Dies trifft nur dann zu, wenn durch eine Abänderung weder die materiell- noch die verfahrensrechtliche Stellung des Dritten beeinträchtigt wird (4 Ob 15/97b = EFSlg 85.661 = EFSlg 85.675). Als Dritter im Sinne dieses Gesetzes ist jeder vom Rechtsmittelwerber verschiedener Beteiligter anzusehen (RIS-Justiz RS0007126). Karin Z*****, die mittlerweile die bedingte Erbserklärung abgegeben hat (ON 30), ist daher "Dritte" und hat durch die Abweisung des Antrages auf Ermächtigung des Einschreiters zur Durchsetzung des Pflichtteilsanspruches der Erblasserin als Noterbin im Verlassenschaftsverfahren eine verfahrensrechtlich günstigere Stellung erlangt. Die angefochtene Entscheidung lässt sich daher nicht mehr ohne Nachteil für Karin Z***** abändern. Dem Einschreiter bleibt daher die von den Vorinstanzen in Erwägung gezogene Möglichkeit, sein Recht im Prozesswege durchzusetzen.

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